Nun
denn, beschissener hätte dieser Tag eigentlich kaum laufen
können. Nach der vollen Portion Frust und Ärger beim
Erwerb der Lebensmittelbeihilfe verschwand auch noch mein Autoschlüssel,
natürlich just, also ich – eh schon verspätet
– nach Krefeld starten wollte. Wütend und aufgelöst
wurde dann zuhause die Tasche nach halbstündiger Bordsteininspektion
wieder ausgepackt und siehe da... der Autoschlüssel hat sich
nicht in irgendeinen städtischen Gully verabschiedet, sondern
sich mit dem Foto-Equipment in die Tasche gemogelt. Also flux
den Modus wieder auf „vorwärts“ gestellt und
ab die Post, während ich bei halsbrecherischen Geschwindigkeiten
auf der Buckelpiste A42 nett von den Sturmresten Kirstens durchgeschüttelt
wurde. The chaosphere has opened its gates...
Da es sich
am heutigen Tag um den eigentlichen Tourauftakt der HOCICO
- UNTERART Tour handelte, gab es glücklicherweise
die üblichen Verzögerungen, so dass ich – obwohl
monumental verspätet – absolut nix verpasste. Ich hatte
sogar noch ausreichend Zeit meine Kamera warmzurubbeln, die mich
seit Kurzem mit völlig unmotivierten und inspirationslosen
Error 99 Fehlern peinigt.
::
Fotos ::
Derweil blieb
die große Halle der Kufa
Krefeld dezent leer und ließ Schlimmes ahnen. Dem Gesicht
von Organisator Karsten zu urteilen, läuft’s in der
Electro-Szene mit den Konzerten kaum besser als auf dem Metalsektor,
auch nicht bei raren Acts wie HOCICO.
Positive Anekdote am Rande: Die Schar der Metaller bei diesem
Konzert war nicht gerade klein, was mich umso mehr bestärkt,
beim NH Metal stärker mit dem Industrial/EBM Sektor zu kombinieren
;)
Confusion
And Technological Distortion Of The New Millennium
Halb neun
startete dann endlich das Hamburger Trio ::
UNTERART
:: welches auf dieser Tour zum Duo geschrumpft ist,
da Soundhexer Thomas Stein aus beruflichen Gründen nicht
dabei sein kann. So war es an Grigory Feil und Sänger Chris
Harms (der im Übrigen auch Cello spielt) die große
Bühne mit Leben zu füllen, was nur bedingt gelang und
die Laune des Sängers sichtlich sinken ließ. An der
Musik lag das jedenfalls nicht, denn die ist überraschend
abwechslungsreich und vielfältig. Von, zugegebenermaßen
nicht ganz kitschfreien, Synthie-Pop Smashern wie Now Or Never
oder Pariah bis hin zu ruppigen Industrial Nummern wie
Exit oder den Instrumentalparts der Novalis Trilogie (Ewig)
haben UNTERART alles zu bieten, was das nicht komplett
weichgespülte Electro-Herz begehrt; wobei die Mehrheit der
Songs logischerweise vom Anfang Februar erschienenen Zweitwerk
Memento stammte. Darüber hinaus ist Chris
ein überaus charismatischer Frontmann, der nicht nur gesanglich
ein breites Spektrum abdeckt, sondern auch optisch einiges hermacht,
alle dramatischen Gesten und großen Posen perfekt beherrscht
und die Mädels zu Kommentaren wie „seltsam“,
„schräg“ bis „heiß“ hinreißen
ließ. Ich war jedenfalls positiv überrascht und denke,
das UNTERART nicht umsonst als vielversprechende Newcomer
gehandelt werden.
Setlist: Memento, Calvary Campaign, Pariah, Hirntod,
The Antagonist, Open End, Ewig, Exit, Now Or Never
The
Gods Of Hardfloor Are Back With A Sonic Trip To Hell
Knappe halbe
Stunde Umbauzeit und endlich entern ::
HOCICO
:: unter lauten Beifallsbekundungen die Bühne,
vor der es nun wesentlich voller ist. Das mexikanische Duo betourt
das just veröffentlichte Album Memorias Atrás,
das erste reguläre Album nach dem 2004er Wrack &
Ruin, und lässt dabei – wie üblich –
mal gar nix anbrennen ;) Während Racso Agroyam gezwungenermaßen
eher steril hinter seinen Keys und Synths verbringt, steht Erk
Aicrag keine Sekunde still und holt nicht nur aus sich selbst,
sondern auch aus dem Publikum alles raus was geht. Kollektives
Abzappeln bis zum Umfallen. Perfekt gemacht, um mir allen Frust
von der Seele zu tanzen, während ich mich dabei in fast trance-artige
Zustände fallen lasse. Harte und harsche Industrial Beats
und Stroboskope peitschen auf die Fans ein, erhitzen die Gemüter
und führen nach diversen Flirtereien in der ersten Reihe
zum ersten Beziehungsdrama ;) Weibers...
Fast 2 Stunden lang (mit der Zugabe) gab es das Beste von HOCICO
um die Ohren und auf die Augen (auf der Videoleinwand liefen Sequenzen
der DVD), von den brandneuen Krachern wie A Fatal Desire,
The Shape Of Things To Come oder About A Dead bis
hin zu Klassikern wie Spirits Of Crime, Scars, Ruptura
oder Born To Be (Hated), und ich meine, da wären auch
noch ganz alte Sachen dabei gewesen ;) Das werte Publikum agierte
frenetisch und konnte nicht genug bekommen, was die beiden Jungs
sehr freute und den Abend für alle versöhnlich machte.
Ich war jedenfalls glücklich, dass ich das Konzert nicht
hab sausen lassen. Auch wenn die Nacht kurz und der nächste
Tag nicht wirklich besser war.