Nach
der erfolgreichen und vielbeachteten Winterreise im Jahre 2002
und zwei Alben, von denen besonders das aktuelle (das im November
erschienene Nachtmahr) nach einer entsprechenden
Darbietungsform schrie, lud das vielleicht vielseitigste deutsche
Musik-Duo zu einer erneuten, klassisch orientierten Konzertreise
ein.
Ort des
Geschehens war für uns diesmal das Schloss
Engers in Neuwied (liegt in der Nähe von Koblenz
– auf der anderen Seite des Rheinufers beginnt übrigens
die Eifel, „das Sibirien von Preußen“, wie uns
ein Einheimischer am nächsten Morgen unter Lachern beibrachte),
ein recht malerisches, ehemals kurfürstliches Ausflugsschloss
aus dem 18. Jahrhundert, welches gleichzeitig auch als unser Hotel
für die Nacht fungieren sollte. Wenn die Hotelleitung demnächst
auch das bezahlte Frühstück mit einplant, könnte
man den Laden glatt weiterempfehlen...
Nach einer
recht staugeprägten Anreise verlief der restliche Abend zunächst
ereignislos, wenn man davon absieht, dass ich einen Teil meiner
provisorischen Zahnbrücke wieder mit Zahnpasta an Ort und
Stelle befestigen musste... Solche Sachen passieren einem wirklich
nur, wenn man JANUS die Aufwartung zu machen
gedenkt!
Das Konzert
selber fand im Saal der Diana statt, ein mit reichlich Spiegeln
und üppigen Wandmalereien sowie Fresken versehenes Gesellschaftszimmer,
welches den optimalen Rahmen für den zu erwartenden Konzertabend
bot. Schätzungsweise 150 Mitreisende versammelten sich zusammen
mit uns auf den Stühlen, welche den Saal bis zur imaginären
Bühnengrenze ausfüllten. Fotografieren war generell
nicht erlaubt, um die Konzentration der Musiker nicht zu stören.
Aus diesem Grund können wir euch auch leider keine Bilder
präsentieren. Aber ... der JANUS Hausfotograf
Oliver
Schlemmer hat bei der Probe ein paar Bilder geschossen,
die wir euch nicht vorenthalten wollen ;)
::
Fotos von Oliver Schlemmer
::
Ensemble:
Tobias
Hahn - Konzertflügel, Gesang
RIG
- Gesang
Sonja
Kraushofer - Gesang
Tina
Kögel - Violine
Anna
Sarah Katharina Kranich - Violincello
Frank
Willi Schmidt - Kontrabass
Daniel
Schröder - Klarinette, Bassklarinette
Lothar
Weise - Percussion, Gesang
Relativ pünktlich
ging es dann mit einem rein akustischen Intro los, in dem ich
Motive aus Unter dem Eis erkannt zu haben glaube. Die
musikalische Besetzung hatte sich im Gegensatz zur letzten Winterreise
ein wenig geändert, wobei vor allem der Einsatz einer Bass-Klarinette
mit ihren warmen, dunklen Tönen ein ums andere Mal interessante
Akzente setzten konnte. Direkt anschließend kamen dann auch
Tobi und Rig auf die Bühne und stiegen mit Lolita
atmosphärisch dicht und wuchtig in das Konzert ein. Wie schon
beim letzten Mal nahm mich auch diesmal wieder vor allem die Interpretationsfähigkeit
von Rigs Stimme in ihren Bann, die den ohnehin schon intensiven
Texten noch mehr Leben einhauchte.
Musikalisch war der Anfang ein wenig wackelig (da fehlte schon
mal ein bisschen Text oder es kam ein Einsatz falsch), aber wie
ich später von Tobi erfuhr, hatte es (fast schon traditionsgemäß)
auch diesmal kaum Möglichkeiten zum gemeinsamen Proben gegeben,
so dass sich die gesamte Gruppe quasi erst auf den Konzertabenden
einspielen konnte, was dann im weiteren Verlauf des Abends auch
immer besser gelang.
Nach einigen
weiteren älteren Stücken, von denen mir diesmal das
inzwischen fast schon zum JANUS-Standard mutierte
Kafka besonders gut gefiel, wurden dann im regulären
Set mit Ausnahme von Die Tage werden enger ausschließlich
Stücke vom neuen Album Nachtmahr
gespielt. Direkt zu Ein Hund, der sich hinlegt, wo er will,
betrat nun auch Sonja Kraushofer (L’Ame Immortelle, Persephone)
die Bühne, um Rig gesangstechnisch zu unterstützen.
Sie brachte auch an diesem Abend das Kunststück fertig, neben
dem sehr voluminösen JANUS-Sänger zu
bestehen und dabei sogar noch eigene Akzente zu setzen. Diana
Nagel - die eigentliche JANUS-Sängerin war
an diesem Abend leider verhindert. Und ich muss sagen, trotz Sonjas
ausdrucksstarker Stimme, hab ich Diana insbesondere bei Grabenkrieg
schmerzlich vermisst.
Als besonders intensiv empfand ich in der Folge Anita spielt
Cello (was für ein Text...), Kadaverstern,
Die Ruhe selbst und die Berthold Brecht-Adaption Kinderkreuzzug,
die mich auch auf CD jedes Mal fassungslos zurücklässt.
Wenn der Text nicht so bitter wäre, so wäre es zum Weinen
schön... Aber gerade weil der Text so bitter ist, mussten
sich die Anwesenden reihenweise arg konzentrieren und beherrschen,
um nicht in bloße Tränenflut auszubrechen. In vielen
Gesichtern glitzerten die Augen angefüllt mit Tränen
und starrten die Leute an die Decke. Und der Heulklos sollte noch
bis lange nach dem Konzert im Halse stecken bleiben … (sehr
bedauerlich, das es im Anschluss nichts Entsprechendes zu trinken
gab, um selbigen runterzuspülen …)
Danach gab
es erst mal eine kurze Pause, bevor dann ein erster Zugabenteil
mit einer absolut fulminanten und aufwühlenden Version des
Saitenspiels beendet wurde. Bereits hier wurde die Besetzung
schrittweise reduziert, so dass bei der zweiten Zugabe nur noch
Rig und Tobi musizierten und mit Sag doch was und Neunundachtzig
das Publikum endgültig in tiefempfundene Verzückung
und Aufwühlung versetzt wurde. Dies äußerte sich
dann in frenetischen Befall und Standing Ovations, führte
allerdings leider nicht zu einer weiteren musikalischen Darbietung,
wobei man sich darüber nach über zwei Stunden und 20
Stücken natürlich nicht wirklich beschweren kann, zumal
sich zumindest bei mir auch eine gewisse emotionale Schwere einzustellen
begann; schließlich sind die JANUS-Kompositionen
bekanntermaßen alles andere als leichte Kost.
Ein also auch
im Nachhinein faszinierender und lange in der Seele nachklingender
Abend, der im lockeren Beisammensein des Publikums mit den Musikern
einen gelungenen Ausklang fand. Mit einigen Tagen Distanz betrachtet
muss ich allerdings doch ein wenig „meckern“, denn
einige Sachen habe ich bei dem Konzert doch irgendwie vermisst.
So hieß es im Vorfeld, dass einige Cover-Versionen gespielt
werden sollten, was bei JANUS immer eine interessante
Sache ist. Weiterhin hätte ich gerne mehr alte Stücke
im neuen, klassischen Gewand gesehen, auch wenn ich partout nicht
sagen könnte, welche Stücke man dafür hätte
weglassen sollen. Insofern gibt es letztendlich dann halt doch
nichts auszusetzen. Wer nicht da war, hat auch diesmal wieder
definitiv ein musikalisches Erlebnis der Extraklasse verpasst,
und wir werden bestimmt auch beim nächsten Mal wieder dabei
sein!
Setlist: Intro, Lolita, Verflucht, Kafka,
Du siehst aus wie immer, Paula’s Spiel, Ein Hund, der sich
hinlegt, wo er will, Anita spielt Cello, Was uns zerbricht, Kadaverstern,
Die Ruhe selbst, Kinderkreuzzug // Wolken über Orgonon, Das
Gesicht, Saitenspiel // Sag doch was, Neunundachtzig