50 Jahre JUDAS PRIEST, wer kann da schon Nein sagen, schon gar nicht, wenn dazu die ebenfalls über 40 Jahre aktiven SAXON und die 55 Jahre aktiven URIAH HEEP stossen. Das Ganze in der ehrwürdigen Dortmunder :: Westfalenhalle ::, wo ja schon einige Konzerte Rockgeschichte geschrieben haben.
Egal ob im Zug, U-Bahn, in der Innenstadt oder am Bergmann Kiosk – in der ganzen Stadt sah man Metalfans, Hardrocker, Kuttenträger und jede Menge Priest-Shirts. 15000 sollen es gewesen sein, wobei es wohl nicht ganz ausverkauft war. Zumindest gab es an der Abendkasse noch das eine oder andere Ticket zu erwerben und natürlich bot vor der Halle wieder allerhand zwielichtiges Volk irgendwelche Tickets an.
T-Shirt Preise bei 45 Euro sind natürlich happig, für ein nicht wirklich vollen Becher Bier 6 Euro auch ordentlich, aber gut, das sind wir ja inzwischen von den Großveranstaltungen gewohnt, dennoch etwas schade diese Entwicklung. Kein Wunder, dass vor der Halle der Bootleg-Handel boomt und auch Vorglüh-Bier zu erschwinglichen Preisen angeboten wird.
Über die lästige(n) Band(s) aus dem Baltikum, die um solche Veranstaltungen herum ständig die Leute belästigen, um ihre CDs zu verkaufen, sollte man eigentlich ja nicht schreiben. Aber die Herren werden so schnell aggressiv, wenn man nicht kauft oder interessiert ist, so dass der Polizeieinsatz nach dem Konzert wohl diesen Herrschaften zuzuschreiben ist.
Aber gut, schnell ein Bier in die Rübe und ab gehts.
Schon auf Platte machen die Mannen um das letzte Gründungsmitglied Mick Box und Sänger Bernie Shaw (immerhin schon seit 1986 an Bord) seit Jahren eine überragende, frische und kraftvolle Figur, was vielleicht auch daran liegt, dass das Songwriting inzwischen auf viele Schultern verteilt ist. Aber die Band kann diese Form auch auf der Bühne bieten. Von Alterserscheinungen keine Spur, einen solch kraftvollen Gesang wie der von Bernie Shaw höre ich von den ganzen Jungspunden eher sehr selten und natürlich kann die Band sich auf ihre Gassenhauer verlassen.
Der Sound ist gut, alle Instrumente sind zu hören, als :: URIAH HEEP :: sich mit neuerem Material (Save Me Tonight vom aktuellen Chaos & Colours und Grazed By Heaven vom 2018er Vorgänger Living The Dream) aufwärmen, was mehr als wohlwollend angenommen wird. Rainbow Demon vom Alltime-Favorite Demons & Wizards kommt da allerdings deutlich besser an, aber spätestens als mit Gypsy in die Frühphase abgebogen wird, gibt es hier kein Halten mehr. Easy Livin' hinterher und zum Schluss wird natürlich für Lady In Black die Akustik-Klampfe ausgepackt. Jung und Alt feiern es und das nicht zu knapp.
Bernie Shaw merkt zurecht an, dass 45 Minuten ein wenig kurz sind für 55 Jahre Bandgeschichte. Von daher darf die Band gerne für eine Headlinertour zurückkommen.
Besser kann man so ein Package nicht anheizen, keine Frage.
Band: Bernie Shaw (vox), Mick Box (git), Davey Rimmer (bass), Russell Gilbrook (drums), Phil Lanzon (keys)
Setlist: Save Me Tonight, Grazed By Heaven, Rainbow Demon, Hurricane, Free 'n' Easy, Gypsy, Easy Livin', Lady In Black
:: SAXON :: haben es da von meiner Warte aus etwas schwerer. Dem neuen Material fehlt es am Anfang an Ohrwurmcharakter und irgendwie hetzen die Mannen um Biff Byford etwas zu sehr durch ihre Uptempo-Songs. So dauert es doch an die 20 Minuten, bis es irgendwie so richtig los geht.
Keine Frage, SAXON sind eine tolle Liveband, schlecht hat man die Jungs nie gesehen und natürlich kann ich es verstehen, wenn man auch mal neueres Material in die Setlist aufnehmen will. Wenn man dann endlich ein Sechserpack aus Heavy Metal Thunder, Crusader, Denim And Leather, Wheels Of Steel, Strong Arm Of The Law und Princess Of The Night ohne Pause geboten bekommt, gibt es natürlich keine Beschwerden mehr. Und wie immer wird diese Phase durch das übliche „wollt ihr Crusader oder Strong Arm Of The Law hören -Spiel“ eingeleitet, bei dem man natürlich nicht erkennen kann, welcher Song gerade in der Gunst der Fans ganz oben ist. Die sind halt alle geil und gehören halt alle in ein Liveset.
Biff Byford singt wie eh und je souverän und vor allem Bassist Nibbs Carter sorgt ordentlich für Bühnenaction. Von Alterserscheinungen ist auch hier keine Spur.
Ach ja, Gründungsmitglied und Hauptsongwriter Paul Quinn steht heuer nicht mehr auf der Bühne. Vertreten wird er durch Diamond Heads Brian Tatler der seine Sachen mehr als gut macht.
SAXON in unter einer Stunde ist natürlich ähnlich knapp bemessen wie Uriah Heep, aber gut, wer so ein Package bekommt wird auch damit leben können. Ähnliche große Bands wie Judas Priest haben da schon deutlich unspannendere Bands mitgenommen.
Band: Biff Byford (vox), Brian Tatler (git), Doug Scarratt (git), Tim „Nibbs“ Carter (bass), Nigel Glockler (drums)
Setlist: Hell, Fire And Damnation, Motorcycle Man, Sacrifice, There's Something In Roswell, And The Bands Played On, Madame Guillotine, Heavy Metal Thunder, Crusader, Denim And Leather, Wheels Of Steel, Strong Arm Of The Law, Princess Of The Night
Mit War Pigs vom Band und einem Tourintro ist die Aufwärmphase beendet. :: JUDAS PRIEST :: entern die Bühne und hämmern ein äußerst abwechslungsreiches Programm in ihre Fanschar. Natürlich gibt es auch hier ein paar neue Songs vom sehr starken Invincible Shield Album zu hören, aber ebenso reichlich alte Klassiker, so dass sich niemand beschweren muss.
Der Metalgod ist in super Form. Dass er im letzten Drittel des Sets hier und da mal etwas schwächelt, nimmt ihm hier niemand übel. Besonders Richie Faulkner tut sich als Aktivposten auf der Bühne hervor, während Urgestein Ian Hill sich natürlich keinen Zentimeter bewegt und maximal ein bisschen den Kopf schüttelt, kennt man so ja. Live-Gitarrist Andy Sneap hält sich da eher etwas zurück.
Lightshow, Videowände und natürlich das über der Bühne befindliche Dreizack/Kerzenständer/Kreuz-Logo machen optisch mächtig was her, lenken aber auch nicht vom eigentlichen Geschehen ab.
Wer so viele Hits zu bieten hat, hat seine Stellung im Heavy Metal Zirkus zurecht verdient. You've Got Another Thing Coming, Breaking The Law oder Love Bites kann man schon mal sehr früh im Set verwursten, wenn man weiß, welche Kaliber man da noch so in petto hat. Später werden Turbo Lover, Victim Of Changes sowie das Fleetwood Mac Cover The Green Mahalishi frenetisch abgefeiert und als Scott Travis Doublebass den unkaputtbaren Painkiller einleitet, denkt man schon das Ding ist hier gleich durch.
Aber wir reden hier von JUDAS PRIEST und so gibt es zur Zugabe nach mal eben Electric Eye, Hell Bent For Leather und den Rauschmeißer Living After Midnight.
Respekt! Ich bin echt beeindruckt! Songs aus 50 Jahren Heavy Metal Geschichte zwischen Sad Wings Of Destiny und Invincible Shield. Jede wichtige Phase abgedeckt, nahezu jeden Klassiker gespielt - keine Frage, das Publikum geht zufrieden nach Hause.
Band: Rob Halford (vox), Richie Faulkner (git), Andy Sneap (git), Ian Hill (bass), Scott Travis (drums)
Setlist: War Pigs/ Invincible Shield Tour Anthem (vom Band), Panic Attack, You've got Another Thing Coming, Rapid Fire, Breaking The Law, Lightning Strike, Love Bites, Saints In Hell, Crown Of Horns, Turbo Lover, Invincible Shield, Victim Of Changes, You Don't Have To Be Old To Be Wise, The Green Mahalishi, Painkiller, The Hellion (vom Band) // Electric Eye, Hell Bent For Leather, Living After Midnight |