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2010-04-06 DE – München - Backstage Werk

Holla und ich sind etwas spät dran – es ist bereits kurz nach halb acht, als wir das Backstage Gelände betreten. Und da hat sich schon eine beträchtliche Schlange vor der Halle gebildet – wollen die alle zu KATATONIA? Das kann doch nicht sein! Oder etwa doch? Die Frage lässt sich am besten damit beantworten, dass ich das Backstage Werk so voll noch nicht erlebt habe, als wir denn endlich in der Halle sind. Sämtliche deluxe Plätze sind von der ersten Minute von LONG DISTANCE CALLING bereits besetzt. Selbst der Platz vor dem Merchandise-Stand ist so dermaßen voll, dass man sich locker mit zwei, drei Bier hätte eindecken können, um die Wartezeit zu überbrücken, bis man endlich ein Leiberl des schwedischen Melo-Fünfers oder dem deutschen Support-Act erwerben könnte... Volles Haus – beste Voraussetzungen für einen denkwürdigen Konzertabend also.

Los geht’s mit den Münsteraner Instrumentalisten :: LONG DISTANCE CALLING :: die sich mit ihrem aktuellen Silberling Avoid The Light vor ziemlich genau einem Jahr die Pole Position mit Disbelief bei uns teilten. Das clevere Songwriting geht ja bereits auf Konserve auf. Dem Mischer sei Dank kommt jedes der vier Instrumente und die Ambience-Klänge von Reimut dermaßen fett, dass sich bereits ab dem Opener Black Paper Planes einige moschende Schädel finden und die Band nach jedem weiteren Song frenetisch abgefeiert wird... Und das liegt nicht nur an der erstklassigen Songauswahl, mit der man die Meute heute versorgt. Die engagierte und energische Performance des Quintetts überrascht, genauso wie der äußerst brachiale Gesamtsound, der wesentlich härter und basslastiger aus den Boxen dröhnt als auf CD – die härtere Ausrichtung passt aber verdammt gut zu den Songs der sympathischen Band und rückt die Münsteraner dabei in die Richtung ähnlich progressiver Bands wie Cult Of Luna, Godspeed You! Black Emperor oder mit Abstrichen auch Anathema.
Dass mich Gitarrist Dave an einen jungen Steve Wilson erinnert, liegt gewiss nicht nur an derselben Frisur. Der LONG DISTANCE CALLING Klampfer lockt ähnlich be- und verzaubernde Leads aus seinem Instrument wie der Ausnahmemusiker der englischen Prog Rocker. Die Band scheint heute trotz der langen Tour mit KATATONIA und Swallow The Sun frisch und motiviert wie am ersten Tag, was groovende Songs wie das bereits erwähnte Black Paper Planes oder das fantastisch durchkomponierte I Know You, Stanley Milgram! eindrucksvoll belegen.
Nach einer knappen dreiviertel Stunde hat die Band dann ihr Set runtergerotzt – die Zugaberufe finden bei der Band leider kein Gehör, die Spielzeit ist ausgereizt. Doppelt schade, denn ich denke, dass JEDER Fan der Band gerne The Nearing Grave mit Jonas am Mikro hätte sehen wollen. Möglicherweise wollte Jonas aber seine Stimme am letzten Abend der Tour nicht im Vorfeld strapazieren. Und das ist gut so – denn ich habe Jonas bislang noch nicht so stark auf der Bühne erlebt.
Setlist: Black Paper Planes, Fire In The Mountain, I Know You, Stanley Milgram!, Apparitions, Metulsky Curse Revisited

Was für eine Überleitung... Die Schweden kommen nach einem düsteren Intro verstärkt um Sodomizer (Bloodbath) an der Gitarre und Niklas am Bass auf die Bühne. Die beiden ersetzen die Norrman-Brüder Fred und Mattias, die die Band Ende letzten Jahres verlassen mussten. Wie zu erwarten war, legen :: KATATONIA :: mit dem Opener des neuen Albums Night Is The New Day, Forsaker, los. Jonas braucht einige Momente, bis er warm wird – ab dann ist aber klar, dass dies ein Deluxe-Auftritt werden wird. Denn in so einer starken Form habe ich das Stockholmer Quintett bislang noch nicht erleben dürfen. Hier stimmt einfach alles: der glasklare, aber dennoch ungemein druckvolle Sound bietet Anders und Sodomizer die perfekte Grundlage für ihre verträumten Leads. Zudem ist die Band auf der Bühne wesentlich agiler und bewegungsfreudiger als je zuvor – die beiden Neuzugänge fügen sich problemlos ins Gesamtbild und machen aus der Liveband KATATONIA eine Metalinstitution mit wildem Headbangen und sehr intensivem Stageacting... Beeindruckend.
Mit einer Spieldauer von knapp anderthalb Stunden kann man den Auftritt als Headliner-würdig bezeichnen: 18 Songs (inkl. zweier Zugaben) sind heutzutage (leider) keine Selbstverständlichkeit für einen Headlinerauftritt. Die Songauswahl wurde im Vergleich zu vorherigen Tourneen auch konsequenterweise leicht verändert (bzw. verbessert – zumindest für mich persönlich). Das grandiose Saw You Drown ersetzt Deadhouse, For My Demons ersetzt Right Into The Bliss und für die Überraschung des Abends sorgt das ruhig-verspielte Omerta.
Knapp ein Drittel des regulären Sets füllen die Songs des neuen Albums Night Is The New Day. Egal, ob Liberation, The Longest Year oder das bereits erwähnte Forsaker, live werden einige Schippen draufgelegt und tönen heavier als auf Konserve. Das perfekte Konzert vervollständigen neben den ungemein souverän auftretenden Jonas und Daniel auch die beiden Axtschwinger und Bassist Niklas – nicht nur, dass ich so gut wie keinen Spielfehler heraushöre, sondern die beiden sorgen abwechselnd für die Backing Vocals, was im Falle von Nyström jetzt nichts besonderes ist. Doch auch er ist heute wirklich fantastisch bei Stimme – die Überraschung in dem Fall ist sicherlich Sodomizer, dem man ob seines Engagements bei den Death-Metal-Erstligisten Bloodbath eine derart geile Singstimme nicht zugetraut hätte. Jetzt fehlt nur noch, dass KATATONIA bestätigen, dass Niklas und Sodomizer fest einsteigen – in der Besetzung sind die Schweden nämlich unschlagbar! Also, Jonas, Anders und Daniel – die Gelegenheit solltet Ihr Euch nicht entgehen lassen!
Ach ja, das Set mit einem kurzen Zitat aus Entombeds Demon zu beenden, das ist schon ganz großes Kino!!
Setlist: Forsaker, Liberation, My Twin, Onward Into Battle, Complicity, The Longest Year, Omerta, Teargas, Saw You Drown, Idle Blood, Ghost Of The Sun, Evidence, July, Criminals, Day And Then The Shade, For My Demons // Dispossession, Leaders

 

story © Haris