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2007-03-20 DE – Essen - Turock

Am Dienstag den 20. März machte im Essener Club Turock ein im Vorhinein sehr viel versprechend klingendes Black Metal Package Station. Zu schade, dass sich die Veranstaltung am Ende leider als Skandal-Gig mit weitreichenden Konsequenzen herausstellten sollte. Doch davon später mehr.

Als ich kurz vor acht beim Turock ankam, war der Laden bereits ordentlich gefüllt, im Laufe des gesamte Abends wurden schätzungsweise knapp über 250 zahlende Gäste erreicht. Wie immer hier ging es auch recht pünktlich los, gerade nachdem ich mir das erste Bierchen besorgen konnte.

:: KOLDBRANN :: gehören spätestens seit ihrem wirklich überzeugenden Zweitwerk Moribund zu meinem Lieblingsbands aus dem Black Metal Lager. Da es noch nicht mal lange her ist, dass ich die Norweger eben hier (siehe Bericht von Dajana und mir) sehen konnte, war ich gespannt inwieweit sie ihre damals schon anständige Live-Performance steigern konnten.
Nun, einen deutlichen Unterschied zu damals konnte man jedenfalls sofort bemerken, dieser war allerdings optischer Natur: bis auf Drummer Fordervelse sahen die Jungs, zumindest verglichen mit sonstigen eigenen Shows, schon fast normal aus *g*
Zu Beginn hatten KOLDBRANN sowohl mit dem etwas schwammigen Sound als auch mit dem noch ziemlich lethargischen Publikum zu kämpfen. Nachdem sich da während der ersten beiden Tracks vom aktuellen Album nicht viel tat, geriet die Menge erstmal bei Kaosmanifest richtig in Bewegung und die ersten begannen mit hingebungsvollem Headbanging. Offenbar mochten die Fans vor de Bühne allesamt die älteren Stücke mehr als die reiferen, neuen; jedenfalls war bei den Songs von ersten Full-Length-Album Nekrotisk Invision immer deutlich mehr Action zu beobachten. Für meinen Geschmack zu früh, war dann nach der geilen Zugabe Inkvisitor Renegat Feierabend.
Aber wenigsten diese Band kann ich ja in ein paar Tagen beim Tomahawk wieder sehen.
Setlist: Alt Er Befengt, Steinet Til Jorden, Kaosmanifest, Frau Allvars Veg, Pogrom Perfident, Djevelens Treskeverk // Inkvisitor Renegat

:: URGEHAL :: waren anscheinend für die meisten anwesenden Schwarzkittel der Hauptgrund ihrer Anreise. Bei ihnen war von Beginn an mehr los im Moshpit, als es bei Koldbrann (die das auch durchaus verdient gehabt hätten) während des ganzen Gigs der Fall war.
Der links auf der Bühne agierende Gitarrist war dabei ohne Zweifel das optische Highlight des Abends: angetan mit weißem Corpsepaint, trug er darüber eine grob geflochtene Gesichtsmaske aus nieten- und stachelbewehrten Lederstreifen. Damit sah er ein wenig aus wie eine zu böse geratene Alptraumversion von Pinhead *g*, und ließ seine Bandkollegen ein wenig blass aussehen. URGEHAL hämmerten sich brutal durch fast alle ihrer Veröffentlichungen, aber aufgrund der Tatsache, dass sie an sich nie das kleinste bisschen an ihrem Stil verändert haben, klang das ganze jederzeit wie aus einem Guss. Das macht es auch schwer, einige Songs als Highlights hervorzuheben. Wenn ich müsste, würde ich sagen es seien Antireligious und Satanic Black Metal From Hell gewesen, vermutlich weil ich die vorher schon noch vom aktuellen Album Goatcraft Torment im Kopf hatte.
Alles in allem ein geiler Auftritt, der auch vom Publikum mächtig abgefeiert wurde. Genau so muss ein Gemisch aus hauptsächlich rohem schnellen Black Metal gewürzt mit kleinen Thrash und Black’n’Roll Einlagen klingen!
URGEHAL sollten an sich auch mit den beiden anderen Bands des Abend auf dem Tomahawk auftreten, sagten diesen Auftritt aber selber ab. Die Herrschaften haben mir hinterher erzählt, sie hätten schlicht keine Lust gehabt, nachdem sie am Freitag das Ragnarök als Headliner hinter sich hatten, beim Tomahawk als Opener und nur 25 Minuten auf der Bühne zu stehen. Später hätten sie wohl gespielt, aber es ließ sich keine Einigung mit dem Veranstalter Burningstage finden. Schade, aber irgendwo auch nachvollziehbar.
Setlist: DoesSodomizer, Goatcraft Torment, Antireligious, Risus Sardonius, Rise The Symbols Of Satan, Matte Blodet Flamme, Doedsmarsj Til Helvete, Possessed, Satanic Black Metal From Hell, The Eternal Eclipse

Bis dahin war es also ein durchweg gelungener Black Metal Konzertabend, und die meisten erwarteten von der nächsten Band wohl auch eine ebenfalls überzeugende Show. Zwar ist deren Frontmann schon seit geraumer Zeit für seine umstrittenen und berüchtigt provokativen Auftritte bekannt, aber was folgen sollte, damit hatte wohl niemand gerechnet.
Der Auftritt ist im Grunde zweigeteilt zu sehen: Der musikalische Teil war mehr als OK, die Instrumentenfraktion machte ihre Sache ausgezeichnet, und was sein Gekrächz angeht, konnte man, solang er beim Text blieb, auch Hoest keinen Vorwurf machen.
Allerdings war der musikalische Aspekt des Auftritts leider an sich von Beginn an zweitrangig.
Den Grundstein für den Skandalauftritt legte Hoest, der sturzbesoffen auf die Bühne kam, direkt am Anfang, indem er mit einem großen schwarzen auf die Brust gemalten Hakenkreuz erschien. Was er dazu hin und wieder in seiner Landessprache durch die Gegend fluchte, konnte ich nicht verstehen, aber es würde mich nicht wundern, wenn es zu seiner Bemalung gepasst hätte. Dieser Geschmacklosigkeit nicht genug, fühlte er’s sich auch noch bemüßigt, Bierflaschen nach dem Publikum, oder wenn man Glück hatte nur an die Bühnenwand zu werfen und die vor ihm stehenden Leute anzurotzen.
Das Publikum dankte es ihm, indem die Stimmung ratzfatz abkühlte, Teile der Zuschauer der Band den Rücken wandten, und eine Zugabe wollte am Ende auch keiner mehr haben. Stattdessen gab es noch eine körperliche Auseinandersetzung zwischen dem Turock Manager und dem Sänger, wobei dieser den Kürzeren zog.
Zwar versuchte sich Hoest zwei Tage später auf seiner Webseite zu entschuldigen, aber wer sich davon freisprechen will als Nazi zu gelten, und dabei noch NS-spezifisches Vokabular in einem Atemzug verwendet, hat wohl auch kräftig einen an der Murmel. Ich kann nicht sagen ob der Kerl nun tatsächlich ein Nazi ist oder aber, wie er selber (und Leute der anderen Bands mir anschließend auch leicht peinlich berührt sagten) auf sehr takt-, geschmack- und geistlose Art provozieren will. Aber das ist mir ehrlich gesagt auch scheißegal, den wer überhaupt solche Symbolik verwendet, wir von mir jedenfalls nicht mehr unterstützt.
Im Zuge der Nachwirkungen dieses Auftritts wurden der Band auch gleich von allen bereits gebuchten deutschen Festivals vom Billing gekegelt. An alle Veranstalter die dies getan haben: Sehr gut!

 

story © Seb