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Watain - Legion Of The Damned

 
2007-03-08 DE – Cologne - Live Music Hall
 

Nachdem ich [Psycho] ja CELTIC FROST beim letztjährigen Rock Hard-Open Air aufgrund der Nierenerkrankung von Tom G. Warrior verpasst hatte, sollte es nun innerhalb einer regulären Tour den nächsten Versuch geben. Eingebettet in die „Newcomer“ LEGION OF THE DAMNED und die Thrash-Urgesteine von KREATOR ergab sich zu zumindest nominell ein interessantes und vielschichtiges Package, zu dem dann kurz vor Schluss noch die schwedischen Black Metaller WATAIN gestoßen sind.
Für weniger Begeisterung meinerseits sorgte allerdings der Ort des Geschehens, sind mir doch bei meinem letzten Besuch der Live Music Hall einige Begleitumstände sehr negativ aufgefallen. Auch diesmal lag der Laden konsequent auf dieser Linie; sprich neben der nicht vorhandenen Lüftung musste man auch auf die überteuerten Getränke wirklich extrem lange warten, weil die Theken chronisch unterbesetzt waren.
Besonders ärgerlich finde ich aber, dass die Beginnzeiten permanent falsch angegeben werden. Einlass 18:30, Beginn 19:30; so hieß es in der Ankündigung. Worauf wir uns aber zum Glück (und trotz Döner-Exkurs) nicht verlassen hatten…

[Psycho] … denn :: WATAIN :: standen bei unserem Eintreffen um 18:40 bereits auf der Bühne, vor der sich ein zu der Zeit natürlich noch ein eher spärliches Publikum versammelt hatte. Gehört hatte ich von den Jungs bis dato noch nichts, aber in diversen Reviews wurde die Band immer als etwas rohere Version von Dissection dargestellt. Davon war aber meines Erachtens live nichts festzustellen, denn das Trio plus zweier Gastmusiker bot in meinen Augen einfach nur primitiven und schnellen Black Metal. Und das weder besonders originell noch besonders gut, zumal die Band insgesamt nicht gerade einen besonders eingespielten Eindruck vermittelte und auch musikalisch nicht zum Rest des Line-Up passen wollte.
Immerhin herrschten, was Licht und Sound anging, relativ faire Bedingungen, trotzdem beendeten WATAIN nach ca. 45 Minuten mit Devils Blood einen bestenfalls durchwachsenen Auftritt.
[Bert] Muss mal kurz widersprechen, so stumpf und primitiv fand ich die nicht, da war schon einiges an Willen zu Abwechslungsreichtum, Breaks und Vielseitigkeit zu spüren... , aber auch nur der Willen. Dazu waren die Kollegen dummerweise so dermaßen schlecht aufeinander eingespielt, dass das Ganze ein eher schlechter Auftritt war. Black Metal zum Abgewöhnen, viel Posing und Theatralik, dafür aber wenig aufregende bzw. gute Songs. Ne, so nicht.

[Psycho] Zum regulären Konzertbeginn gaben sich dann die niederländischen Thrasher von :: LEGION OF THE DAMNED :: die Ehre. Die Band wird ja derzeit mächtig gehypt, machte aber live sofort klar, dass man sich auf diesen Lorbeeren keinesfalls ausruhen will. Technisch abgebrüht, mit aggressivem Stageacting und einem guten Sound versehen hatten die Vier ihre „Legionen“ schnellstens im Griff. Was allerdings bei Live-Krachern wie Sons Of The Jackal, Sepulchral Ghoul, Into The Eyes Of The Storm, Infernal Wrath und dem, wenn ich mich recht entsinne, abschließenden Legion Of The Damned auch kein Wunder ist…
Objektiv betrachtet fallen dem Hörer natürlich massive Parallelen zu den ersten Platten von Slayer oder Demolition Hammers Epidemic Of Violence ein, aber LEGION OF THE DAMNED machen ihre Sache einfach zu gut, als das es sich hierbei um einen ernsthaften Kritikpunkt handeln könnte. Folglich hinterließ die Band nach ebenfalls ca. 45 Minuten Spielzeit ein hochzufriedenes Publikum! Und sie waren die einzige Combo des Abends, bei der der Gesang zu überzeugen vermochte…
[Bert] Im Stadion hätten sie jetzt gesungen "Ihr habt die Haare schön...". Nee, Scherz beiseite, Supersound, ordentliches Geholze, Demolition Hammer meets Slayer, technisch absolut super, aber nach sechs Songs war das Pulver auch schon verschossen, was meiner Meinung nach an zuviel Melodieverweigerung und langweiligem (weil eintönigem) Gesang lag. Ansonsten waren LEGION OF THE DAMNED eine überzeugende Liveband, deren Erfahrung in jedem Moment spürbar war. Musikalisch, wie gesagt, da hätte ein 20 Minuten Auftritt gereicht. Datt wäre kompakter gewesen.

[Psycho] Nach einer relativ langen Umbaupause, bei der die Hälfte der Zeit anscheinend nur dazu benötigt wurde, die extra ausgearbeitete Pausenmusik (erinnerte stark an den Crying Freeman OST) abzuspielen, erklang dann endlich mit Totengott das eigentliche Intro zu :: CELTIC FROST :: . Dieses ging dann auch fast nahtlos in den ersten Song über, nämlich Procreation Of The Wicked in einer sehr doomigen Version. Schon damit war klar, dass sich die Band hauptsächlich auf ihre Wurzeln besinnen und nur wenig neue Stücke präsentieren würde, was sich dann auch im weiteren Verlauf bestätigen sollte.
Tourgitarrist V Santura (sonst Dark Fortress) schien am Anfang selber nicht so recht zu glauben, dass er mit einer Legende auf der Bühne steht, fügte sich dann allerdings schnell in das Geschehen ein und bot einen souveränen Auftritt. Gleiches lässt sich auch von Schlagzeuger Franco Sesa und Martin Eric Ain sagen. Letzterer bangte die meiste Zeit wie ein Tier, zeigte zwischen den Stücken jedoch, dass er seine Soutane nicht nur aus optischen Gründen angezogen hatte, denn er trug auch die eine oder andere „Predigt“ vor. Teilweise ziemlich strange, aber es passte irgendwie gut ins sehr finstere Gesamtkonzept. Ansonsten ließen CELTIC FROST hauptsächlich die Musik für sich sprechen, wobei ich allerdings sagen muss, dass mir Toms Gesang manchmal ganz schön auf die Nerven ging, da er nicht einmal annähernd seine Studio-Leistung reproduzieren konnte.
Am Anfang wirkte das Ganze auch noch etwas wackelig und teilweise schräg, aber spätestens mit dem Tripel Circle Of The Tyrants, The Usurper und Ain Elohim war die erste Unsicherheit überwunden, was sich dann auf das Publikum übertrug, welches zu dem rohen, atavistischen Geschehen wild bangte und zwischendurch immer wieder den Bandnamen skandierte. Ein Beleg dafür, dass CELTIC FROST sich trotz der diversen Probleme als wahre Ausstrahlungsmonster entpuppten, die es perfekt schafften, mit einfachen Mitteln (keine Samples, brutaler Sound) eine nihilistische Atmosphäre zu erzeugen, auch wenn ich mir das eine oder andere Mal ein nostalgisches Grinsen nicht verkneifen konnte.
Weitere Höhepunkte waren dann Dawn Of Megiddo, Ground und das frenetisch abgefeierte Into The Crypt Of Rays, bevor der Auftritt mit Synagoga Satanae einen würdigen Abschluss fand, der einem durchaus die eine oder andere Gänsehaut bescheren konnte. Bis auf den Gesang also ein absolut gelungener Gig, auch wenn ich persönlich einige Tracks von Into The Pandemonium und der Vanity/Nemesis-Scheibe vermisst habe.
[Bert] Bei mir haben CELTIC FROST auf jeden Fall ein gehöriges historisches Plus, so dass ich eine schwache Gesangsleistung, etwas pathetisches Gepose, klischeehafte Ansagen (also, Her Ain, datt war es nicht, ne...) schon verschmerzen konnte, ich hätte gerne noch ein oder zwei Into The Pandemonium Songs oder auch neue Songs gehört, Songs von der Vanity/Nemesis werden wir wohl nie wieder live erleben, das passt einfach nicht in diese neue Dekade des Nihilismus und der Destruktivität, deren Tore CELTIC FROST aufgestoßen haben. Ausstrahlung haben sie auf jeden Fall, und das nicht zu knapp. Ich würde CELTIC FROST gerne mal in einem weniger Metal betonten Billing sehen, gerade mit der neuen Platte würden sie ideal zu Bohren & Club of Gore, Sunn°))), Khanate oder ähnlichen Soundscape Terroristen passen.
Setlist: Totengott (Intro), Procreation Of The Wicked, Visions Of Mortality, Circle Of The Tyrants, The Usurper, Ain Elohim, Necromantical Screams, Dawn Of Megiddo, Ground, Dethroned Emperor, Morbid Tales, Into The Crypt Of Rays, Synagoga Satanae, Winter: Requiem (Outro)

[Psycho] :: KREATOR :: habe ich vermutlich das letzte Mal Ende der 80er/Anfang der 90er live gesehen. Richtig erinnern kann ich mich daran jedenfalls nicht mehr. Insofern war ich sehr gespannt, wie die Band sich so schlagen würde.
In der Umbaupause zeigte sich aber anhand der lauten “Kreator, Kreator”-Rufe schnell, wegen welcher Band die Mehrzahl der Zuschauer erschienen war. Folglich wurde der deutschen Thrash-Ikone um Sänger/Gitarrist Mille und Drummer Ventor ordentlich Beifall gezollt, als sie (nach dem wenig originellen Intro) mit Violent Revolution vom vorletzten Album endlich loslegten. Spieltechnisch gab es dabei absolut nichts zu meckern, aber ich persönlich war über den Gesang mehr als erstaunt, den Mille kreischte in einer mir bis dato ungehörten, sehr hohen Tonlage, an die ich mich den ganzen Auftritt über nicht gewöhnen wollte. Ebenfalls erstaunt war ich allerdings über die erstklassige Spieltechnik von Gitarrist Sami Yli-Sirniö, der Mann hat den Bogen trotz einer gewissen Hüftsteifheit echt raus!
Jedenfalls versprach Mille den begeisterten Fans 80 Minuten Best Of-Programm und im späteren Verlauf zusätzlich die echte Ruhrpott-Kelle, was man im Prinzip auch so stehen lassen kann. Das neue Video-Konzept kann man allerdings auch so beschreiben, dass die Band hauptsächlich die Tracks spielte, zu denen mal irgendwann Clips gedreht worden sind, so dass diese auf einer extra herunterzufahrenden Leinwand als visuelle Untermalung dienen konnten.
Thrash-Klassiker wie People Of The Lie, Extreme Aggressions oder Betrayer hatten dies aber eigentlich gar nicht nötig, zumal sich Mille vom Publikumszuspruch und dem reibungslosen Ablauf sehr angetan zeigte und so die Leute zu immer weiteren Höchstleistungen antrieb. Zwischendurch wurden die Anwesenden dann noch auf eine Null-Toleranz-Haltung gegenüber dem braunen Pack eingeschworen; recht so, das kann man gar nicht oft genug betonen, auch wenn ich den darauf folgenden Track nicht erkannt habe. War vermutlich eine Cover-Version, die extrem punklastig und in einem Mordstempo runtergezockt wurde. Sehr cool auch das Medley aus dem Beginn von Awakening Of The Gods sowie den direkt ineinander übergehenden Behind The Mirror und Renewal.
Ansonsten gab es in der Tat einen relativ repräsentativen Querschnitt durch das gesamte Schaffen der Band, auch wenn die Alben Cause For Conflict und Endorama (fast schon erwartungsgemäß) nicht berücksichtigt wurden. Erwähnenswert sind sicherlich noch die Tracks Phobia und Voices Of The Dead, die ich nicht unbedingt erwartet hatte, dann jedoch perfekt umgesetzt wurden. Kein Wunder also, dass sich die Zuschauer noch eine dreiteilige Zugabe erschrieen, wo sich endgültig zeigte, dass Flag Of Hate nach wie vor die KREATOR-Bandhymne schlechthin darstellt. Was dann auch mit einer fulminanten Version honoriert wurde…
[Bert] Ich war ja nie so der KREATOR Fan und würde auch die Renewal als meine Favorit-KREATOR LP bezeichnen, dennoch war ich sehr positiv überrascht, wie viele Songs ich kannte, die auch einfach geil runter gebraten wurden. Wenn, dann wäre diese Setlist ideal für ein Live-Album oder ein Best-Of Platte, die auch ich mir dann in den Schrank stellen würde.
Das bei KREATOR jetzt Costa Cordalis (Mann, Mille, watt ist denn mit Dir passiert) mit dem Stimmvolumen von Brian Johnson (AC/DC) singt, fand ich etwas befremdlich, bzw. belustigend... hihi... (jaja, auch Herr Mille hielt sich mit peinlichem Gepose nicht zurück, aber datt gehört ja irgendwie dazu)
Sehr, sehr viel Spaß hatte ich an dem unglaublichen Gitarrenspiel von Sami Yli-Sirniö, der Mann hat eine so wahnsinnig brillante Technik, passte aber irgendwie dadurch, seine unmetallisches Outfit (wie konnte er nur, der Schurke :-)...) und seine Zurückhaltung auch weniger in die Band.
KREATOR sind nun mal Institution und das merkte man von vorne bis hinten: die Fans, der souveräne Auftritt, Bühnengestaltung usw.; so muss gute Metalunterhaltung sein. Fein.
Setlist: Violent Revolution, Pleasure To Kill, Some Pain Will Last, Enemy Of God, People Of The Lie, ?, Suicide Terrorist, Medley: Awakening Of The Gods/Behind The Mirror/Renewal, Extreme Aggressions, Phobia, Betrayer, Voices Of The Dead, Reconquering The Throne // Impossible Brutality, Flag Of Hate, Tormentor

[Psycho] Insgesamt also ein gelungener Tourauftakt ohne nennenswerte Pannen, wenn ich auch persönlich auf WATAIN hätte verzichten können, wenn dafür den anderen Bands noch etwas mehr Spielzeit zugestanden worden wäre. Und ich habe große Zweifel daran, dass alle Sänger das Ende dieser Tour erreichen werden. Mal schauen, das NH wird ja auch vom letzten Gig dieses Packages berichten…

 

story © Psycho & BRT