Nachdem
ich [Psycho] ja CELTIC FROST beim letztjährigen
Rock Hard-Open Air aufgrund der Nierenerkrankung von Tom G. Warrior
verpasst hatte, sollte es nun innerhalb einer regulären Tour
den nächsten Versuch geben. Eingebettet in die „Newcomer“
LEGION OF THE DAMNED und die Thrash-Urgesteine
von KREATOR ergab sich zu zumindest nominell
ein interessantes und vielschichtiges Package, zu dem dann kurz
vor Schluss noch die schwedischen Black Metaller WATAIN
gestoßen sind.
Für weniger Begeisterung meinerseits sorgte allerdings der
Ort des Geschehens, sind mir doch bei meinem letzten Besuch der
Live Music Hall einige Begleitumstände sehr negativ aufgefallen.
Auch diesmal lag der Laden konsequent auf dieser Linie; sprich
neben der nicht vorhandenen Lüftung musste man auch auf die
überteuerten Getränke wirklich extrem lange warten,
weil die Theken chronisch unterbesetzt waren.
Besonders ärgerlich finde ich aber, dass die Beginnzeiten
permanent falsch angegeben werden. Einlass 18:30, Beginn 19:30;
so hieß es in der Ankündigung. Worauf wir uns aber
zum Glück (und trotz Döner-Exkurs) nicht verlassen hatten…
[Psycho] …
denn :: WATAIN
:: standen bei unserem Eintreffen um 18:40 bereits
auf der Bühne, vor der sich ein zu der Zeit natürlich
noch ein eher spärliches Publikum versammelt hatte. Gehört
hatte ich von den Jungs bis dato noch nichts, aber in diversen
Reviews wurde die Band immer als etwas rohere Version von Dissection
dargestellt. Davon war aber meines Erachtens live nichts festzustellen,
denn das Trio plus zweier Gastmusiker bot in meinen Augen einfach
nur primitiven und schnellen Black Metal. Und das weder besonders
originell noch besonders gut, zumal die Band insgesamt nicht gerade
einen besonders eingespielten Eindruck vermittelte und auch musikalisch
nicht zum Rest des Line-Up passen wollte.
Immerhin herrschten, was Licht und Sound anging, relativ faire
Bedingungen, trotzdem beendeten WATAIN nach ca.
45 Minuten mit Devils Blood einen bestenfalls durchwachsenen
Auftritt.
[Bert] Muss mal kurz widersprechen, so stumpf und primitiv fand
ich die nicht, da war schon einiges an Willen zu Abwechslungsreichtum,
Breaks und Vielseitigkeit zu spüren... , aber auch nur der
Willen. Dazu waren die Kollegen dummerweise so dermaßen
schlecht aufeinander eingespielt, dass das Ganze ein eher schlechter
Auftritt war. Black Metal zum Abgewöhnen, viel Posing und
Theatralik, dafür aber wenig aufregende bzw. gute Songs.
Ne, so nicht.
[Psycho] Zum
regulären Konzertbeginn gaben sich dann die niederländischen
Thrasher von :: LEGION
OF THE DAMNED :: die Ehre. Die Band wird ja
derzeit mächtig gehypt, machte aber live sofort klar, dass
man sich auf diesen Lorbeeren keinesfalls ausruhen will. Technisch
abgebrüht, mit aggressivem Stageacting und einem guten Sound
versehen hatten die Vier ihre „Legionen“ schnellstens
im Griff. Was allerdings bei Live-Krachern wie Sons Of The
Jackal, Sepulchral Ghoul, Into The Eyes Of The
Storm, Infernal Wrath und dem, wenn ich mich recht
entsinne, abschließenden Legion Of The Damned auch
kein Wunder ist…
Objektiv betrachtet fallen dem Hörer natürlich massive
Parallelen zu den ersten Platten von Slayer oder Demolition Hammers
Epidemic Of Violence ein, aber LEGION OF THE DAMNED
machen ihre Sache einfach zu gut, als das es sich hierbei um einen
ernsthaften Kritikpunkt handeln könnte. Folglich hinterließ
die Band nach ebenfalls ca. 45 Minuten Spielzeit ein hochzufriedenes
Publikum! Und sie waren die einzige Combo des Abends, bei der
der Gesang zu überzeugen vermochte…
[Bert] Im Stadion hätten sie jetzt gesungen "Ihr habt
die Haare schön...". Nee, Scherz beiseite, Supersound,
ordentliches Geholze, Demolition Hammer meets Slayer, technisch
absolut super, aber nach sechs Songs war das Pulver auch schon
verschossen, was meiner Meinung nach an zuviel Melodieverweigerung
und langweiligem (weil eintönigem) Gesang lag. Ansonsten
waren LEGION OF THE DAMNED eine überzeugende
Liveband, deren Erfahrung in jedem Moment spürbar war. Musikalisch,
wie gesagt, da hätte ein 20 Minuten Auftritt gereicht. Datt
wäre kompakter gewesen.
[Psycho] Nach
einer relativ langen Umbaupause, bei der die Hälfte der Zeit
anscheinend nur dazu benötigt wurde, die extra ausgearbeitete
Pausenmusik (erinnerte stark an den Crying Freeman OST) abzuspielen,
erklang dann endlich mit Totengott das eigentliche Intro zu ::
CELTIC FROST
:: . Dieses ging dann auch fast nahtlos in den
ersten Song über, nämlich Procreation Of The Wicked
in einer sehr doomigen Version. Schon damit war klar, dass sich
die Band hauptsächlich auf ihre Wurzeln besinnen und nur
wenig neue Stücke präsentieren würde, was sich
dann auch im weiteren Verlauf bestätigen sollte.
Tourgitarrist V Santura (sonst Dark Fortress) schien am Anfang
selber nicht so recht zu glauben, dass er mit einer Legende auf
der Bühne steht, fügte sich dann allerdings schnell
in das Geschehen ein und bot einen souveränen Auftritt. Gleiches
lässt sich auch von Schlagzeuger Franco Sesa und Martin Eric
Ain sagen. Letzterer bangte die meiste Zeit wie ein Tier, zeigte
zwischen den Stücken jedoch, dass er seine Soutane nicht
nur aus optischen Gründen angezogen hatte, denn er trug auch
die eine oder andere „Predigt“ vor. Teilweise ziemlich
strange, aber es passte irgendwie gut ins sehr finstere Gesamtkonzept.
Ansonsten ließen CELTIC FROST hauptsächlich
die Musik für sich sprechen, wobei ich allerdings sagen muss,
dass mir Toms Gesang manchmal ganz schön auf die Nerven ging,
da er nicht einmal annähernd seine Studio-Leistung reproduzieren
konnte.
Am Anfang wirkte das Ganze auch noch etwas wackelig und teilweise
schräg, aber spätestens mit dem Tripel Circle Of
The Tyrants, The Usurper und Ain Elohim
war die erste Unsicherheit überwunden, was sich dann auf
das Publikum übertrug, welches zu dem rohen, atavistischen
Geschehen wild bangte und zwischendurch immer wieder den Bandnamen
skandierte. Ein Beleg dafür, dass CELTIC FROST sich
trotz der diversen Probleme als wahre Ausstrahlungsmonster entpuppten,
die es perfekt schafften, mit einfachen Mitteln (keine Samples,
brutaler Sound) eine nihilistische Atmosphäre zu erzeugen,
auch wenn ich mir das eine oder andere Mal ein nostalgisches Grinsen
nicht verkneifen konnte.
Weitere Höhepunkte waren dann Dawn Of Megiddo, Ground
und das frenetisch abgefeierte Into The Crypt Of Rays,
bevor der Auftritt mit Synagoga Satanae einen würdigen
Abschluss fand, der einem durchaus die eine oder andere Gänsehaut
bescheren konnte. Bis auf den Gesang also ein absolut gelungener
Gig, auch wenn ich persönlich einige Tracks von Into
The Pandemonium und der Vanity/Nemesis-Scheibe
vermisst habe.
[Bert] Bei mir haben CELTIC FROST auf jeden Fall
ein gehöriges historisches Plus, so dass ich eine schwache
Gesangsleistung, etwas pathetisches Gepose, klischeehafte Ansagen
(also, Her Ain, datt war es nicht, ne...) schon verschmerzen konnte,
ich hätte gerne noch ein oder zwei Into The Pandemonium
Songs oder auch neue Songs gehört, Songs von der Vanity/Nemesis
werden wir wohl nie wieder live erleben, das passt einfach nicht
in diese neue Dekade des Nihilismus und der Destruktivität,
deren Tore CELTIC FROST aufgestoßen haben.
Ausstrahlung haben sie auf jeden Fall, und das nicht zu knapp.
Ich würde CELTIC FROST gerne mal in einem
weniger Metal betonten Billing sehen, gerade mit der neuen Platte
würden sie ideal zu Bohren & Club of Gore, Sunn°))),
Khanate oder ähnlichen Soundscape Terroristen passen.
Setlist: Totengott (Intro), Procreation Of
The Wicked, Visions Of Mortality, Circle Of The Tyrants, The Usurper,
Ain Elohim, Necromantical Screams, Dawn Of Megiddo, Ground, Dethroned
Emperor, Morbid Tales, Into The Crypt Of Rays, Synagoga Satanae,
Winter: Requiem (Outro)
[Psycho] ::
KREATOR
:: habe ich vermutlich das letzte Mal Ende der
80er/Anfang der 90er live gesehen. Richtig erinnern kann ich mich
daran jedenfalls nicht mehr. Insofern war ich sehr gespannt, wie
die Band sich so schlagen würde.
In der Umbaupause zeigte sich aber anhand der lauten “Kreator,
Kreator”-Rufe schnell, wegen welcher Band die Mehrzahl der
Zuschauer erschienen war. Folglich wurde der deutschen Thrash-Ikone
um Sänger/Gitarrist Mille und Drummer Ventor ordentlich Beifall
gezollt, als sie (nach dem wenig originellen Intro) mit Violent
Revolution vom vorletzten Album endlich loslegten. Spieltechnisch
gab es dabei absolut nichts zu meckern, aber ich persönlich
war über den Gesang mehr als erstaunt, den Mille kreischte
in einer mir bis dato ungehörten, sehr hohen Tonlage, an
die ich mich den ganzen Auftritt über nicht gewöhnen
wollte. Ebenfalls erstaunt war ich allerdings über die erstklassige
Spieltechnik von Gitarrist Sami Yli-Sirniö, der Mann hat
den Bogen trotz einer gewissen Hüftsteifheit echt raus!
Jedenfalls versprach Mille den begeisterten Fans 80 Minuten Best
Of-Programm und im späteren Verlauf zusätzlich die echte
Ruhrpott-Kelle, was man im Prinzip auch so stehen lassen kann.
Das neue Video-Konzept kann man allerdings auch so beschreiben,
dass die Band hauptsächlich die Tracks spielte, zu denen
mal irgendwann Clips gedreht worden sind, so dass diese auf einer
extra herunterzufahrenden Leinwand als visuelle Untermalung dienen
konnten.
Thrash-Klassiker wie People Of The Lie, Extreme Aggressions
oder Betrayer hatten dies aber eigentlich gar nicht
nötig, zumal sich Mille vom Publikumszuspruch und dem reibungslosen
Ablauf sehr angetan zeigte und so die Leute zu immer weiteren
Höchstleistungen antrieb. Zwischendurch wurden die Anwesenden
dann noch auf eine Null-Toleranz-Haltung gegenüber dem braunen
Pack eingeschworen; recht so, das kann man gar nicht oft genug
betonen, auch wenn ich den darauf folgenden Track nicht erkannt
habe. War vermutlich eine Cover-Version, die extrem punklastig
und in einem Mordstempo runtergezockt wurde. Sehr cool auch das
Medley aus dem Beginn von Awakening Of The Gods sowie
den direkt ineinander übergehenden Behind The Mirror
und Renewal.
Ansonsten gab es in der Tat einen relativ repräsentativen
Querschnitt durch das gesamte Schaffen der Band, auch wenn die
Alben Cause For Conflict und Endorama
(fast schon erwartungsgemäß) nicht berücksichtigt
wurden. Erwähnenswert sind sicherlich noch die Tracks Phobia
und Voices Of The Dead, die ich nicht unbedingt erwartet
hatte, dann jedoch perfekt umgesetzt wurden. Kein Wunder also,
dass sich die Zuschauer noch eine dreiteilige Zugabe erschrieen,
wo sich endgültig zeigte, dass Flag Of Hate nach
wie vor die KREATOR-Bandhymne schlechthin darstellt.
Was dann auch mit einer fulminanten Version honoriert wurde…
[Bert] Ich war ja nie so der KREATOR Fan und
würde auch die Renewal als meine
Favorit-KREATOR LP bezeichnen, dennoch war ich
sehr positiv überrascht, wie viele Songs ich kannte, die
auch einfach geil runter gebraten wurden. Wenn, dann wäre
diese Setlist ideal für ein Live-Album oder ein Best-Of Platte,
die auch ich mir dann in den Schrank stellen würde.
Das bei KREATOR jetzt Costa Cordalis (Mann, Mille,
watt ist denn mit Dir passiert) mit dem Stimmvolumen von Brian
Johnson (AC/DC) singt, fand ich etwas befremdlich, bzw. belustigend...
hihi... (jaja, auch Herr Mille hielt sich mit peinlichem Gepose
nicht zurück, aber datt gehört ja irgendwie dazu)
Sehr, sehr viel Spaß hatte ich an dem unglaublichen Gitarrenspiel
von Sami Yli-Sirniö, der Mann hat eine so wahnsinnig brillante
Technik, passte aber irgendwie dadurch, seine unmetallisches Outfit
(wie konnte er nur, der Schurke :-)...) und seine Zurückhaltung
auch weniger in die Band.
KREATOR sind nun mal Institution und das merkte
man von vorne bis hinten: die Fans, der souveräne Auftritt,
Bühnengestaltung usw.; so muss gute Metalunterhaltung sein.
Fein.
Setlist: Violent Revolution, Pleasure To
Kill, Some Pain Will Last, Enemy Of God, People Of The Lie, ?,
Suicide Terrorist, Medley: Awakening Of The Gods/Behind The Mirror/Renewal,
Extreme Aggressions, Phobia, Betrayer, Voices Of The Dead, Reconquering
The Throne // Impossible Brutality, Flag Of Hate, Tormentor
[Psycho] Insgesamt
also ein gelungener Tourauftakt ohne nennenswerte Pannen, wenn
ich auch persönlich auf WATAIN hätte
verzichten können, wenn dafür den anderen Bands noch
etwas mehr Spielzeit zugestanden worden wäre. Und ich habe
große Zweifel daran, dass alle Sänger das Ende dieser
Tour erreichen werden. Mal schauen, das NH wird ja auch vom letzten
Gig dieses Packages berichten…