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2008-09-13 DE – Lünen - Lünsche Mess

Junk Room - Insurgency - Reflection - Killing Chord - Rules Of Engagement - Woof - May The Force Be With You - Infected - Moshcircus

Außergewöhnliche Situationen erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. Rein zufällig stolperte ich dieses Jahr über die LÜNSCHE MESS und deren Alternative Stage. Für Hartgesottene Liebhaber des Undergrounds ist diese Stage schon längst keine Unbekannte mehr. Jahr für Jahr geben sich regionale Bands das Mikro in die Hand und zeigen dem Pott wo der Hammer hängt. Den gabs für mich am 2. Tag des Events in Schädelspaltender Weise. Den ersten Tag mit den Acts ROCKWÄRTS, THREE TOO FAT, EXGORKINOWAK, A GIFT CALLED ANGER, POSITIVE STRIKE, THROUGH THE ASHES, THE VADERS und I SIGHT hab ich verpasst weil ich schlichtweg nicht wusste das die Alternative Stage gerockt wird. So schlimm ist’s im Nachhinein allerdings nicht, hat der Regengott doch an dem Freitag alle seine Schläuche leer gemacht. Schlecht für alle Beteiligten am Freitag – besser für alle anderen und hungrigen am Samstag! Und um den Kreis zu schließen: So außergewöhnlich ist’s ja nicht das ich schreibe. Was sich allerdings an dem Samstag vor, auf und hinter der Bühne abgespielt hat, kratzte hart an der Champions League ;) Aber lest selber!

Noch nicht ganz auf dem Gelände schlugen schon die ersten Hardcore und Thrash Wellen ein, verursacht durch :: KILLING CHORD :: Schnell ein Blick auf Running Order geworfen und festgestellt, dass bereits JUNK ROOM, INSURGENCY und REFLECTION den Tag eröffnet haben. Schade, drei Bands verpasst, aber dafür entschädigten die Jungs aus Lünen und Selm anständig. Die fette Portion Old School im rauen Hardcore/Thrash lässt KILLING CHORD teilweise an diverse Bands erinnern, die ihre Hochzeiten Ende der 80er Anfang der 90er hatten. Ein latenter Einschlag von alten D.R.I. lässt sich ebenfalls ausmachen. Blickfang auf der Bühne ist ganz klar der Fronter Watusiwatumba „the Samoan Spike“ und das nicht nur wegen seiner schwarz angemalten Murmel. Mich erinnert der Experte stark an einen Mix aus Bonz (ex Stuck Mojo) und Mike Muir, rastlos, durchgeknallt und Energie versprühend in jeder Sekunde – auch noch nach Verlust der Muttersprache. Mir haben KILLING CHORD Spaß gemacht, schade nur dass sich zu dem Zeitpunkt nicht die meisten Leute vor der Bühne versammelt haben. Die Combo hatte mehr Aufmerksamkeit verdient!
Setlist: Down The Drain, Never Walk Alone, Little Demon, Thoug Guy, I Defy, Buried Alive, Burning Fight, End Of Days, Conspiracy Of Love, My Diary, Face Of Pain

Eine komplett andere Ladung Core gab es dann von :: RULES OF ENGAGEMENT ::, diese zelebrieren im Gegensatz zur Vorband ihre ganz eigenen Regeln. Losgelöst vom Old School Sound präsentierten die Mannen aus Hamm ihre Interpretation vom Metal/Emo/Screamo-Core. Das Publikum tauschte sich größtenteils aus, Metaller gingen, junge Mädels kamen. Das ist grundsätzlich nicht das Schlechteste, aber in Verbindung mit der Musik doch sehr klischeehaft und denkwürdig. Mit einem solide gespielten Sound konnten mich RULES OF ENGAGEMENT nur bedingt überzeugen. Das Publikum war da stellenweise allerdings anderer Meinung. Das kann aber durchaus am stimmlich starken Sänger Kris McDougall gelegen haben, der sich gekonnt durch die Tonleiter rockte. Dieser hat im Übrigen vor kurzem bei der Paderborner Band Diatribe als neuer Sänger angeheuert. Prädikat: Zielgruppenorientiert, ansprechend. Ich senke dann mal zum Ende des Gigs hin den Alterschnitt und widme mich der einen oder anderen Gerstenkaltschale. RULES OF ENGAGEMENT suchen übrigens einen neuen Drummer – wer sich berufen fühlt, nur zu!

Und dann wurde bis zur Exzesse Roulette gespielt – und das sowohl vor als auch auf der Bühne. :: WOOF :: traten in Lünen ohne ihren Vocalisten in den Ring. Remmert ließ in den Tagen vorher einige Teile seiner Weisheit beim Zahnarzt und wollte es vermeiden diverse Nähte auf der Bühne platzen lassen. Alter, das wäre Hardcore gewesen! Thumb als „neuer“ Brüllwürfel gab allerdings auch eine feine Figur ab! Zu seiner Unterstützung hatte er sich einen Sack voll Gastmusiker an Land gezogen: Ganz im Stil einer großen Familie ging das Mikro durch die Hände von befreundeten Musiker und Bandmates die einige der Vocals übernahmen (Jöran & Alex von Sidetracked, King D & Lars von Kingstreet 57 und Spinne von May The Force Be With You). Seinen Basspart gab er indes ganz ab an Holger von den Thrashern Gods Will Be Done. Mit freien Händen lässt es sich halt besser diven und interessant zu sehen wie schnell sich ein Thrash Metalhead in seiner Hardcore Rolle wohl fühlt und Circle Pits anstachelt. Wer WOOF kennt, weiß das deren Allschool Hardcore immer schön zügig nach vorne marschiert, nicht zuletzt durch das Drumming von Sievers. Wo andere Schlagzeuger ihre Füße für eine gewisse Durchschlagskraft einsetzen müssen ballert Urs Möppler noch mit seinen Händen alles kurz und klein. Kurzum: WOOF’s Hardcore ist für den Pit geboren. Und die Leute vor der Bühne waren dankbar dafür: Als erste Band am Tag schafften es die Paderborner den Pit zum leben und kochen zu bringen. Gelegentlich ähnelte der Platz vor der Bühne mehr einer Kampfsportschule, Circle Pit Fetischisten und Crowdsurfer kamen aber auch voll auf ihre Kosten!
Setlist: Intro, Smalltown Boredom Fighting, Fucked Up Once Fucked Up Twice, Stop Telling Me, Neue Werte, Turning Tide, Contradiction, My Misery, Messed Up, Village Kids, Nice Guy, What For, Friday Night, Surrender, Semi-Automatic

:: MAY THE FORCE BE WITH YOU :: werden es den Paderborner nicht übel genommen haben. MTFBWY hatten leichtes Spiel die noch brennende Luft einzufangen, erneut zu entfachen und das nächste Feuerwerk abzubrennen. Die Crowd bekam von der ersten bis zur letzten Sekunde einen saftigen Metalcore Arschtritt verpasst, der allenfalls durch einen latenten Emo-Einschlag gepudert wurde. Eben noch bei Woof zum Stimmbänder dehnen auf der Bühne, konnte sich Theo in Reihen seiner Band vollends ausleben. Diesen Auftritt braucht man nicht kaputt reden, MTFBWY haben arschtight und souverän aufgespielt. Das belegt nicht zuletzt die Resonanz durch das mittlerweile vollzählig erschienene Publikum. Daumen hoch für den selbsternannten Disco-Metal! Ein Stirnrunzler – oder nennen wir es Optimierungsmöglichkeit – bleibt aber noch: 4-Stringer Malte hat auf so einer Bühne nichts zu suchen. Der Experte hat so viel überschüssige Energie zu entladen, da wäre (fast) jede/r im Backstagebereich froh wenn er Auslauf auf einer großen Stage bekommen würde ;)

Diese zwei Brocken nacheinander wollten erstmal verdaut werden. Während verschiedene Protagonisten versuchten das Mischungsverhältnis ihres Flüssigkeitshaushalts mittels diverser Alkoholika auf einen ausgeglichenen Pegel zu bringen, galt es für mich während :: INFECTED :: ihren Alternative Rock zockten den kulinarischen Genüssen zu huldigen und im reichlich vorhandenen und preislich angenehm positioniertem Merchandise zu wühlen. Das Chili, ohne Nachwürzen nahe an der Schmerzgrenze, ist definitiv ein Muss beim nächsten Mal! Und das macht durstig…

Leicht angeschossen von durchsichtigen Schnappes-Mischungen galt es zum Abschluss den Headliner :: MOSHCIRCUS :: mit Präsenz zu würdigen. Und sie wurden ihrer Headliner-Rolle gerecht. Lange hatten die Fans des harten Metals vor der Bühne ausharren müssen, aber sie kamen voll auf ihre Kosten. MOSHCIRCUS beendeten diese klasse Tag mit modernen Thrash Metal verfeinert um Nuancen aus Metalcore und Death Metal; oder wie es die Dortmunder selber nennen: mit Bloodmetal. Die Fäden sofort in den Händen haltend, merkte man den Jungs an, dass sie nur knapp im 2007er Wacken Metal Battle an einer der Bühnen vorbeigeschrammt sind. Damals noch mit Matze an Bord – der ein oder andere trauert ihm sicherlich hinterher – schaffte es der neue Sänger die Lücke hintern Mikro schließen. Die Professionalität erleidet durch den Line-Up-Wechsel glücklicherweise keinen Schiffbruch. Genauso gekonnt wie MOSHCIRCUS ihre Granaten ins Publikum abfeuerten, genauso dankbar nahm die Menge vor der Bühne die Geschosse auf, davon gleich 6 vom im November erscheinenden Album Pandoras Box. Bis zu dem Zeitpunkt an dem ich mich einer weiteren Aufgaben widmen musste/sollte/durfte – dem kollektiven Ausgleich des Flüssigkeitshaushaltsgleichgewichts - gab es keine musikalischen Aussetzer zu vermelden. Ein würdiger Headliner zockt eben auf hohem Niveau!
Setlist: Intro, Bulletproof, Enola Gay, Nobody’s Place, Pandoras Box, Bloodmetal, Redicolous, Karma, Fairytale’s King, Online With God, Per Aspera Ad Astra

Fazit:
Die LÜNSCHE MESS sollte im Rahmen der Möglichkeiten fester Bestandteil aller Metalheads und Hardcoreler sein. Es gibt nicht viele Plätze an denen sich der Underground so gekonnt in Szene setzen kann wie in Lünen. Mit gutem Sound und sehr guten Rahmenbedingungen kann hier bestens abgefeiert werden. Und das Schöne dabei: Das ganze gibt’s für satte 0 EUR Eintritt! Cheers!

Randnotizen:
• Die beste Pit-Aktion trotz aller Kung-Fu und Chuck Norris Einlagen brachte der Metalhead, der sich in den durch diverse Kicks leergefegten Platz vor der Bühne positionierte und den WannaBe-Bruce Lee’s mit einer Bangeinlage komplett das sonst gezeigte Bild vor der Bühne sprengte! Daumen hoch!
• O-Ton eines Fans zu WOOF’s Aushilfsbasser Holger im Laufe des Abends: „Ey Alter, mit dem Bass kannste auch Wände einreißen!“ (Er hat den metallischen Background schnell erkannt – Holger macht in seiner Freizeit nichts anderes! – the.wangacopta).
• Ich weiß nicht wie viele Bandmember es waren, die sich zu einem Kugelpit im Backstagebereich zusammengeknotet haben, aber es waren viele… so viele das das halbe Zelt durch eine etwas … ähem… ungestüme Aktion in sich zusammenbrach. Vermutlich wurde der Backstagebereich auch nur als Ausläufer der angesprochenen „großen Bühne“ genutzt ;)
• Neben der Musik scheint sich ein Bandmitglied von MAY BE THE FORCE WITH YOU es sich zum Hobby gemacht zu haben, Frauen in Kühltruhen zu pressen. Ich möchte nicht wissen wie die Kühle zu Hause aussieht…

 

story © the.wangacopta • Pics © Berufsstudent.de