Junk
Room - Insurgency - Reflection - Killing Chord - Rules Of Engagement
- Woof - May The Force Be With You - Infected - Moshcircus
Außergewöhnliche
Situationen erfordern außergewöhnliche Maßnahmen.
Rein zufällig stolperte ich dieses Jahr über die LÜNSCHE
MESS und deren Alternative Stage. Für Hartgesottene Liebhaber
des Undergrounds ist diese Stage schon längst keine Unbekannte
mehr. Jahr für Jahr geben sich regionale Bands das Mikro
in die Hand und zeigen dem Pott wo der Hammer hängt. Den
gabs für mich am 2. Tag des Events in Schädelspaltender
Weise. Den ersten Tag mit den Acts ROCKWÄRTS, THREE TOO
FAT, EXGORKINOWAK, A GIFT CALLED ANGER, POSITIVE STRIKE, THROUGH
THE ASHES, THE VADERS und I SIGHT hab ich verpasst
weil ich schlichtweg nicht wusste das die Alternative Stage gerockt
wird. So schlimm ist’s im Nachhinein allerdings nicht, hat
der Regengott doch an dem Freitag alle seine Schläuche leer
gemacht. Schlecht für alle Beteiligten am Freitag –
besser für alle anderen und hungrigen am Samstag! Und um
den Kreis zu schließen: So außergewöhnlich ist’s
ja nicht das ich schreibe. Was sich allerdings an dem Samstag
vor, auf und hinter der Bühne abgespielt hat, kratzte hart
an der Champions League ;) Aber lest selber!
Noch nicht
ganz auf dem Gelände schlugen schon die ersten Hardcore und
Thrash Wellen ein, verursacht durch ::
KILLING
CHORD :: Schnell ein Blick auf Running Order geworfen
und festgestellt, dass bereits JUNK ROOM, INSURGENCY
und REFLECTION den Tag eröffnet haben. Schade, drei
Bands verpasst, aber dafür entschädigten die Jungs aus
Lünen und Selm anständig. Die fette Portion Old School
im rauen Hardcore/Thrash lässt KILLING CHORD teilweise
an diverse Bands erinnern, die ihre Hochzeiten Ende der 80er Anfang
der 90er hatten. Ein latenter Einschlag von alten D.R.I. lässt
sich ebenfalls ausmachen. Blickfang auf der Bühne ist ganz
klar der Fronter Watusiwatumba „the Samoan Spike“
und das nicht nur wegen seiner schwarz angemalten Murmel. Mich
erinnert der Experte stark an einen Mix aus Bonz (ex Stuck Mojo)
und Mike Muir, rastlos, durchgeknallt und Energie versprühend
in jeder Sekunde – auch noch nach Verlust der Muttersprache.
Mir haben KILLING CHORD Spaß gemacht, schade nur
dass sich zu dem Zeitpunkt nicht die meisten Leute vor der Bühne
versammelt haben. Die Combo hatte mehr Aufmerksamkeit verdient!
Setlist: Down The Drain, Never Walk Alone, Little Demon,
Thoug Guy, I Defy, Buried Alive, Burning Fight, End Of Days, Conspiracy
Of Love, My Diary, Face Of Pain
Eine komplett
andere Ladung Core gab es dann von ::
RULES
OF ENGAGEMENT ::, diese zelebrieren im Gegensatz
zur Vorband ihre ganz eigenen Regeln. Losgelöst vom Old School
Sound präsentierten die Mannen aus Hamm ihre Interpretation
vom Metal/Emo/Screamo-Core. Das Publikum tauschte sich größtenteils
aus, Metaller gingen, junge Mädels kamen. Das ist grundsätzlich
nicht das Schlechteste, aber in Verbindung mit der Musik doch
sehr klischeehaft und denkwürdig. Mit einem solide gespielten
Sound konnten mich RULES OF ENGAGEMENT nur bedingt überzeugen.
Das Publikum war da stellenweise allerdings anderer Meinung. Das
kann aber durchaus am stimmlich starken Sänger Kris McDougall
gelegen haben, der sich gekonnt durch die Tonleiter rockte. Dieser
hat im Übrigen vor kurzem bei der Paderborner Band Diatribe
als neuer Sänger angeheuert. Prädikat: Zielgruppenorientiert,
ansprechend. Ich senke dann mal zum Ende des Gigs hin den Alterschnitt
und widme mich der einen oder anderen Gerstenkaltschale. RULES
OF ENGAGEMENT suchen übrigens einen neuen Drummer –
wer sich berufen fühlt, nur zu!
Und dann wurde
bis zur Exzesse Roulette gespielt – und das sowohl vor als
auch auf der Bühne. :: WOOF
:: traten in Lünen ohne ihren Vocalisten in den
Ring. Remmert ließ in den Tagen vorher einige Teile seiner
Weisheit beim Zahnarzt und wollte es vermeiden diverse Nähte
auf der Bühne platzen lassen. Alter, das wäre Hardcore
gewesen! Thumb als „neuer“ Brüllwürfel gab
allerdings auch eine feine Figur ab! Zu seiner Unterstützung
hatte er sich einen Sack voll Gastmusiker an Land gezogen: Ganz
im Stil einer großen Familie ging das Mikro durch die Hände
von befreundeten Musiker und Bandmates die einige der Vocals übernahmen
(Jöran & Alex von Sidetracked, King D & Lars von
Kingstreet 57 und Spinne von May The Force Be With You). Seinen
Basspart gab er indes ganz ab an Holger von den Thrashern Gods
Will Be Done. Mit freien Händen lässt es sich halt besser
diven und interessant zu sehen wie schnell sich ein Thrash Metalhead
in seiner Hardcore Rolle wohl fühlt und Circle Pits anstachelt.
Wer WOOF kennt, weiß das deren Allschool Hardcore
immer schön zügig nach vorne marschiert, nicht zuletzt
durch das Drumming von Sievers. Wo andere Schlagzeuger ihre Füße
für eine gewisse Durchschlagskraft einsetzen müssen
ballert Urs Möppler noch mit seinen Händen alles kurz
und klein. Kurzum: WOOF’s Hardcore ist für den
Pit geboren. Und die Leute vor der Bühne waren dankbar dafür:
Als erste Band am Tag schafften es die Paderborner den Pit zum
leben und kochen zu bringen. Gelegentlich ähnelte der Platz
vor der Bühne mehr einer Kampfsportschule, Circle Pit Fetischisten
und Crowdsurfer kamen aber auch voll auf ihre Kosten!
Setlist: Intro, Smalltown Boredom Fighting, Fucked Up
Once Fucked Up Twice, Stop Telling Me, Neue Werte, Turning Tide,
Contradiction, My Misery, Messed Up, Village Kids, Nice Guy, What
For, Friday Night, Surrender, Semi-Automatic
::
MAY
THE FORCE BE WITH YOU :: werden es den Paderborner
nicht übel genommen haben. MTFBWY hatten leichtes
Spiel die noch brennende Luft einzufangen, erneut zu entfachen
und das nächste Feuerwerk abzubrennen. Die Crowd bekam von
der ersten bis zur letzten Sekunde einen saftigen Metalcore Arschtritt
verpasst, der allenfalls durch einen latenten Emo-Einschlag gepudert
wurde. Eben noch bei Woof zum Stimmbänder dehnen auf der
Bühne, konnte sich Theo in Reihen seiner Band vollends ausleben.
Diesen Auftritt braucht man nicht kaputt reden, MTFBWY
haben arschtight und souverän aufgespielt. Das belegt nicht
zuletzt die Resonanz durch das mittlerweile vollzählig erschienene
Publikum. Daumen hoch für den selbsternannten Disco-Metal!
Ein Stirnrunzler – oder nennen wir es Optimierungsmöglichkeit
– bleibt aber noch: 4-Stringer Malte hat auf so einer Bühne
nichts zu suchen. Der Experte hat so viel überschüssige
Energie zu entladen, da wäre (fast) jede/r im Backstagebereich
froh wenn er Auslauf auf einer großen Stage bekommen würde
;)
Diese zwei
Brocken nacheinander wollten erstmal verdaut werden. Während
verschiedene Protagonisten versuchten das Mischungsverhältnis
ihres Flüssigkeitshaushalts mittels diverser Alkoholika auf
einen ausgeglichenen Pegel zu bringen, galt es für mich während
:: INFECTED
:: ihren Alternative Rock zockten den kulinarischen
Genüssen zu huldigen und im reichlich vorhandenen und preislich
angenehm positioniertem Merchandise zu wühlen. Das Chili,
ohne Nachwürzen nahe an der Schmerzgrenze, ist definitiv
ein Muss beim nächsten Mal! Und das macht durstig…
Leicht angeschossen
von durchsichtigen Schnappes-Mischungen galt es zum Abschluss
den Headliner :: MOSHCIRCUS
:: mit Präsenz zu würdigen. Und sie wurden
ihrer Headliner-Rolle gerecht. Lange hatten die Fans des harten
Metals vor der Bühne ausharren müssen, aber sie kamen
voll auf ihre Kosten. MOSHCIRCUS beendeten diese klasse
Tag mit modernen Thrash Metal verfeinert um Nuancen aus Metalcore
und Death Metal; oder wie es die Dortmunder selber nennen: mit
Bloodmetal. Die Fäden sofort in den Händen haltend,
merkte man den Jungs an, dass sie nur knapp im 2007er Wacken Metal
Battle an einer der Bühnen vorbeigeschrammt sind. Damals
noch mit Matze an Bord – der ein oder andere trauert ihm
sicherlich hinterher – schaffte es der neue Sänger
die Lücke hintern Mikro schließen. Die Professionalität
erleidet durch den Line-Up-Wechsel glücklicherweise keinen
Schiffbruch. Genauso gekonnt wie MOSHCIRCUS ihre Granaten
ins Publikum abfeuerten, genauso dankbar nahm die Menge vor der
Bühne die Geschosse auf, davon gleich 6 vom im November erscheinenden
Album Pandoras Box. Bis zu dem Zeitpunkt an dem
ich mich einer weiteren Aufgaben widmen musste/sollte/durfte –
dem kollektiven Ausgleich des Flüssigkeitshaushaltsgleichgewichts
- gab es keine musikalischen Aussetzer zu vermelden. Ein würdiger
Headliner zockt eben auf hohem Niveau!
Setlist: Intro, Bulletproof, Enola Gay, Nobody’s
Place, Pandoras Box, Bloodmetal, Redicolous, Karma, Fairytale’s
King, Online With God, Per Aspera Ad Astra
Fazit:
Die LÜNSCHE MESS sollte im Rahmen der Möglichkeiten
fester Bestandteil aller Metalheads und Hardcoreler sein. Es gibt
nicht viele Plätze an denen sich der Underground so gekonnt
in Szene setzen kann wie in Lünen. Mit gutem Sound und sehr
guten Rahmenbedingungen kann hier bestens abgefeiert werden. Und
das Schöne dabei: Das ganze gibt’s für satte 0
EUR Eintritt! Cheers!
Randnotizen:
• Die beste Pit-Aktion trotz aller Kung-Fu und Chuck Norris
Einlagen brachte der Metalhead, der sich in den durch diverse
Kicks leergefegten Platz vor der Bühne positionierte und
den WannaBe-Bruce Lee’s mit einer Bangeinlage komplett das
sonst gezeigte Bild vor der Bühne sprengte! Daumen hoch!
• O-Ton eines Fans zu WOOF’s Aushilfsbasser
Holger im Laufe des Abends: „Ey Alter, mit dem Bass kannste
auch Wände einreißen!“ (Er hat den metallischen
Background schnell erkannt – Holger macht in seiner Freizeit
nichts anderes! – the.wangacopta).
• Ich weiß nicht wie viele Bandmember es waren, die
sich zu einem Kugelpit im Backstagebereich zusammengeknotet haben,
aber es waren viele… so viele das das halbe Zelt durch eine
etwas … ähem… ungestüme Aktion in sich zusammenbrach.
Vermutlich wurde der Backstagebereich auch nur als Ausläufer
der angesprochenen „großen Bühne“ genutzt
;)
• Neben der Musik scheint sich ein Bandmitglied von MAY
BE THE FORCE WITH YOU es sich zum Hobby gemacht zu haben,
Frauen in Kühltruhen zu pressen. Ich möchte nicht wissen
wie die Kühle zu Hause aussieht…