Exciter
- Flotsam & Jetsam - Omen - Living Death - Exumer - Savage Grace
- Angel Dust - Witchburner - Eure Erben - Neurasthenia
[Psycho]
Keine Ahnung, ob sich da jemand zum Thema "Kulturmetropole
Europas 2010" endlich mal Gedanken gemacht hat, aber die Idee,
so ein Festival auf die Beine zu stellen, war in jedem Fall eine
richtig gute! Momentan gibt es ja wirklich genug alte Hasen, die
es noch mal wissen wollen, so dass man da beinahe schon von der
Qual der Wahl sprechen kann...
[Dajana] Eben nicht! Die alternative Musikszene (also nicht
nur der Metal-Bereich) wurde bei der "Kulturmetropole Europas
2010" komplett außen vorgelassen, obwohl gerade diese
Szene ja im Pott eine prägnante Stellung einnimmt. Und genau
deswegen ist der Rock Palast GmbH genau diese Idee gekommen…
[Psycho] Neben dem regulären Festivalbetrieb wurde das
ganze noch mit einem sehr passablen Metal-Market kombiniert, so
dass neben der Nackenmuskulatur auch der Geldbeutel nicht geschont
wurde. Obwohl: die Grabbelkisten mit den 5-Euro-Shirts waren absolut
genial, so was würde ich mir auch mal bei C&A wünschen…
;-)
Eigentlich sollte das Kutten-Revival-Festival, äh, 'tschuldigung,
natürlich das METROPOLE RUHR FESTIVAL um 13:00 anfangen,
rein ging es allerdings erst mit einer halben Stunde Verspätung,
der man von Seiten der Organisation dann den gesamten Tag hinterherlief.
Ich kann nicht genau sagen, wo man die Zeit wieder reingeholt hat,
aber kurz vor Mitternacht war jedenfalls wie geplant Feierabend.
Nach über 10 Stunden hat es dann aber auch erst mal gereicht.
::
Fotos ::
[Psycho]
Die erste Band des Tages waren :: NEURASTHENIA
:: aus Italien. Die klangen zwar auch nach Old School
Thrash, dürften aber sämtlichen Anwesenden total unbekannt
gewesen sein.
[Dajana] Zumal sie vom Alter her alles andere als Old School
waren. Sie frönen eher jener besagten Epoche…
[Psycho] Macht aber nix, da so früh eh noch so gut wie
niemand da war.
Bei harten Bands aus dem Stiefelland bin ich ja immer skeptisch,
aber das Quartett machte seine Sache recht ordentlich. Vermutlich
hatten sich die Jungs gesagt: wir haben eh keine Chance, also nutzen
wir die! – Was dann insgesamt ganz gut gelang. Ein solider
Beginn des Festivals, und ich will auch so lustiger Wikinger-Hörner
auf meiner Kutte haben, wie sie der Sänger sein eigen nannte…
[Psycho]
Als nächstes beehrten uns die ehemaligen Darkness, die jetzt
unter :: EURE
ERBEN :: firmieren. Wie der Name sind jetzt auch
die Texte in Deutsch, musikalisch handelt es sich aber immer noch
um den simplen Rumpel-Thrash der Anfangstage, der bei mir schon
früher meist nur zu ungläubigem Kopfschütteln geführt
oder für Gelächter gesorgt hat. Ich habe auch nichts gegen
politisch korrekte Texte – ist ja schön, wenn mal jemand
was zu sagen hat – aber doch bitte nicht so platt wie hier!
Also verbuchen wir das lieber schnell unter der Rubrik "überflüssig",
daran ändert auch die geschmackvolle Shirt-Wahl des Leadgitarristen
(Celtic Frost – Emperor's Return) nichts.
[Psycho]
Leider ging es ähnlich niveauvoll weiter, denn auch ::
WITCHBURNER
:: konnten mich nicht überzeugen. Hier hatte ich
ja schon im Vorfeld den Verdacht, dass die Band sich als Fehlbesetzung
herausstellen würde, und so war es dann leider auch. Dafür
geht mir der Sound einfach zu sehr in die BM-Ecke, auch wenn man
sich selber immer als Thrash verkauft.
Aber ok, für's Booking konnten WITCHBURNER natürlich
nichts, aber mir war die Show auch einfach zu peinlich, und Songwriting
sowie der Gesang gingen mal gar nicht. Und für diese Aspekte
sehe ich die Band schon in der Verantwortung! Vielleicht auf einem
anderen Festival, aber hier und heute war das nichts.
[Psycho]
:: ANGEL
DUST :: waren als letzte Band ins Line Up gerutscht,
und zwar als das Billing eigentlich schon feststand. Anhand der
beteiligten Bands und der generellen Zielrichtung des Festivals
hätte es da eigentlich sehr einfach möglich sein müssen,
herauszufinden, wie man sein Set am besten aufbauen sollte.
Diese Gedanken hatten sich ANGEL DUST jedoch offensichtlich
nicht gemacht, denn anstatt den Schwerpunkt der Songs auf die (gute)
Into The Dark Park-Scheibe zu legen, spielte die
Band in der Mehrheit eher neuere Songs. Sorry Leute, aber das wollte
heute niemand hören und hat folglich auch keinen Spaß
gemacht. Was zudem noch "optimal" durch die langweilige
Perfomance unterstützt wurde. Klassenziel verfehlt, setzen,
6…
[Psycho]
Nachdem wir uns bisher nur mit europäischen Bands beschäftigen
durften, enterten nun mit :: SAVAGE
GRACE :: die erste Band aus Übersee die Bühne.
Ich sag's ja als Europäer eigentlich nur ungern, aber am Stage-Acting
und der vermittelten Spielfreude dürfen sich alle bisher gesehenen
Bands gerne eine dicke Scheibe abschneiden. Das war ein meilenweiter
Unterschied (den man in ähnlicher Form auch noch im weiteren
Verlauf des Abends registrieren konnte, s.u.). Das ist allerdings
insofern paradox, als das die Truppe um Christian Logue sich hauptsächlich
aus Mitgliedern von Roxxcalibur zusammensetzte…
SAVAGE GRACE überzeugten jedenfalls mit einem engagierten
Auftritt und einer gelungenen Songauswahl (u.a. Into The Fire,
Master Of Disguise und Dominatress), und endlich durfte
man auch den Gesang mal ungestraft so nennen. Lediglich der Abschlusstrack
Exciter (Priest-Cover) kam etwas wackelig rüber, ansonsten
war dieser Auftritt klar das erste echte Highlight des Abends (bzw.
noch Nachmittags).
[Psycho]
Auf :: EXUMER
:: waren viele Leute doch sehr gespannt; die Band war
in den 80ern absolut kultig und dabei immer polarisierend, aber
wie würde es heute sein? Nun, im Prinzip hat sich daran nichts
geändert. Ich persönlich fand die Show entlarvend: die
Band wirkte uninspiriert und überhaupt nicht eingespielt, die
Songs entpuppten sich live als langweiliger 08/15-Thrash, und Sänger
Mem von Stein nervte mich kolossal, sowohl mit seinem hardcore-lastigen
Gesang als auch seinem völlig überzogenen Rumgehopse.
Fairer Weise muss man aber sagen, dass EXUMER bei vielen
Leute sehr gut ankamen, die das Gebotene also wohl ganz anders interpretiert
haben dürften. Auch bei den anwesenden NH-Mitarbeitern nebst
Anhang gingen die Meinungen dazu kontrovers auseinander. Aber wer
weiß, vielleicht ist das alles nur Marketing-Kalkül,
um im Gespräch zu bleiben? In diesem Fall könnte die Rechnung
durchaus aufgehen…
[Psycho]
Auch bei :: LIVING
DEATH :: stellten sich im Vorfeld einige Fragen,
vor allem ob Sänger Toto wie auf den ersten Platten extrem
nervig kreischen oder es eher wie auf den letzteren Veröffentlichungen
mit einer Art Gesang versuchen würde. Eine Frage, die sich
im Nachhinein als völlig belanglos erwies, denn LIVING DEATH
legten einen dermaßen unmotivierten Auftritt hin, dass der
Gesang wirklich zur Nebensache verkam.
Über welche technischen Möglichkeiten diese Band auch
heute noch verfügt, konnte sie selbst mit diesem Auftritt nicht
verbergen, aber die reichlich missglückte Songauswahl, ein
im Prinzip nicht vorhandenes Stageacting sowie das Baldrian-ähnliche
Charisma des Frontmanns zerstörten sofort jeden Ansatz einer
gelungenen Show und auch evtl. aufkommender Stimmung im Publikum.
Damit ergab sich die obskure Situation, dass einer der spielerisch
besten Auftritte des Abends zugleich auch einer der schlechtesten
insgesamt war…
[Psycho]
Zum Glück hatten die heiß ersehnten ::
OMEN
:: keine Probleme damit, das Publikum wieder auf Touren
zu bringen, denn hier stimmten Engagement und Songauswahl! Dabei
waren durchaus einige Handicaps zu überwinden. Größtes
Problem war sicherlich, dass sich Kenny Powell zwei Tage vor dem
Auftritt den kleinen Finger der linken Hand gebrochen hatte. Er
ließ es sich aber trotz sichtbarer Schmerzen nicht nehmen,
für sein Publikum auf die Bühne zu gehen und ordentlich
abzurocken. Herzlichen Dank dafür und gute Besserung, Kenny!
Leider war auch der Sound nicht der allerbeste (mit dem Problem
hatten übrigens alle Bands zu kämpfen), so dass ich den
Opener Termination tatsächlich erst am Refrain erkennen
konnte. Zum Glück hat sich die Band mit George Call einen richtig
guten Sänger geangelt, der mit seiner leicht nach Bruce Dickinson
klingenden Stimme sehr gut zum OMEN-Material passt. Lustig
war hingegen, dass auf der Bühne bei fast jeder Ansage der
Geist des Heavy Metal beschworen wurde, die vier Musiker aber allesamt
nach allem möglichen aussahen, nur nicht nach Metal ;)
Machte aber nichts, denn die Musik war es umso mehr und der Gig
einfach nur geil, aber leider somit auch viel zu schnell vorbei.
Schade, dass man ausgerechnet mein Lieblingsstück The Curse
ziemlich versemmelt hat; wie sich auch überhaupt der Eindruck
festigte, dass die Band für widrigere Umstände einfach
(noch) nicht über genügend gemeinsame Routine verfügt.
Das wurde aber durch kompromisslose Spielfreude wieder mehr als
wettgemacht, und Klassiker wie Teeth Of The Hydra, Into The Arena
oder Battle Cry sorgten dann für den Rest.
Der deutliche Klassenunterschied zu allen anderen bis dato aufgetretenen
Bands sollte diesen übrigens mal stark zu denken geben. Nicht
jede Reunion macht wirklich Sinn…
[Psycho]
Dieses Problem hatten :: FLOTSAM
& JETSAM :: immerhin nicht, denn seit ihrem Debüt
im Jahre 1986 war die Band immer mehr oder weniger präsent.
Das zeigte sich dann auch deutlich auf der Bühne, denn die
Arizona-Boys waren mit Abstand die routinierteste und spielerisch
sicherste Band des Abends.
Im Vorfeld des Festivals war bereits viel über die Running
Order diskutiert worden. OMEN sollten eigentlich erst viel
früher spielen, hatten aber wohl (zu Recht) dagegen interveniert
und durften somit als Drittletzte ran. FLOTSAM & JETSAM
hatten wiederum viele Besucher eigentlich als Headliner auf der
Liste, aber dieser Slot war ja nun bekanntermaßen an EXCITER
gegangen.
FLOTSAM zeigten zunächst, dass sie ebenfalls sehr gut
auf die Pole Position gepasst hätten, denn mit dem Klassiker
Doomsday For The Deceiver erwischten sie einen optimalen
Einstieg. Die Band agierte sehr spielfreudig und dabei sehr tight,
definitiver Mittelpunkt war aber ganz klar Sänger Eric A.K.,
der ständig alle Blicke auf sich zog und ganz "nebenbei"
auch noch eine absolut fehlerfreie und intensive Gesangsleistung
hinlegte. Respekt!
Leider beging die Band aber ebenfalls den Fehler, zu viele neuere
Songs in die Setlist einzubauen. Das mag aus Sicht der Musiker verständlich
sein, aber es ist fast schon beschämend, wenn man die Unterschiede
in der Qualität zwischen den alten und neuen Songs hört.
So stellten diese Passagen im Set immer wieder einen kleinen Bruch
dar, der eigentlich nicht nötig gewesen wäre.
Immerhin wurden wir aber mehr als ausreichend mit Live-Hämmern
wie Escape From Within, I Live, You Die, Hammerhead, N.E. Terror,
Iron Tears oder der völlig genialen Version von No Place
For Disgrace (als Rausschmeißer) verwöhnt. Tolle
Show, die sogar noch besser war, als ich sie mir im Vorfeld aufgrund
meiner bereits hohen Erwartungshaltung erhofft hatte.
[Psycho]
Würden :: EXCITER
:: gegen diesen bisher besten Auftritt gegenhalten und
noch mal eins draufsetzen können? Zumal der letzte von mir
gesehene Auftritt auf dem RH-Festival 2008 ganz nett, aber sicherlich
nicht Headliner-verdächtig war. Nun, offensichtlich hatte die
Band bereits den gesamten Tag ungeduldig wartend verbracht und war
jetzt so richtig heiß. Denn ich habe selten eine Band erlebt,
die von Anfang so krass klar machte, dass sie 200% Bock auf METAL
hatte.
[Dajana] Jawoll! Denn die EXCITER Jungs ließen
es sich nicht nehmen und sprangen im Fotograben umher, um FLOTSAM
& JETSAM anzufeuern und hatten schon dabei eine Menge Spaß
;)
[Psycho] Und genau das bekam das Publikum dann auch: eine
eigentlich vor Klischees strotzende Show einer Band mit dem nicht
gerade variabelsten Songmaterial im Biz, deren überbordende
Spielfreude und Hingabe an die Musik aber in einer dermaßen
mächtigen Woge von der Bühne schwappte, dass sich kein
echter Metaller dieser Leidenschaft widersetzen konnte.
Somit hatten EXCITER auch keine Mühe, dass nach knapp
10 Stunden schon etwas müde Publikum noch mal so richtig zu
motivieren. Vielmehr entpuppten sich die Kanadier in der Tat als
würdiger Headliner, da sie einfach die meisten Reaktionen der
Anwesenden erhielten und hier die meisten Leute mitgingen, die Refrains
mitgröhlten etc.
Der mit Klassikern der Speed Metal-Geschichte gespickte Set (u.a.
mit Long Live The Loud, Heavy Metal Maniac, I Am The Beast, Pounding
Metal und Victims Of Sacrifice, wenn ich mich recht entsinne)
passte aber auch einfach hervorragend zum Geist des Festivals. Sänger
Kenny Winter wurde trotz deutlich merkbarer Atemnot nicht müde
darin, in seiner charakteristischen Art über die Bühne
zu wackeln und die Leute immer wieder neu anzufeuern, während
seine Kollegen die Halle fachgerecht in Schutt und Asche zerlegten.
Geil!
EXCITER durften daher verdient als einzige Band des Abends
eine Zugabe spielen und beschlossen das Festival angemessen mit
Violence & Force. Besser geht’s wirklich nicht
mehr…
[Psycho]
Das war ein langer Tag, der, musikalisch betrachtet, relativ schwach
begann, sich aber dann immer mehr steigerte. Trotzdem denke ich,
dass 10 Bands einfach zu viel waren, 6-8 hätten es auf jeden
Fall auch getan. Vielleicht hätte man dann auch die permanenten
Soundprobleme besser in den Griff bekommen, denn in den meisten
Teilen der Halle musste man doch einen ziemlichen Soundbrei über
sich ergehen lassen.
Das Bon-System ist zwar an sich lästig, funktionierte hier
aber dank vernünftiger Preisgestaltung recht gut. Bei der Wiederauflage
sollten die Organisatoren aber unbedingt auf eine Alternative bei
der Essensversorgung achten: heiße Bockwurst und kalte Schnitzel
in allen Ehren, aber für Vegetarier war da nichts dabei. Verschärft
wurde dieser Umstand durch die Tatsache, dass man pünktlich
zur Abendessen-Zeit die Halle (wohl aufgrund polizeilicher Anordnung)
nicht mehr verlassen durfte, oder aber dabei sein Eintrittsrecht
verwirkte. So konnte man also auch nicht auf irgendwelche in der
Umgebung liegenden Alternativen ausweichen. Keine Ahnung, ob dieser
Umstand bereits vorher bekannt war oder sich erst im Laufe des Abends
ergeben hat, aber eine rechtzeitige Ansage von der Bühne aus
wäre sicherlich für diejenigen hilfreich gewesen, die
z.B. noch warme Klamotten oder andere wichtige Dinge im Auto hatten,
an diese aber so nicht mehr rankamen.
Bis auf diese Schwächen war das Festival aber insgesamt recht
gut organisiert, die Security nett, das Ambiente passend, und vor
allem hat es einfach Spaß gemacht! Dann also bis zum nächsten
Mal… ;-)
[Dajana] Denn ein nächstes Mal wird es ganz bestimmt
geben. Der Organisator des Festivals Martin ließ es sich nicht
nehmen, vor EXCITER eine zweite Ausgabe anzukündigen
und die bereits verpflichteten Bands zu nennen, die da wären:
Accu§er, Desaster, Warrant und Necronomicon.
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