Ist das noch Rock oder schon Pop? Mit dem neuen Album definitiv wieder mehr Rock. Die Frühphase der Legendenbildung von MANDO DIAO ist an mir vorbeigegangen, erst das 2009er Werk, Give Me Fire!, hat sich mir aufgedrängt. Seitdem habe ich definitiv eine Schwäche für die Schweden, egal, ob sie nun Indie Rock, Garage oder Elektronisches spielen. Ich mag Ælita ebenso wie das neue Album Good Times sehr, trotz – oder vielleicht auch gerade wegen der Stilbrüche und musikalischen Identitätskrise, welche die Band experimentieren ließ. Nach der für mich tollen Show als Tagesheadliner beim Rock im Revier 2016 wollte ich MANDO DIAO unbedingt während einer Club… ähm… Hallentour noch einmal live erleben.
Gesagt, getan. Die Schweden touren aktuell mit ihrem neuen Album durch Deutschland und gastierten dabei in der nigelnagelneuen :: Phoenixhalle :: in Dortmund.
Dazu ein paar Worte… Die Phoenixhalle ist eine Industriehalle auf dem Gelände des ehemaligen Stahlwerkes Phoenix-West im Dortmunder Stadtteil Hörde. Nachdem der Komplex seit vielen Jahren als Ausstellungs- und Eventhalle genutzt wurde, ist sie nun zur Konzerthalle für 3600 Gäste umgebaut und am 16.11.2017 eröffnet worden. Das MANDO DIAO Konzert war das zweite Konzert in dieser neuen Halle :)
Und die Phoenixhalle ist toll geworden! Noch nicht ganz fertig, aber es wird. Sehr schönes Gelände drumherum, großer Parkplatz und spezieller Shuttlebus für Veranstaltungen von und zum Bahnhof Hörde. Drinnen viel moderner Beton und alter Stahl, super Akustik und selbst von ganz hinten eine gute Sicht auf die Bühne. Großartig! So eine Halle hat in Dortmund bisher gefehlt, und ich hoffe, sie bleibt, trotz der Anwohnerklagen. Später soll sie umbenannt werden und noch ein Club in den Keller bekommen. Nur eine Sache… Warsteiner Bier am Tresen? Ernsthaft? In Dortmund?
Die Anreise verlief gediegen (bzw. hatte ich scheinbar Glück oder war zeitig genug unterwegs, um den Fußballverkehr zu entgehen, den ich dann erst nach der Show zwangsläufig wahrnehmen musste). Viele Ordner sorgten für ein rasches Einparken für 3 Euro. Ob der Parkplatz ausreicht, wenn die Halle ausverkauft ist, keine Ahnung. Gut 1500 Fans aller Couleur fanden sich ein. Damit war die Halle gut gefüllt aber immer noch genug Bewegungsfreiraum und gute Luft.
:: Foto :: RAZZ ::
Den Anheizerposten überließ man den Emsländern von :: RAZZ ::. Das passte eigentlich ganz gut, denn musikalisch liegen sie nicht allzuweit entfernt. Eine bunte Mischung aus Indie und Rock, schmissig und unbekümmert. RAZZ präsentierten Material von ihrem neuen Album Nocturnal, welches im September über SPV veröffentlicht wurde. Eine kurze und knackige 30 Minuten Show, die aber nicht verwischen konnte, dass die Songs von der Rhythmik her irgendwie alle gleich klangen. Das Konzert hatte insgesamt ein bisschen was von einer College-Band. Der Backgroundgesang war zu leise und so manche Gitarrenmelodie hat man so auch schon woanders gehört. Ganz bestimmt nicht schlecht, aber da geht noch was, insbesondere, was Stil und eine eigene musikalische Identität angeht. Das Auditorium war jedenfalls zufrieden und tanzte bereits hier und da mit. Mission erfüllt.
:: Fotos :: MANDO DIAO ::
Aber nun, die Reaktionen ließen keine Zweifel daran, für wen das Publikum hier angereist war. :: MANDO DIAO :: wurden selbstredend lautstark empfangen und starteten ziemlich unerwartet und wüst mit dem 10 Jahre alten Track San Francisco Bay. Danach ging es dann quer durch das neue Album Good Times, umrahmt von so manch alter Perle, wie z.B. Sweet Ride vom Debüt Bring 'Em In, oder Mr. Moon, welches dem legendären The Who Drummer gewidmet ist.
MANDO DIAO sorgten über die gesamte Show hinweg für einen Spannungsbogen, Smash Hits und ruhige Tracks sowie Mitmach-Aktionen wechselten sich in schöner Regelmäßigkeit ab. Generell wurden die Songs kantiger gespielt, als auf CD. Das passte aber ausgezeichnet zu den neuen Songs, die wieder sehr bluesig und Garage-rockig sind. Statt Electronica gibt es nun Hammond-Orgel. Das hatte ordentlich Wumms! Konsequenterweise gab es auch keine Songs vom Vorgänger. Kann ich verstehen, fand ich trotzdem schade.
Der Gesang von Björn Dixgård war vielleicht ein kleines bisschen übersteuert. Ok, seine rauchig-rauhe Stimme hat aber auch ihren ganz eigenen Charme und sollte herausgestellt werden ;) Der Backgroundgesang war dafür etwas zu leise. Das schmälerte aber keineswegs den Gesamteindruck. Drummer Patrik Heikinpieti hatte beizeiten den Oberkörper nackig, Björn Dixgård folgte erst zur der Zugabe, was - natürlich - bei den Mädels für viele Aaahhhs und Ooohhhs sorgte (oder wahlweise einen Sabberanfall), Joah, kann man so machen ;)
Bei Gloria und Dance With Somebody wurde ordentlich mitgesungen, bei letzteren Song verschwand Björn Dixgård sogar im Publikum – ich nehmen an, um zu tanzen ;) Das Publikum selbst musste aber dennoch immer wieder plakativ ermuntert werden, ordentlich zu klatschen oder beim Hände wedeln mitzumachen, aber da sind die Schweden ja routiniert.
MANDO DIAO spielten mit der Zugabe um die 100 Minuten, das ist wirklich ordentlich. Die Stimmung war famos in der Phoenixhalle, überall tanzende Fans mit glücklichen Gesichtern. MANDO DIAO versprühten unglaublich viel gute Laune und Energie, steckten die Fans förmlich damit an. Mein breites Grinsen wird jedenfalls ne Woche halten. Mindestens ;)
Setlist: San Francisco Bay, All The Things, Sweet Ride, Good Times, All My Senses, Dancing All The Way To Hell, One Two Three, Mr. Moon, The Band, Break Us, Voices On The Radio, Watch Me Now, Down In The Past, You Got Nothing On Me, Gloria, Ochrasy // Child, Shake, Dance With Somebody
Fazit: Großartige neue Halle in Dortmund, großartiges Konzert! Meine Empfehlung für beide, Location und Band :) Gut, das anschließende Verkehrschaos hätte nicht sein müssen, denn – daran hatte ich nicht gedacht – es war auch Champions-League in Dortmund, die zeitgleich endete und für Wahnsinns Staus und Unfälle auf den umliegenden Autobahnen sorgte. Aber gut, Schlaf wird eh überbewertet ;)
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