Nachdem
es den ganzen Freitag in schöner Regelmäßigkeit
hier im Ruhrgebiet stark geregnet hatte, machten wir uns am Samstag
frühmorgens mit den schlimmsten Erwartungen, in Hildesheim
bereits eine Schlammwüste vorzufinden, auf zum M’ERA
LUNA. Auch während der Fahrt sollte es immer mal
wieder schütten, aber je näher man Hildesheim kam, desto
blauer wurde der Himmel und bei Betreten des staubigen Festivalgeländes
wurde klar, dass es hier schon tagelang nicht mehr geregnet hatte.
Trotz mehrfacher Bühnenansagen mit dem magischen Wort „Unwetterwarnung“,
blieb es die beiden Tage bei angenehmen Temperaturen, bis auf
eine kleine Ausnahme, komplett trocken. Also beste Ausgangsbedingungen
für die rund 22.000 Besucher.
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Fotos ::
Samstag,
12.08.2006
[Kerstin]
14:20h - der Hangar war zu dieser frühen Uhrzeit schon recht
gut gefüllt. Die DOPE STARS INC. rockten
auch direkt los und boten mit Theta Titanium, Vyperpunk,
Defcon 5 und dem großartigen Make A Star einen
guten Querschnitt von ihrem Album Neuromance,
wobei Victor Love, der eine gute stimmliche Leistung an den Tag
legte, es sich nicht nehmen ließ, eine große Fahne
mit einem stilisierten Totenkopf zu greifen und über dem
Kopf zu schwenken. Nachdem er fast den Mikroständer von der
Bühne gehauen hätte, fand diese Aktion schließlich
ein recht schnelles Ende. Eine etwas obskure Position kam Grace
Khold zu, der von seinem Technikpodest aus nur hin und wieder
in das eigens dafür hingestellte Mikro brüllen durfte.
Beim Ausflug
auf die Shoppingmeile war sehr schnell klar, dass dieses Jahr
wieder keine Wünsche offen bleiben sollten und so gab es
bei Bedarf von Särgen über Elmira-Haarspangen bis hin
zu gruftigen Wohnaccessoires mal wieder alles zu kaufen, was der
Dispo hergab. Die Getränkepreise waren einigermaßen
moderat, allerdings hatte man bei den Essenspreisen noch mal draufgelegt.
[Daniel] Nach
den Industrialrockern DOPE STARS INC. im Hangar
ging es für mich nach kurzer Pause auf der Hauptbühne
mit bodenständigen und absolut schnörkellosen Elektro
auf der Hauptbühne weiter. Das übliche „Band mit
der kürzesten Anfahrt“ sollte ich mir eigentlich verkneifen,
aber die Hamelner sind ja mittlerweile schon so etwas wie Stammgäste
auf dem M’ERA LUNA. Seit 2006 sind sie
nun schon zum vierten Mal mit dabei. FUNKER VOGT stiegen
fulminant mit Navigator vom gleichnamigen Album in ihr
Set ein und ihre treue Fanbase honorierte von der ersten Sekunde
an die routiniert professionelle Performance der Truppe, die wie
üblich in Vierer-Live-Besetzung mit Verstärkung an E-Gitarre
und Keys neben Songs des aktuellen Albums wie Fallen Hero
oder Killing Ground auch alte Hits wie Gunman
und natürlich Tragic Hero mit im Gepäck hatte.
Frontmann Jens Kästel schnappte sich eine Deutschlandfahne
aus dem Publikum – ich dachte die Nachwehen der WM seien
nun endlich vorbei - und warf zusammen mit seinen Bandkollegen
nach Ende des Gigs Funker-Vogt-Shirts ins begeisterte Publikum
– eine schöne Geste an die Fans.
Auf eine wechselreiche
und genreprägende Bandhistorie und einige Zeit der Funkstille
kann der nächste Act auf der Hauptbühen zurückblicken.
25 Jahre nach Bandgründung rauften sich DIE KRUPPS
aber noch einmal zusammen und machten nach ihrer Clubtournee auch
in Hildesheim Station. Unheilvollerweise war das Bandlogo auf
allen Bühnenbannern durchgestrichen. Frontmann Jürgen
Engler und seine Mitstreiter lieferten jedenfalls eine druckvolle
Show ab und sorgten für die ersten, teils sogar weiblichen
Crowdsurfer im Publikum und zeitgleich für erhöhte Aufmerksamkeit
bei der Security im Fotograben. Als Höhepunkt des Gigs hämmerte
Engler zu Metal Maschine Music auf Metallröhren
herum. Nach To The Hilt und Fatherland war leider
erst einmal Schluss mit Traditionsprogramm auf der Hauptbühne
und das Publikum tauschte sich nahezu komplett aus, denn merkwürdigerweise
wurden Blutengel zwischen den Krupps und Front Line Assembly platziert.
[Kerstin]
Auf der Hauptbühne ging es bei vollem Tageslicht weiter mit
BLUTENGEL. Deren Performance mag ja in einer
dunklen, schummerigen Disco sehr stimmungsvoll sein, verpuffte
auf der Hauptbühne allerdings ins Leere. Chris Pohl und seine
Damen sparten wie gewohnt mal wieder nicht an Klischees und so
gab es Männer in Kutten, die Fackeln auf die Bühne trugen
und später auch umgedrehte Kreuze; Frauen mit weißen
Engelsflügeln in Stringbikinis mit ordentlich Kunstblut beschmiert
und eine als Mädchen in einem Babydoll verkleidete Frau,
die einer Puppe die Kehle durchschneidet und so weiter und so
fort. Begleitet von einer Pyroshow und Raketen wurden unter anderem
Solitary Angel, Navigator, Beauty Of Suffering und der
alte Hit Seelenschmerz - ganz allein vorgetragen von
der Sängerin Ulrike Goldmann - und als Abschluss Children
Of Night vom Publikum sehr dankbar aufgenommen. Leider sind
Chris Pohl und Constanze stimmlich nur sehr dünn rübergekommen,
aber die Fans waren begeistert und feierten ihre Idole dementsprechend.
[Daniel] Die
Erwartungen an den Auftritt der kanadischen Elektrolegende FRONT
LINE ASSEMBLY waren nach dem desaströsen Auftritt
auf dem Wave Gotik Treffen mit einem Double des Sängers Bill
Leeb mit Sicherheit zwiespältig. Auf jeden Fall war in Hildesheim
der „richtige“ Bill Leeb am Start, jedoch ohne seinen
Kompagnon Rhys Fulber. Auch dieser Auftritt verlief nicht ohne
Zwischenfälle, denn gleich beim ersten Song verpasste Leeb
seinen Gesangseinsatz, doch hören konnte man davon nichts.
Trotz meilenweit entferntem Mikro tönte klar und deutlich
der Gesang aus den Boxen: Da wurde offensichtlich mit einem Playback
beim Gesang nachgeholfen. Leeb ließ sich von der Panne aber
nicht beirren und zog seinen Auftritt mehr oder weniger motiviert
durch, marschierte hin und wieder nach hinten zu seinem Equipment,
trommelte teilweise am vorderen Bühnenrand mit und ließ
dabei sein Mikro weit außer Reichweite bei seiner Technik
liegen, was für zusätzliche Spannung sorgte. Seine drei
deutlich jüngeren Mitstreiter an Synthie, Gitarre und Schlagzeug
machten schon einen motivierteren Eindruck. Insgesamt kamen die
Liveversionen von Songs wie Mindphaser, Gun
oder dem jüngsten Hit Maniacal jedoch vor allem
durch das Schlagzeug druckvoll rüber und FRONT LINE
ASSEMBLY sorgten schon für Stimmung unter den etlichen
Fans im Publikum, waren aber dennoch für mich wegen des teilweisen
Playbacks und der mangelnden Motivation Leebs zu diesem Zeitpunkt
schon DIE Enttäuschung des M’ERA LUNA’s.
[Kerstin]
Am Abend gab es dann für mich das Überraschungsei des
ganzen Festivals, da ich mich spontan dazu entschied, die DEATHSTARS
im Hangar mitzunehmen. Ich kannte die Formation eigentlich vorher
nur von ihren sehr stylischen Promobildern und wusste daher nicht
wirklich, was mich erwartet, allerdings hat mich die Band von
der ersten Sekunde an völlig überzeugt! Sänger
Whiplasher kam in Uniformjacke mit einer weißen und einer
schwarzen Federboa auf die Bühne und rockte direkt ab. Die
Band war sehr professionell, rekrutiert sie sich teilweise ja
auch aus gestandenen Blackmetal-Recken, und gab in der ihr zugestandenen
Stunde Spielzeit alles. Der Sänger entblätterte sich
auch nach und nach, was jedes Mal mit einem lauten Kreischen der
anwesenden Damen belohnt wurde, rutschte auf den Knien herum,
räkelte sich auf den Monitorboxen und schüttete sich
ständig Wasser über den Kopf, auch auf das Risiko hin,
dass sein Make-up verschmierte. Irgendwann flog dann auch die
weiße Federboa komplett durchgeschwitzt ins Publikum. Alles
in allem also eine äußerst runde Sache.
[Daniel] Die
Deathstars waren mitten in ihrem Set als nach kurzem Intro die
EBM-Pioniere NITZER EBB die Hauptbühne enterten
und deutlicher konnte der Kontrast zu Front Line Assembly nicht
sein. Douglas McCarthy und sein Mitstreiter Bon Scott, wieder
unterstützt durch Kourtney Klein an den Drums, wollten es
zum Abschluss des ersten Teil der Reunion-Tour offensichtlich
noch einmal richtig wissen. Allein das martialische Outfit von
Shouter McCarthy sprach Bände: Mit hohen Reiterstiefeln,
einem dünnen Lederriemen als Hosenträger und Sonnenbrille
sah er aus wie auf uralten Promofotos der Electrolegende und gab
auf der Bühne alles, um den bösen EBMler zu mimen, zog
er doch gegen Mitte des Sets sein Hemd aus, griff sich tief in
die Hose greifen und vergaß nicht, ständig auf der
Bühne herumzuspucken. Die Setlist entsprach in etwa dem Premierenauftritt
auf dem Wave-Gotik-Treffen und hatte nach furiosem Einstieg mit
Getting Closer und Let Your Body Learn einen
etwas zähen Mittelteil mit langsameren Songs wie Family
Man, die aber umso eindringlicher vom Sänger performt
wurden. Gegen Ende gab es bei Murderous und Join
In The Chant kein Halten mehr und die Menge tobte. Da schauten
selbst Ronan und Mark von VNV Nation, die sich am Rande des Fotograbens
postiert hatten, ungläubig über das Gitter ins Publikum.
Ein eindrucksvoller Auftritt, den sicherlich viele nicht so schnell
vergessen werden.
Nach Nitzer
Ebb wurde es Zeit für die nächste Legende – BAUHAUS,
die „Erfinder“ der Gothicmusik schlechthin. Bereits
Anfang der 80er aufgelöst und gegen Ende der 90er für
ein paar Livekonzerte reformiert, war der Auftritt auf dem diesjährigen
M’ERA LUNA in einer überschaubaren
Reihe von Livegigs mit Sicherheit eine Überraschung. In freudiger
Erwartung eines besinnlich-atmophärischen Ausklangs des Tages
hatten sich neben Jungvolk Scharen älterer Semester vor der
Hauptbühne platziert um eines der seltenen Konzerte ihrer
Idole zu sehen. Peter Murphy und seine Mitstreiter marschierten
gemächlich auf die Bühne, stellten sich in den vorderen
Bühnenbereich und ließen sich anschließend von
einer Nebelwand verschlucken, um dann das Publikum mit dem verstörenden
„Geschrammel“ in Form von Double Dare mit
optischer Unterstützung durch sehr unregelmäßige
Strobos auf ihren eigenwillig eleganten Gig einzustimmen. Leider
erinnerte fast während des gesamten Gigs der Nebelmaschineneinsatz
an Auftritte der Sisters Of Mercy, so dass man teilweise die Musiker
nicht gerade deutlich in den Nebelbänken erkennen konnte.
Saxophoneinsatz und eine Gitarreneinlage mit Geigenbogen trugen
zu einem optisch wie auch technisch anspruchsvollen Auftritt bei,
bei dem natürlich zeitlose Gothicklassiker wie She’s
In Parties, In The Flat Field oder Dark Entries
nicht fehlen durften. Mit Bela Lugosi Is Dead beschloss
die Truppe ihr Set – Murphy stolzierte dabei stilvoll elegant
mit Vampirumhang über die Bühne ohne auch nur in irgendeiner
Art und Weise, im Gegensatz zu so manch anderem Musiker, dabei
lächerlich zu wirken. Der Sound kam leider vor allem zu Beginn
des Konzertes nicht ganz optimal rüber und als dann auch
noch das Mikro vom exzentrisch gekleideten Gitarristen Daniel
Ash ausfiel, hatte man den Eindruck, dass mehr Techniker als Musiker
auf der Bühne herumlaufen.
Sonntag,
13.08.2006
[Kerstin]
Leider schaffte ich es am Sonntag nicht pünktlich zu XPQ-21.
Schuld war eine defekte Dieselzapfsäule, die mir den ganzen,
bestialisch stinkenden Mist über die Hand laufen ließ,
aber das machten die netten, gruftig angezogenen Verkäuferinnen
an der Jet Tankstelle unweit des Festivalgeländes wieder
wett. Zumindest kam ich noch in den Genuss der letzten 4 Lieder,
wobei natürlich die Clubkracher A Gothic Novel und
White And Alive nicht fehlen durften. Für 12 Uhr
mittags war der Hangar schon sehr gut gefüllt. Leider hatten
XPQ-21 ein Doppelbooking für diesen Tag
und mussten direkt nach dem Auftritt weiter nach Utrecht in den
Niederlanden zum Summer Darkness, wo sie um 22:00 noch einen Gig
absolvieren mussten.
[Daniel] Der
Auftritt der Gothic-Waver CLAN OF XYMOX um Sänger
Ronny Moorings lag bereits in seinen letzten Zügen, so dass
ich nur noch There Is No Tomorrow und ihren alten Hit
One Day mitbekommen habe... schade.
Mit Nitzer
Ebb vom Vortag noch im Hinterkopf, machte ich mich auf in den
Hangar zu den schwedischen EBMlern SPETSNAZ,
deren Debütalbum Grand Design sich
noch sehr stark an den Vorbildern aus England orientiert. Im typische
minimalistischen Lineup mit Drums, Gesang und ordentlichen Basslinien
aus der Konserve heizte das Duo den überwiegend klassischen
EBM-Fans im gut gefüllten Hangar ordentlich ein, was mit
Hilfe von Tanzflächenfüllern wie On The Edge, That
Perfect Body und zu guter letzt Apathy auch nicht
gerade schwierig ist. Für zusätzliches Amüsement
auf etwas zweifelhaftem Niveau sorgte Drummer Stefan, der stolz
seinen Bierbauch präsentierte und anscheinend während
seiner Deutschlandaufenthalte merkwürdige Ausdrücke
(so etwas wie „ich hatte heute Dünnschiss“) aufgeschnappt
hat. Das ist dann wohl unter schwedischem Humor einzuordnen. Wiederum
der Drummer ließ es sich nicht nehmen, nach Ende des Gigs
in den Graben zu stiefeln und sich von der begeisterten Menge
in den hinteren Teil des Hangars tragen zu lassen.
ROTERSAND
sind zu Recht eine der aufstrebenden Bands in Sachen clubtauglicher
Elektro der letzten Jahre. Rasc, Gun und Krischan befeuerten den
Hangar mit ihrem mittlerweile ordentlichen Fundus an Clubhits
wie Exterminate, Annihilate, Destroy, The Last Ship oder
Merging Oceans. Dementsprechend tobe die Halle bis in
die hintersten Reihen hinein, was Sänger Rasc fast sprachlos
machte. Krischan, der Mann hinter der Technik, war dafür
allerdings der Pechvogel des Tages, ausgerechnet bei Storm
fegt er sein halbes Equipment vom Ständer, später fiel
sein Mikro aus und zu guter letzt flog der Gute auch noch auf
seinen Hosenboden. Als zusätzliches Schmankerl bestritt Mark
Jackson von VNV Nation als „Stargast“ an den E-Drums
etwa die Hälfte des Gigs.
[Kerstin]
Da ich schon wenige Wochen vorher den genialen Tourgig von THE
BIRTHDAY MASSACRE in Krefeld miterleben durfte, machte
ich mich in gespannter Erwartung auf zur Hauptbühne. Die
Jungs um Frontfrau Chibi waren sehr schick mit Hemd, Weste und
Krawatte ausstaffiert - Chibi selbst kam barfuss im Pünktchenkleid.
In schlechter Erinnerung an das letzte Jahr, sollte es auch diesmal
wieder ein paar Tropfen regnen, das einzige Konzert auf dem ganzen
Festival, bei dem es überhaupt geregnet hat. Die Kanadier
rockten mit Lovers End los und ich stellte fest, dass
Chibi ihre Gratwanderung zwischen kleinem, schüchternen Schulmädchen
und Psychopathin mit jedem Auftritt weiter perfektioniert hatte.
Das Publikum feierte euphorisch zu Happy Birthday, Horrorshow
und Blue ab und entließ die Band mit einem
begeisterten Applaus. THE BIRTHDAY MASSACRE gaben
auch 2 Songs des neuen Albums, das voraussichtlich im Februar
nächsten Jahres veröffentlicht wird, zum Besten, die
bei den Fans gut ankamen.
[Daniel] APOPTYGMA
BERZERK gehören wahrscheinlich zu den Bands, die
ich bislang am häufigsten live gesehen habe. Deshalb gestaltete
sich der Auftritt von Oberberserker Stephan Groth und seinen Mannen
alles andere als überraschend, von der norwegischen Flagge
am Mikroständer mal abgesehen. Routiniert zockte die Band
mit ihrem live traditionell gitarrenlastigen Sound den Gig durch.
Für Freude im Publikum sorgten immer wieder Ankündigungen
mit den Worten „old school“, begleitet von einem Streifzug
durch Albumklassiker der Band wie 7, Welcome
To Earth oder gar dem Debüt Soli
Deo Gloria, während die wenigen Songs des aktuellen,
unter Fans kontrovers diskutierten Albums You And
Me Against The World auf der Euphorieskala etwas
tiefer angesiedelt waren.
Nach dem etwas
zaghaften Gitarrengezupfe von Apoptygma Berzerk erwartete mich
nun endlich das volle Brett. Angetrieben von seiner Wut auf George
W. Bush, dessen Sprachsamples fast mehr Anteile am Gesang hatten
als Shouter Al Jourgensen selbst, brachen MINISTRY
wahrscheinlich bis in alle Ewigkeit sämtliche Lautstärke-
und Härterekorde des M’ERA LUNA’s,
denn die Amis versäumten es nach ihrem gemächlichen
Einstieg mit Psalm 69 nicht, bolzige Gitarrenwalzen wie
No W, Waiting oder WTV vom Bush-Bashing-Album
House Of The Molé aus Rücksicht
auf zarter besaitete M’ERA LUNA-Besucher
zu Hause zu lassen. Gegen Mitte des Sets unternahmen MINISTRY
dann mit Just One Fix und N.W.O zusätzliche
Ausflüge in die erfolgreichste Schaffensperiode der Band
und auch Bush senior bekam somit sein Fett weg. Als optischer
Mittelpunkt des Bühnengeschehens klammert sich der etwas
korpulente Sänger an seinen massiven Mikroständer aus
Tierknochen, zog komische Grimassen und genehmigte sich ab und
an einen Schluck - nicht etwa aus einer Whiskyflasche sondern
aus einem Rotweinglas. Am Ende kamen MINISTRY
noch für den alten Klassiker So What zurück,
der Überhit Jesus Built My Hotrod blieb also in
Hildesheim außen vor.
[Kerstin]
Später am Abend kamen schließlich auch die Mittelalterfans
auf ihre Kosten, denn IN EXTREMO beschallten
das Festivalgelände mit Dudelsäcken und anderen mittelalterlichen
Instrumenten. Zumindest die Pyroshow sollte Sänger Das Letzte
Einhorn etwas warmgehalten haben, da er bei etwas schattigen Temperaturen
mit nacktem Oberkörper auf der Bühne stand. Songs wie
Vollmond und Küß mich kamen bestens
an und pyrotechnisch wurde die Bühne sozusagen schon mal
für den Hauptact des Sonntagabends getestet.
[Daniel] Dank
erheblich gestiegener Popularität haben es die Niederländer
WITHIN TEMPTATION um Frontfrau Sharon den Adel,
die auch schon zu den M’ERA LUNA Dauergästen
gezählt werden können, nun auf die Headlinerposition
am Sonntag geschafft. Mit opulenter Bühnendeko und viel Pyros
war die völlig auf Sharon zugeschnittene Show die eines Headliners
würdig, jedoch hatte es die Formation mit der Pyrounterstützung
etwas übertrieben, denn ganz und gar unangenehmer Geruch
breitete sich plötzlich auf der Bühne aus und Sharon
flüchtete hustend nach hinten zu ihrer Wasserflasche. Nach
kurzer Pause ging es mit dem Hitfeuerwerk bestehend aus Songs
wie Mother Earth, dem Kate-Bush-Cover Running Up
That Hill oder dem balladesken Memories weiter und
sogar ein neuer Songs namens The Howling wurde erstmalig
in Deutschland live präsentiert. WITHIN TEMPTATION
durften entgegen der traditionellen Grenze sogar bis nach 22.00h
spielen und entließen ihre Fans, die vom vielen Hände
hochreißen schon ganz lange Arme bekommen haben dürften,
mit dem Hit Ice Queen auf den Campingplatz bzw. die Autobahn
gen Heimat.
Das diesjährige
M’ERA LUNA war mal wieder ein wunderschönes
Festival, das sich vom Wetter und Line-up up her eigentlich nächstes
Jahr kaum mehr toppen lässt, aber das haben wir alle ja letztes
Jahr auch schon gedacht. Man darf also sehr gespannt sein...