2004-09-03 DE – Wertherbruch - B-Halle

 

Arcturus - Secret Of The Moon - Disillusion - Burden Of Grief - Guerrilla - Fall Of Serenity

:: Fotos ::

Der Nachteil des dem Value for Money-Grundsatz folgenden Gedankens, in zwei Tagen ca. 20 Bands präsentieren zu wollen, liegt ganz klar in dem sich so aufdrängenden knappen Zeitplan für den Ablauf der gesamten Veranstaltung.

• Erste Leidtragende dieses Umstands waren die Ostdeutschen FALL OF SERENITY, die sich am frühen Freitag Abend um 18:00 mit einer noch recht leeren Halle konfrontiert sahen. Es gibt halt tatsächlich Leute, die trotz aller Anstrengungen der Bundesregierung, einer regelmäßigen Arbeit nachgehen. Außerdem lud das gute Wetter einen Teil der Anwesenden dazu ein, sich zunächst noch auf dem Campingplatz zu entspannen. Verpasst haben sie eine etwas hüftsteif wirkende Band, die ihren gut abgehangenen Death Metal (stilistisch wie zu Zeiten, als Melodic noch irgendwas im Hard Rock-Bereich bezeichnete) recht sauber rüber brachte, aber auch mit Casket Garden (Dismember) nicht richtig punkten konnte.

• Die Kölner GUERRILLA dagegen haben sich in den letzten Jahren eine nicht unbeträchtliche Anhängerschaft erspielt und konnten somit deutlich mehr Leute in die Halle locken. Mit einem sehr viel agileren Stage Acting und ihrer lockeren, sich selbst nicht so ernst nehmenden Art konnten die Jungs dann auch das Publikum schnell für sich einnehmen. Dazu tat dann die gelungene Mucke ihr Übriges: anspruchsvoller, treibender Thrash mit guten Riffs und veredelt von der klasse Stimme des Front-Entertainers Marc. In die Stücke wurden immer mal wieder bekannte Standards eingebaut (z.B. der Anfang von Raining Blood oder das Schlussriff von Davidian), zwischendurch gab’s sehr unterhaltsame Sprüche zu hören und mit Herbert Grönemeyers Alkohol auch mal ne originelle Coverversion. Hinterher ließ es sich Shouter Marc dann auch nicht nehmen, selbst noch völlig klitschnass geschwitzt auf dem B-H Vorplatz die Shirts und CD’s der Band stimmgewaltig anzupreisen. Also Daumen hoch für GUERRILLA!

• Die darauf folgenden BURDEN OF GRIEF hatte ich in der letzten Vergangenheit schon öfters gesehen, weswegen ich diesen Auftritt nicht kontinuierlich verfolgt habe. Aber natürlich trieb mich das Metaller-Herz doch immer wieder in die inzwischen schon ganz schön aufgeheizte Halle, wo sich leicht feststellen ließ, dass die Band ihren Set mit der gewohnten aggressiven Professionalität durchzog. Wie jedes Mal habe ich mich auch diesmal gefragt, woher Shouter Mike die ganze Luft für seinen Gesang nimmt, ansonsten gab’s einen repräsentativen Querschnitt durch das bisheriger Schaffen. Beim obligatorischen Maiden-Cover musste diesmal Aces High dran glauben, die Leute hatten ihren Spaß, und von meiner Seite gibt es so auch absolut nichts zu meckern.

• Trotzdem war ich auf die nächste Band deutlich gespannter: der erste DISILLUSION Longplayer hat mich in den letzten Wochen doch sehr nachhaltig beeindruckt, so dass ich nun für mich persönlich den ersten richtigen Höhepunkt des Abends erwartete. Verstärkt durch vier der Dark Suns-Musiker sowie die Unloved-Sängerin stand dann nach „zwei Minuten Soundcheck“ auch eine richtig große Besetzung auf der Bühne, die zunächst erst mal mit einigen technischen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte. Als die behobenen waren, blieb leider immer noch der mehr als mäßige Sound, der z.B. die Gitarre von Vurtox meistens in den Hintergrund verbannte. War aber irgendwie egal, denn die Band kam unglaublich selbstbewusst und dynamisch rüber, die musikalische Unterstützung erwies sich als zusätzlicher Pluspunkt (auch optisch), so dass DISILLUSION vom ausrastenden Publikum frenetisch abgefeiert wurden. Die Leipziger spielten die Debüt CD Back To Times Of Splendor einmal komplett durch (wenn auch mit anderer Reihenfolge) und hinterließen eine Meute, die einen höchst beglückten Eindruck vermittelte. Unglaublich, dass man heutzutage mit nur einem Album in dieser Musikrichtung noch so schnell populär werden kann...

Es folgte die härteste Band des heutigen Abends, die Osnabrücker Black Metal-Formation SECRETS OF THE MOON. Mit der Veröffentlichung ihres Albums Carved In Stigmata Wounds sind sie ja mit reichlich Vorschußlorbeeren bedacht worden, an mir aber trotzdem irgendwie unbeachtet vorbeigezogen. Daher sollte es nun der Live-Eindruck richten... Oder auch nicht, denn sooo sehr hat mich das Gebotene nicht gerade umgehauen. Sicherlich setzen sich die drei (+ Aushilfsgitarrist?) von vielen anderen Genre-Kollegen ab, aber musikalisch war mir da immer noch zuviel Standard-Black Metal dabei, vor allem bei den schnellen Riffs. Die spacigeren, an den 70er Jahre-Prog Rock (?) angelehnten Passagen hingegen fand ich sehr atmosphärisch und originell, jedoch konnten diese das Gesamtkonzept nicht alleine tragen, so dass sich bei mir spätestens ab der Mitte des Sets ein wenig Langeweile breit machte. Irgendwie vermittelte aber auch die Band selber mit fortlaufender Dauer einen immer lustloseren und/oder genervteren Eindruck, weswegen sich meine Konzentration bereits mehr auf die letzte Band des Abends verlagerte...

Über ARCTURUS noch Worte zu verlieren ist eigentlich total überflüssig; diese Band hat Maßstäbe gesetzt (ohne sie gäbe es vielleicht keinen symphonischen Black Metal, obwohl die Intention immer eine andere, künstlerischere war) und Metal-Legende geschrieben, aber kurioser Weise noch nie außerhalb von Norwegen live gespielt. Als ob wir also noch nicht genug auf dieses Ereignis gewartet hatte, wurde mit der Umbaupause der bisher straff eingehaltene Zeitplan deutlich überschritten, so dass es noch eine mehr als halbstündige Verspätung zu verkraften galt. Dann aber gab es ein musikalisch praktisch keine Wünsche offen lassendes Potpourri aus allen bisherigen ARCTURUS Veröffentlichungen, womit in dieser Form ja nun auch nicht unbedingt zu rechnen war. Selbst Deception Genesis vom Disguised Masters Album fand da Berücksichtigung. Nach dem fulminanten Einstieg mit der Sham Mirrors Doppelspitze Kinetic/Nightmare Heaven folgte zunächst ein etwas längerer Teil mit Stücken der älteren Platten, der nach meinem Empfinden ganz besonders vom Publikum abgefeiert wurde. Einige Stücke wurden zudem durch die optische Performance zweier weiblichen „Ballet-Pantomimen“ angereichert, die ihre einstudierten Bewegungen aber nicht immer synchron vollführten. Die Band war allerdings, angetrieben von Hellhammer am Schlagzeug, voll auf der Höhe, allen voran der quasi neue Sänger Øyvind Hægelund (Spiral Architect), der sowohl die hohen als auch die gegrunzten Passagen intonationssicher und mit viel Ausdruck zu meistern verstand. Lediglich bei den Chorteilen musste der gute Mann zwangsläufig passen... Ein Bewegungswunder ist er allerdings nicht, dafür bangte Sverd hinter den Keyboards während des gesamten Sets und hatte sichtlichen Spaß an dem Geschehen auf und vor der Bühne. Das hätte er auch schon (Jahre) eher haben können! Doch leider blieben auch ARCTURUS von technischen Pannen nicht verschont; kurz vor Ende des regulären Sets rauchte einer der Gitarrenverstärker komplett ab, was bei Knut M. Valle zu sichtlichem Unmut führte. Doch trotz einer von der Crew schnell gefundenen Lösung war dann nach dem letzten und vehement von den Fans geforderten Stück Radical Cut auch tatsächlich Schluss. Witzigerweise waren Star Crossed und Radical Cut schon die Zugaben, wie auf der vorab eingespähten Setlist zu ersehen war. Dafür hat man das eigentlich geplante Morax (von der My Angel Single) dann weggelassen. Dadurch fand der an sich sehr gelungene Auftritt ein ziemlich unrühmliches Ende, da anscheinend niemand von der Band die Traute hatte, dem Publikum zu erklären, warum man partout keine Zugabe mehr spielen wollte. Stattdessen wurde einer der Stage Hands (Darius W.) nach vorne geschickt, der dann irgendwas von technischen Problemen zum Besten gab, die zu diesem Zeitpunkt aber schon längst gelöst waren. Ich persönlich denke ja, dass die Band Bedenken hatte, was die Dauer des Abbaus und die pünktliche Weiterreise nach Italien betraf (dort sollte bereits am Folgetag der nächste Auftritt stattfinden), finde aber auch, dass eine Zugabe mit einem Stück dem eh schon verpfuschten Zeitplan nicht mehr so sehr hätte schaden können. Sei’s drum: insgesamt war es trotzdem ein absolut gelungener Auftritt, der sich wohl nicht so bald wiederholen wird. Wer nicht dabei war, hat definitiv was verpasst, auch wenn die Ruhephase bis zur Fortsetzung des Festivals mehr als kurz sein sollte...
Setlist Arcturus: Intro, Kinetic, Nightmare Heaven, Painting My Horror, Raudt Og Svart, Deception Genesis, To Thou Who Dwellest In The Night, Alone, Ad Absurdum, The Chaos Path, Star Crossed, Radical Cut

Insgesamt also ein gelungener erster Abend. Die Halle war – zumindest bei Arcturus – mit knapp 500 Leuten sehr gut gefüllt. Der Headliner vermochte nicht nur Fans aus deutschen Landen anzulocken, die zum Teil Wahnsinnswege hinter sich hatten (Grüße an die Jungs von Beneath Flowers aus Fürth), sondern ließen auch Schweden, Belgier, Holländer und selbst einen Australier den Weg nach Wertherbruch finden.
Organisatorisch lief bis auf die üblichen Sound- und Technikproblemen soweit alles glatt. Der Met war schon nach der Hälfte des Abends alle... schade, denn der war sehr lecker. Draußen gab es zwei Stände – Grau von Prophecy Records und einen Schmuckstand, da hätte man sicher noch mehr hinstellen können, drinnen präsentierte sich das Metalius Magazin. Aus der Küche hatte man kurzerhand eine Pommesbude gemacht. Über die Hygiene sprechen wir mal nicht, lecker war’s trotzdem. Nachdem ich (Dajana) noch dem Gespräch zweier langhaariger Bombenleger lauschte, die froh sind, wenn sie endlich ihre Zahnspangen los sind, dachte ich noch: man bist du alt...

 

story © Psycho • pics © Dajana