Bereits
um halb acht lungern die ersten Fans der rumänischen Metal
Institution und deren Begleitern für diesen Abend, ODEM
ARCARUM und AMYSTERY, vor dem Titanic
City im wunderschönen Stadtteil Schwabing, dem Herzen
Münchens, herum. Relaxt und voller Vorfreude werden die letzten
Zigaretten geraucht, bevor die Tore um kurz nach acht geöffnet
werden: „Hereinspaziert, ihr dunklen Seelen!“
Ich bin leider alles andere als gut im schätzen, deswegen
hoffe ich, dass das liebe Titanic City Team hier Rücksicht
auf mich nimmt. Aber ich denke mal, dass trotz der Konkurrenzveranstaltung
mit Slayer, Amon Amarth und Co. im Zenith gute 120 Nasen ihren
Weg ins Titanic gefunden haben.
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Fotos ::
Erstmal drin,
schaue ich doch gleich mal zum Merchandisestand, und siehe da,
Hoodies für 20€, da muss man doch glatt zuschlagen.
Überhaupt möchte ich eingangs festhalten, dass die sympathischen
Rumänen sowohl für den armen Studenten/Schüler
als auch für den berufstätigen Metalhead äußerst
faire Preise anbieten, sei es beim Eintritt oder eben beim Merchandise.
Hier schon mal ganz klar eine 1+.
Als Anheizer
wurden für den heutigen Abend die Münchner ::
ODEM
ARCARUM :: eingeladen, die Band um NEGURA BUNGET
Aushilfsbasser Michael aka Arioch, der hier als singender Gitarrist
auftritt. Und das macht er richtig gut.
Vom ersten Song an weiß die Band mit ihrem komplexen Black
Metal zu überzeugen, bewegt sich hauptsächlich im Midtempo
und präsentiert sich technisch sehr ausgereift. Arioch übernimmt
die Leadarbeit an der Klampfe, was für mich persönlich
immer wieder faszinierend ist. Denn die Doppelbelastung Instrument/Gesang
ist alles andere als ein Zuckerschlecken, was mir auch NEGURA
BUNGET Sänger Hupogrammos, der den gesamten Gig in vorderster
Reihe beobachtet und mitbangt, beim anschließenden Gespräch
bestätigt (der – ehrlich, wie er ist – zugibt,
vor allem bei besonders schwierigen Gitarrenriffs die Gesangsparts
an den Percussionisten Ageru weiterzugeben... Aber dazu später
mehr!).
Nach knappen 25 Minuten ist dann schon Schicht im Schacht. Ein
furioser Einstieg – ODEM ARCARUM sollte man unbedingt
im Auge behalten!
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AMYSTERY
:: als zweiter Act orientiert sich sehr stark an den
Anfängen der zweiten Black Metal Welle aus Norwegen. Vor
allem Darkthrones primitives Element und Endstilles feines Gespür
für Melodie und Harmonie scheinen es den Bayern angetan zu
haben. An der Performance von AMYSTERY gibt es gar nix
zu meckern, auch wenn Frontmann Nephesus (ein Exzentriker vor
dem Herrn) etwas angepisst wirkt ob der Passivität des Münchner
Publikums und sich mit debilen Aktionen (mal drückt er sich
'ne Kippe auf der Zunge, mal auf dem Oberkörper aus... was
als eher belustigend aufgefasst wurde als als furchteinflößend)
und Aussagen („Auf geht’s, ihr Wichser!“) nicht
unbedingt sonderlich beliebt macht unter denen, die die Band zuvor
noch nicht gekannt haben. Wie man sich auch ohne Imageverliebtheit
souverän präsentieren kann, hat Odem Arcanum bewiesen
und werden vor allem Negura Bunget beweisen. Im Vergleich zur
Vorband haben AMYSTERY ein wenig mit Soundproblemen an
der Klampfe zu kämpfen. Der Verzerrer scheint einen Wackler
zu haben, weswegen es ab und an zu unbeabsichtigten Dynamikschwankungen
im Gitarrenwall kommt. Ansonsten gibt’s an dem Auftritt
nichts auszusetzen und soweit beweisen Negura Bunget einmal mehr,
dass sie bei der Auswahl ihrer Begleitbands wert legen auf Abwechslungsreichtum
im stilistischen Bereich und vor allem auf Qualität.
Jetzt ist’s
aber an der Zeit für Rumäniens Exportschlager Nr. 1.
Nix da mit Starallüren oder dergleichen. ::
NEGURA
BUNGET :: bauen ihr Liveequipment selbst auf, da
wo sich andere, vom Bekanntheitsgrad ähnliche Bands noch
im Backstageraum tümmeln. Bereits kurz nach Einlass konnte
mir Gitarrist Sol einen Crashkurs in Sachen rumänischer Linguistik
geben, um anschließend der schüchternen Livekeyboarderin
Inia zu entlocken, dass sie sich nicht als festes Bandmitglied
sieht, sondern eher als Sessionmusikerin. Das sieht Negru [NEGURA
BUNGET Schlagzeuger; Anm. d. Verf.] aber anders. Während
eines kurzen und sehr gemütlichen Plausches nach dem Auftritt
zeigt er sich sehr begeistert von der aktuellen Besetzung seiner
Hauptband und geht davon aus, dass man in der Konstellation auch
langfristig zusammenarbeiten wird, auch wenn der Songwritingprozess
im berüchtigten Trio infernale (Hupogrammos, Negru und Sol)
von statten geht. Ganz nebenher bestätigt mir Negru, dass
bislang nur ein neuer Song fürs kommende Album geschrieben
wurde. Das Songwritingtempo soll in den kommenden Monaten aber
deutlich angehoben werden, damit man sich dann zeitig im bandeigenen
Studio verschanzen kann, um den hungrigen Anhängern der Band
neue Delikatessen vorwerfen zu können. So viel zu den News...
Dajana hat nicht zu dick aufgetragen, als sie meinte, der NEGURA
BUNGET Auftritt in Essen einige Tage zuvor sei einer der Top3-Gigs
des Jahres 2008 für sie gewesen. Dies trifft hier und heute
mit wenigen Abstrichen auch auf mich zu.
Hochkonzentriert, aber äußerst entspannt geht das Sextett
zu Werke und präsentiert dem dankbaren Münchner Publikum
knapp anderthalb Stunden Material zum träumen, meditieren
und zum ausrenken des ein oder anderen Halswirbels. Hauptaugenmerk
liegt zum einen auf dem richtungsweisenden Meilenstein und DEM
Referenzwerk in Sachen intelligenter Black Metal des 21. Jahrhunderts
Om und zum anderen auf dem 2002er Album 'N
Crugu Bradului, das hier fast komplett gezockt wurde.
Dass das Publikum, welches NEGURA BUNGET größtenteils
wohl erst seit dem letzten Album kennt, auch dazu am intensivsten
reagieren würde, war von vornherein klar. Aber trotzdem ein
äußerst kluger Zug, den Anwesenden auch älteres
(nicht weniger interessantes) Material nahezulegen.
Wie aus einem
Guss kommt bei glasklarem Sound (hier ein Dank an den Soundmann,
der auch auf dem Summer Breeze 2008 trotz Verspätung und
dem dadurch auf fünf Minuten reduzierten Soundcheck einen
klasse Job abgeliefert hat) jedes einzelne Instrument und Hupogrammos
Gesang deutlich zum Vorschein. Der Fronter teilt sich live (wie
eingangs erwähnt) die Gesangsparts mit dem ebenfalls äußerst
talentierten Percussionisten Ageru. Ist ja auch klar. Denn bei
solch komplexer Musik und technisch höchst anspruchsvollen
Riffs sollte man die vorhandenen Ressourcen voll nutzen, um maximale
Leistung zu erzielen...
Lässig und routiniert, aber niemals zu selbstsicher und arrogant,
kommuniziert Hupogrammos mit dem Publikum und beschränkt
sich dabei auf das nötigste. Er selbst sieht sich nicht als
großen Redner und sorgt trotzdem für den Lacher des
Abends, als Ariochs Bass zum mucken beginnt. Die dadurch bedingte
Pause nutzt der Sänger zu einem lässigen „Well,
I’m not that good at speeches... So, I suggest.... silence!“.
Und als das Bassproblem endlich behoben wurde, schiebt Hupogrammos
ein cooles „Silence always helps“ nach.
Einziger Wermutstropfen (neben den technischen Problemen mit dem
Bass) ist ein besoffener Besucher, der direkt vor Hupogrammos
hin- und herwankt und sowohl ihn selbst als auch seine Klampfe
ständig berührt, was dazu führt, dass sich die
Gitarre verstimmt. Professionell wird der angefangene Song zu
ende gespielt. Nach dem letzten Ton schiebt der Sänger seinen
Mikroständer beiseite und macht den sichtlich überraschten
Trunkenbold zur Sau. Richtig so!
Und trotzdem scheint auch NEGURA BUNGET vom Münchner
Publikum angetan zu sein, denn nach tosendem Applaus kommen die
sympathischen Rumänen noch einmal auf die Bühne, um
die schwarzen Seelen mit Vazduh in die eisig kalte Nacht zu schicken.
Setlist: IIII, Intro Bruiestru + Cunoasterea Tacuta,
Inarborat, Norilor, Hora Soarelui, II+III, Cel Din Urma Vis, Tesarul
De Lumini, Vazduh
Abschließend
möchte ich mich Dajanas Schlussworten anschließen.
Unzählige, gähnend langweilige Bands bringen Live DVDs
(oftmals mehr als eine) auf den Markt und wirklich revolutionären
Bands fehlt dann oftmals das nötige Kleingeld, ein solches
Projekt zu finanzieren. Mal sehen, ob sich ein etwas größeres
Label finden lässt, welches der Band die Möglichkeit
bieten würde, ihre denkwürdigen Liveperformances auf
DVD zu bannen, denn der Vertrag mit code666 [NEGURA BUNGETs
Label – Anm. d. Verf.] läuft nach dem nächsten
Album ab.
Hupogrammos & Co., Ihr seid immer wieder gern gesehene Gäste
bei uns und habt durch Eure freundliche und ehrliche Art einen
Haufen neuer Freunde angesammelt.