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2006-11-18 GB – London - The Forum

Frei nach dem Motto: wenn NEUROSIS nicht zu mir kommen, muss ich eben zu NEUROSIS gehen... So geschehen anno 2004, wo ich eines der besten Konzerte meines Leben erlebte (Bericht hier). 2006 nun das déjà vu: gleiche Stadt, gleiche Location, der gleiche Tag... nur einen Monat früher ;) Neben einem Festivalauftritt einmal mehr die einzige NEUROSIS Show weit und breit. Diesmal schlauer, war ich schon eine Stunde vor Einlass am Forum... mit langer Nase, die Türen machten ne halbe Stunde später als angekündigt auf. Da der Abend recht frisch war, ich durfte mir den Allerwertesten abfrieren. Dafür gab es keine um das ganze Viertel reichende Schlange. Nach und nach trudelten aber die Fans ein, einmal mehr aus aller Herren Länder. Zum Opener allerdings war der Saal noch halbleer. Bei einem Fassungsvermögen von über 2000 Leuten macht ne halbe Stunde Einlass aber auch wenig Sinn...

:: Fotos ::

Und diejenigen, die Neurosis mögen, aber den Opener CAPRICORNS verpasst haben, werden sich ärgern. Denn die Londoner Lokalmatadoren waren eine absolute Überraschung! Aus dem Dunstkreis von Orange Goblin, Bridge & Tunnel und Iron Monkey hervorgegangen, präsentierten die CAPRICORNS Tracks vom Debüt Ruder Forms Survive, eine Mischung aus Doom, Psychedelic, Drone und Sludge, mit massig tiefer gestimmten Gitarren und komplett instrumental. Quasi Neurosis (wahlweise auch Pelican) aus alten Tagen nur ohne Gesang ;) Die Jungs agierten unglaublich intensiv, aggressiv, schlugen mit Riffmonstern, Laut-Leise Taktiken und hypnotischen Melodien in Bann. Ich stand einfach nur da und lauschte und vergaß dabei beinahe das fotografieren... Einfach nur grandios! Kann ich nur empfehlen! Und wieso hab ich eigentlich dieses Album nicht?

Bei der nächsten Band MADE OUT OF BABIES musste ich erst mal rumfragen, aus welchem Lager die überhaupt kommen. Das klärte sich dann aber schnell: die New Yorker rund um Julie Christmas (Battle Of Mice) agieren unter den Fittichen von Neurot Recordings. Auf ihrer gerade laufenden Europatour zum gerade veröffentlichten Album Coward, schlossen sie sich in London Neurosis an. Julie Christmas schreien, kreischen und wispern zu hören, ist sicherlich ein Erlebnis. Wüst, schräg und schrill tobte sich Madam auf der Bühne aus, kippte sich ein ums andere Mal Whiskey in den Rachen oder kroch auf allen Vieren. Theatralik pur, passend zu Musik. „Unhinged luulabies for the psychotically deranged“ titulierte das Kerrang! neulich… Wie wahr ;) MADE OUT OF BABIES muss man wohl mögen, sonst gibt einen solch eine Show nicht viel, zumal der Sound ziemlich undifferenziert war und der Gesang zuerst kaum rüber kam. Ich bin mir allerdings immer noch nicht ganz schlüssig, war die Show jetzt grandios oder einfach nur peinlich... Battle Of Mice liegen mir jedenfalls mehr...

Dann war es soweit und NEUROSIS eröffneten ihren Set mit The Tide, einem Klassiker vom A Sun That Never Sets Album. Überhaupt ging es wieder wunderbar quer Beet durch die NEUROSIS Historie. Bis auf Left To Wander vom noch aktuellen Album The Eye of Every Storm, war die Setlist in diesem Jahr komplett anders angelegt. Ob besser oder nicht... ist Geschmackssache ;) Dafür gab es aber auch 2 brandneue Songs, die, auf den ersten Höreindruck, wieder härter und rauer ausgefallen sind. Ansonsten hat sich nicht soviel geändert. Die Haare vom Bassisten Dave Edwardson sind weg und die vom Keyboarder Noah Landis nicht mehr blond ;) Auf dem großen Screen gab es neue Visualisierungen, vermischt mit ein paar alten, die ich noch aus 2004 in Erinnerung habe. Scott Kelly war zum Ende des Sets von irgendetwas so angepisst, das er erst sein wertes Haupt am Mikroständer blutig schlug, selbigen dann in den Fotograben kickte und später auch noch nen Spiegel im Bühnenbereich zertrümmerte. Man hat schon manchmal das Gefühl, das mit Scott Kelly und Steve von Till zwei wahrhafte Diven auf der Bühne stehen... Die Bühne selbst war wieder nahezu dunkel, was zum einen die Intensität der Musik enorm verstärke, aber die diesmal zahlreich erschienen Fotografen zur Verzweiflung trieb.
Trotz einer über 25 Jahre andauernden Karriere spielen NEUROSIS ihre Shows nie routiniert runter. NEUROSIS legen immer all ihre Emotionen in die Musik, welche den Zuhörer immer wieder auf’s Neue packt und zutiefst berührt. NEUROSIS spielen nicht nur einfach eine Show, ihre Darbietung ist ein Erlebnis, eine Reise in andere Welten, ins innere Ich, an die Grenzen des Seins. Eine NEUROSIS Show ist immer etwas ganz besonders, und da so was ja nun nicht so oft vorkommt, immer eine Reise wert! Nach 90 Minuten Gänsehautfeeling war Schluss und NEUROSIS verließen die Bühne ohne eine vehement geforderte Zugabe, was dann doch zu einigem Unmut führte.
Jetzt heißt es warten, bis die Kalifornier mit den Aufnahmen zum neuen Album fertig sind und das gute Stück dann im Frühjahr 2007 veröffentlicht wird. Erste livehaftige Höreindrücke dürfte es dann auf dem Roadburn Festival im April 2007 geben, wo NEUROSIS den Samstag (21.04.) headlinen werden.
Setlist: The Tide, The Doorway, new song, Cold Ascending, Prayer, new song, Rehumanize, Eye, Left To Wander, Crawl Back In, Times Of Grace

Einmal mehr haben NEUROSIS an diesem Abend eine atemberaubende Show geboten. Das Forum war dieses Mal zwar nicht ausverkauft aber trotzdem gut voll. Das Band Merchandise ist zwar so schon nicht billig, aber in Pfund empfand ich es unverschämt teuer. Dann doch lieber die Klamotten in Amiland kaufen und den günstigen Dollarkurs ausnutzen... ;) Da bereits um 23 Uhr Schluss war und die Security es eilig hatte, die Leute auch rauszukehren, blieb umso mehr Zeit für’s Partyleben ;) Das hatte allerdings zur Folge, das ich den Solo Gig von Scott Kelly am Sonntag Abend im Borderline einfach verpennte...

 

story & pics © Dajana