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SCOTT KELLY

Boris Gott

 
2010-01-14- DE – Dortmund - Paulus Kirche

Wer Neurosis kennt (und mag), wird sich kaum wundern, wenn Fronter SCOTT KELLY neben dieser und anderer Bands noch ein bisschen mehr Raum braucht, um seine Endzeitfantasien auszuleben. Aber anstatt schwere schwarze Soundwände aufzutürmen, überzieht er den Planeten nur mit seiner Gitarre und seiner Stimme mit pechschwarzer Dunkelheit.

:: Fotos ::

Leider hatte ich SCOTT KELLY auf seiner ersten Akustiktour (ich glaub in 2007) verpasst und war nun mehr als glücklich über die Ankündigung der SCOTT KELLY Wintertour 2010 :) Zumal SCOTT KELLY auch zum zweiten Mal in der Paulus Kirche gastiert, von deren ersten Konzert wir überschwänglich positiv berichtet wurde.
Immer wieder erstaunlich finde ich die Reaktionen der Leute, wenn sie eine Kirche betreten, egal zu welchem Zweck. Die Gespräche werden leiser, die Handys ausgeschaltet und jeder fühlt sich sichtbar... anders.

Auf dem Podest steht vor dem Altar mit Bibel und Kerzen ein Notenständer, 2 Gitarren und eine kleine Marshall Box. Im Vorprogramm wärmt :: BORIS GOTT :: für 30 Minuten Herz und Sinne der Anwesenden in der kalten Kirche. Der Mann mit der weißen Weste und dem schwarzen Herz singt Lieder aus dem dunklen Herzen des Ruhrgebietes generell und seinem Wohnviertel (Nordstadt) in Dortmund im Speziellen, verwurstet aber auch schon mal bekannte Passgen wie den Refrain von Cranberries' Zombie. Die Musik ist irgendwie fröhlich, die Texte aber bitterböse und rabenschwarz, wenn auch im Stile von „Reim dich oder ich fress dich“ Wer mag, der höre in seine CD Bukowski Land rein, von der die meisten Songs stammten. Ich bin mir derweil noch nicht sicher, was ich davon halten soll...

Nach kurzer Pause baut :: SCOTT KELLY :: sein Equipment auf, geht wieder, wird angesagt und kommt zurück. Es ist mucksmäuschenstill in der Kirche, während SCOTT KELLY schniefend seine Gitarre stimmt und sich über seine kalten Finger beklagt. Danach folgt eine Stunde voll packender düsterer Songs, deren Wirkung durch die tiefe raue Stimme, die irgendwie an Leonhard Cohen und Johnny Cash erinnert, und die Akustik in der Kirche noch verstärkt wird. Es ist einfach unglaublich! Diesmal kommt die Gänsehaut nicht von der Kälte! SCOTT KELLY spielt Coversongs von Townes Van Zandt und Johnny Lee Hooker, sowie Songs von seinem Album The Wake und einen bis dato unveröffentlichten Track von Shrinebuilder, für den er aber die E-Gitarre bemüht. Leider gibt es keinen Blood In Time Song, der hier auch perfekt ins Set gepasst hätte.
Viel zu schnell ist die Zeit um und SCOTT KELLY bedankt und verabschiedet sich wieder. Die anwesenden Fans versuchen es zunächst mit Klatschen und Zugaberufen, aber die Tür bleibt geschlossen und das Publikum entschwindet in die Nacht.

Ein unglaubliches Konzert! Und meine Empfehlung: schaut euch eine der Shows an, es lohnt sich auf jeden Fall, und legt euch die die SCOTT KELLY Alben Spirit Bound Flesh und The Wake zu, und von Blood And Time At The Foot Of The Garden.

 

story & pics © Dajana