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2009-04-17 DE – München - Backstage Halle

Mit PESTILENCE meldet sich eine der legendären und ganz wichtigen Death Metal Bands der späten 80er und frühen 90er zurück. Mit dem saustarken Comeback-Album Resurrection Macabre im Gepäck macht sich die Multikulti-Truppe auf, Europa unsicher zu machen.
Großartiges Kalkül bei der Bandwahl kann man den Jungs nicht vorwerfen (sofern sie da überhaupt einen Einfluss darauf haben), denn THE NEW DOMINION sollten bislang nur Insidern etwas sagen und die norwegischen Widerständler VREID sind im Black Metal (noch) nicht die Publikumsmagneten. Da gehen andere Bands eher auf Nummer sicher und packen sich die eine oder andere angesagte Metalcore-Band mit ins Billing, um auch ja genügend Kids zu den Konzerten anzuziehen.

Demnach ist das Backstage zu Beginn, als die Tilburger :: THE NEW DOMINION :: die Bühne entern, auch verhältnismäßig leer und selbst bei den Headlinern sind die Reihen noch so licht besetzt wie mein Haupthaar sprießt.
Die Opener entsprechen rein optisch (mit Ausnahme des Gitarristen Tom und des Schlagzeugers Yuma) nicht unbedingt dem Death Metal-Klischee. Umso überraschter bin ich dann doch, wie beherzt das Quintett ihren traditionellen Melodic Death Metal mit teilweise sehr thrashigem Riffing ins Münchner Publikum bolzt. Technisch gibt’s nichts auszusetzen, die Songs sind durch die Bank hörenswert (auch wenn für meinen Geschmack die zahlreichen Blastbeats nur des Selbstzwecks wegen gezockt werden – etwas weniger würde dem sonst sehr groovigen Sound noch besser stehen), was auch vom Publikum mit mehr als nur Höflichkeitsapplaus belohnt wird, was die Band wiederum sehr zu schätzen weiß. Sänger Bart hat ein krasses Organ – dabei zeigt er vor allem bei den wenigen Ausflügen in melodischere Gefilde, dass er auch über eine sehr feine „normale“ Stimme verfügt. Hier gibt’s schon mal ganz klar einen Daumen nach oben für einen sehr kurzweiligen Einstieg in den heutigen Konzertabend.

:: VREID :: sind eine Konstante im rockigen Black Metal und haben mit Milorg erneut ein erstklassiges Album abgeliefert, das es jetzt live zu promoten gilt. Die Norweger scheinen heute recht gut gelaunt - vor allem Bassist Hváll versucht, das abwartende Münchner Publikum anzustacheln.
Den Shirts im Publikum nach zu urteilen (von Pestilence- über Carcass- bis hin zu Bolt Thrower-Shirts war der Death Metal Anteil klar überwiegend), kam jedoch die überwältigende Mehrheit wegen Pestilence, was es für VREID durch ihre sehr geradlinige Marschrichtung nicht gerade einfach machte, die anwesenden Konzertbesucher auf ihre Seite zu schlagen. Die Songauswahl, die sämtliche Veröffentlichungen berücksichtigte, war sehr ausgewogen und hitgespickt. Mit dem höllischen Groover Jarnbyrd stieg das Quartett in einen mitreißenden Gig. Die Fans nehmen selbst die relativ frischen Milorg Songs Speak Goddamnit (Gänsehautfeeling beim ruhigen Zwischenteil!!), Blücher und Disciplined wohlwollend auf, wobei natürlich Band-Klassiker wie Pitch Black die anwesenden Blackies Freudentränen vergießen lässt.
Leider gehen viele Feinheiten im Sound von VREID unter, da der Bass sehr stark in den Vordergrund gemischt wurde. Nichtsdestotrotz ein starker Gig, mit dem die Sogndaler sicherlich den einen oder anderen neuen Fan hinzugewonnen haben müssen, was mir auch Sture bei einem kurzen Plausch nach dem Konzert bestätigt. Den Merchandiseverkäufen nach zu urteilen hat die Band bislang durchaus ihren Fankreis erweitern können. Sehr fein!
Setlist: Jarnbyrd, Raped By Light, Speak Goddamnit, Disciplined, Då Draumen Rakna, Svart, Blücher, Pitch Black

Wenn während der Umbaupause für :: PESTILENCE :: das Debüt der Schweden-Sickos Death Breath im CD-Schacht rotiert, dann kann eigentlich nix mehr schief gehen. Oder etwa doch?
Erwartungsgemäß steigt das Quartett mit den beiden Album-Opener des Comebacks Resurrection Macabre Devouring Frenzy und Horror Detox in einen technisch filigranen Gig ein. Erwartungsgemäß werden alle Alben der Bandgeschichte berücksichtigt. Erwartungsgemäß werden die alten Songs in abgewandelter Form dargeboten. Klar ist es irgendwo nachvollziehbar, dass eine Band nach so langem Bestehen und einer langwierigen Auszeit keine große Lust mehr hat, alte Klassiker so zu spielen, wie sie es in den glorreichen Achtzigern und Neunzigern getan haben. Aber muss man dann gleich einen Song wie Lost Souls derart verschandeln? Wie bereits im Review zu Ressurection Macabre erwähnt, ist vor allem genannter Song ein klarer Ausreißer nach unten. Live zündet er in der Form noch viel weniger. Umso besser knallen dafür die restlichen neuen Songs wie Fiend und Hate Suicide. Bei letztgenanntem Song nützt Ausnahmeschlagzeuger Peter Wildoer (u.a. Darkane) die Gelegenheit und brettert bei Abwesenheit der restlichen Band ein Schlagzeugsolo runter, das sich gewaschen hat. Kurz darauf gesellt sich Tony Choy hinzu und ja, was soll ich sagen? Der Mann lebt jeden einzelnen Ton, den er spielt. Und wie er spielt! Selbst Laien fallen bei dem Bass Solo reihenweise die Kinnladen gen Hölle.
Ich weiß nicht, wie es bei den bereits vergangenen und nachfolgenden Dates ausgesehen hat/aussehen wird, aber Mr. PESTILENCE himself, Patrick Mameli, wirkt heute auf der Bühne derart leidenschaftslos, uninspiriert und gelangweilt, dass man sich wirklich fragen muss, ob er überhaupt noch Lust hat, auf Tour zu gehen. Selten habe ich es erlebt, dass ein „Nebenakteur“ wie Tony Choy dem Frontmann dermaßen die Show stielt, ohne selbstbeweihräuchernd das Rampenlicht zu suchen – alleine seine Performance, seine Ausstrahlung und sein Spiel machen ihn zum Gewinner des heutigen Abends.
Ach ja, nach so langer Abwesenheit auf den Bühnen dieser Welt nur eine einzige Zugabe zu spielen, grenzt an Unverschämtheit. Denn nach gut einer Stunde ist der Auftritt auch schon zu Ende.
Was gibt es sonst noch zu sagen? Ja, nach dem Konzert habe ich „Rückkehrer“ Patrick Uterwijk getroffen. Auf die Frage, ob es ein weiteres PESTILENCE mit ihm an der Gitarre geben wird, antwortete er, dass man erst einmal sehen muss, wie sich Resurrection Macabre verkaufen werde. Das Statement des Abends. Jungs, wenn ihr das nur der Kohle wegen macht, dann lasst es lieber gleich bleiben!
Setlist: Devouring Frenzy, Horror Detox, Chemo Therapy, The Process Of Suffocation, Fiend, Hate Suicide, The Secrecies Of Horror, Chronic Infection, Mind Reflection, Synthetic Grotesque, Lost Souls // Out Of The Body

 

story © Haris