A Night Of Dark Ambient Music
Desiderii Marginis - Xabec - Fjernlys - Nam-Khar - Corecass
Auch das PHOBOS FESTIVAL ist 2023 nun endlich wieder zurück! Zum zwölften Mal lädt :: Phelios :: Mastermind Martin Stürtzer zu einer Nacht der Dark Ambient Music ein. Und viele Fans folgten diesem Ruf, sogar recht zahlreich aus dem Ausland. Zum zweiten Mal findet das Festival nun in der profanierten und zur Kulturkirche umfunktionierten :: Immanuelskirche ::, im Herzen von Wuppertal-Oberbarmen statt.
Ich bin zum ersten Mal in dieser Kirche, mein bis dato einziges PHOBOS FESTIVAL fand noch in der Wuppertaler Citykirche statt. Die Immanuelskirche ist leicht zu finden, auch wenn sie ein wenig hinter hohen Bäumen versteckt liegt. Nur mit dem Parken ist es nicht ganz so einfach. Die Kirche ist eine alte Basilika mit noch vielen Holzkonstruktionen (z.B. die Bögen auf in den Seitenschiffen und das Dach). Sehr schön anzusehen und klingt auch fantastisch, auch wenn Martin für diesen Abend technische Probleme angekündigt hatte, die dann aber, zum Glück, gar nicht auftraten ;)
:: Impressionen ::
In diesem Jahr spielte Martin Stürtzer selbst nicht beim Festival, sondern kümmerte sich ausschließlich um Sound und Organisation, was ja eigentlich schon genug Arbeit ist. Das diesjährige Line-Up war mir bis auf DESIDERII MARGINIS unbekannt. Ähnlich war es ja schon bei bei meinem ersten PHOBOS FESTIVAL. Es gab also wieder viel Neues zu entdecken.
:: Fotos :: CORECASS ::
Pünktlich um 19 Uhr ging es los mit :: CORECASS ::, dem noch jungen Projekt der Hamburger Multiinstrumentalistin Elinor Lüdde, die hier mit einer großen Harfe und jeder Menge Elektronik auf der Bühne stand. Tatsächlich spielt die Dame aber auch Schlagzeug bei den Sludge/Doom Metallern von Moor? Jetzt bin ich platt! ;) Ist mit CORECASS aber auch Toursupport bei Amenra im Dezember… yay. Ich hoffe, dass ich in Bochum dabei sein kann.
CORECASS wird seit einiger Zeit von Christopher an Gitarre und Bass begleitet und spielte hier 5 der 6 Tracks vom 2020 veröffentlichten Debüt Void. Die Harfenklänge waren ein bisschen zu leise abgemischt und kamen nicht so schön zur Geltung wie auf CD. Ebenso der Gesang. Dafür waren die Orgelklänge dann umso dramatischer und erinnerten mich zuweilen an Anna v. Hausswolff. Dazu gab es eher spartanische Visualisierungen, so dass es auf der Bühne insgesamt sehr dunkel und kaum etwas zu sehen war. Gut, umso besser konnte man sich mit geschlossenen Augen in die Musik hineinfallen lassen ;)
Ein sehr schöner Auftakt zum PHOBOS FESTIVAL XII :)
Band: Elinor Lüdde, Christopher (git, bass)
Setlist: Intro, Void1, Carbon, Void 2, Amber, Void 3, Outro
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:: Fotos :: NAM-KHAR ::
Nach recht kurzer Umbaupause ging es weiter mit :: NAM-KHAR ::, einem Kollektiv aus Frankfurt. Viel mehr an Informationen über das Projekt und deren Macher findet man nicht, mal abgesehen von den zahlreichen Veröffentlichungen, Kollaborationen und Splits.
Tatsächlich standen 4 Herren und eine Dame auf der Bühne, wobei sich vier Leute an den mit Elektronik vollgestopften Tischen drängelten und der Schlagzeuger irgendwie dahinter verschwand. War von der Aufteilung nicht optimal gelöst. Andererseits… war es so dunkel, dass man eh nicht viel sehen konnte ;)
Hier gab es nun dystopisch-sphärische Sound-Kollagen mit vielen perkussiven Elementen, Klangschalen, Blechen und allerlei kleinen Dingen, die Geräusche machten. Dazu sehr ästhetische Visualisierungen, zum großen Teil in schwarz-weiß, und erst am Ende dann in feurigen Tönen. Erinnerte mich an Raison d'Être. Gut, sind ja quasi die Urväter des als solchen betitelten Genres, und waren seinerzeit mein Einstieg in den Dark Ambient. Das prägt.
Bei NAM-KHAR wird oft von rituellen Sounds gesprochen. Nimmt man die Track- und Albentitel, kommt Buddhismus hinzu, ohne aber so zu klingen. Nicht mal ansatzweise, auch wenn Passagen, gerade beim neuen Album, Bestandteile von tibetanischen Meditationen sein sollen. NAM-KHAR klingen auch nicht wie andere rituelle oder tribal-artige Bands oder Künstler, zumindest nicht, wenn es um die Bereiche geht, in denen ich mich sonst musikalisch bewege, Ambient mal außen vorgelassen (sowas wie Heilung z.B. oder okkulte Bands). Und dennoch ist die Musik von NAM-KHAR sehr einnehmend, fordernd, um sich darauf ein- und dann loszulassen.
NAM-KHAR haben im letzten Jahr ein neues Album namens Dok-Pa veröffentlicht, dem letzten Teil einer Trilogie, vom dem hier eine Neufassung von Dok-Pa Part 4 gespielt wurde, sowie ein bisher unveröffentlichtes Sielwolf & NAM-KHAR Stück: The Vajra & The Sword For Yukio Mishima. Hab ich natürlich nicht selbst erkannt, sondern die Band später gefragt ;)
Die Musik hat mich jedenfalls sehr berührt und mitgenommen. Fantastische Performance! Ich bin definitiv ein neuer Fan.
Band: Konchok Gyaltsen, Maria Martinegou, Peter Prochir, Christian Boenke, Michael Gossmann
Setlist: Dok-Pa Part 4 (Dri Za, Shidak, Gyalpo, Wendigo), The Vajra & The Sword For Yukio Mishima
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:: Fotos :: FJERNLYS ::
Ungleich weniger Informationen gibt es zu :: FJERNLYS :: (norwegisch für Fernlicht) und die wenigen dann mit einem bitteren Beigeschmack. Kaum das ich mit der Recherche angefangen hatte, stolperte ich auch schon über verschiedentliche faschistische Anschuldigungen gegenüber dem Macher Knut Enderlein und seinem Label. Hier sei direkt vermerkt, dass alle Vorwürfe aus der Zeit um die Jahrtausendwende stammen und Enderlein die Zusammenarbeit mit jener namentlich genannten Naziband beendet hat. Allerdings sei auch erwähnt, das Enderleins musikalische wie lyrische Vorlieben noch in viel späteren Interviews ihren Platz fanden und jene Naziband ungeniert auf dem Labelsampler zum 25-jährigen Jubiläum auftaucht und zwar 2016. Argh, wie ich diese undifferenzierte Braunsumpfigkeit hasse…
Wie dem auch sei, da auch schon Phelios über das Label veröffentlicht haben und Enderlein mehrfach zu Gast beim PHOBOS FESTIVAL war, gehe ich davon aus, dass Mann und Gesinnung dieser Tage zumindest unbedenklich sind. Ob nur in und für die Öffentlichkeit, kann ich nicht beurteilen.
Musikalisch aber auch hier ganz wunderbare kontemplative Klanglandschaften mit ästhetischen s/w Visualisierungen der, ich vermute mal, heimischen Bergwelt (Alpen) untermalt. Nicht ganz so düster wie gerade eben noch, und auch ein bisschen elektronischer. Der Gesang von Knut und CKS waren jeweils ein bisschen zu leise, dafür konnte man aber die Geige und Gitarre von Johannes gut hören.
Das letzte Album der Leipziger, Four, hat schon Staub angesetzt und datiert auf 2015. Allerdings gab es 2020 mit The Kingdom Of Ghosts wieder ein musikalisches Lebenszeichen. Und ich würde drauf wetten, dass dieser Track hier auch gespielt wurde.
Band: Knut Enderlein, CKS, Circular
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:: Fotos :: XABEC ::
Auch :: XABEC :: ist schon lange im Geschäft und blickt auf viele Veröffentlichungen zurück, zuletzt auf Loss Of Self, welches 2022 veröffentlicht wurde, aber eigentlich eine Liveaufnahme ist. Und einmal mehr hieß es: sich zurücklehnen und genießen, während großflächige Galaxien und Sternenexplosionen auf der Leinwand für stimmungsvolles Licht sorgten. Im Gegensatz zu den vorangegangenen Künstlern stand XABEC mit seinem Laptop und seiner Microphonic Soundbox (zumindest gehe ich stark davon aus, dass ein solches Teil mit auf dem Tisch stand) allein auf der Bühne und wirkte etwas verloren, da er sich die meiste Zeit auch tief über den Bildschirm beugte und quasi dahinter verschwand.
Und wieder kamen das disziplinierte Publikum und die dunkle Kirche der Atmosphäre und der Musik sehr entgegen. Großartig!
Band: Manuel G. Richter
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:: Fotos :: DESIDERII MARGINIS ::
Johan Levin, aka :: DESIDERII MARGINIS :: ist, ähnlich wie Peter Andersson, schon seit Beginn der 90iger dabei, ein Veteran der Szene mit zahlreichen Veröffentlichungen. Auch hier gibt es mit Bathe In Black Light ein aktuelles Album (2021), dessen Titel hervorragend zur mitternächtlichen Performance passte. Es wurde optisch noch ein bisschen düsterer, da die s/w Visualisierungen nur wenig Licht spendeten und auch Johan dicht über Tastatur und Instrumenten gebeugt stand. Das gab ihm was Spukhaftes, weil lila Licht von den Knöpfen sein Gesicht beleuchtete. Aber auch hier ging es am Ende darum, mit geschlossen Augen in die Sounds einzutauchen und sich treiben zu lassen.
Einmal mehr eine exzellente Performance und ein großartiger Abschluss des PHOBOS FESTIVALs 2023 und ein Publikum, dass sich herzlich verabschiedete und sich zufrieden auf dem Heimweg machte. Auch meine Wenigkeit ließ sich zu Devin Townsend's Dreampiece nach Hause tragen.
Band: Johan Levin
Setlist: Through A Forest Of Empty Armors, Deadbeat MMXIX, Night Grasping At Day, Ghostfires, Temple Of Andromeda, Necrose Evangelicum, Departed
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Fazit: Ja, das war einmal mehr ein großartiges PHOBOS FESTIVAL! Musikalisch haben mich alle fünf Bands/Künstler begeistert und ich habe somit viel Neues mitgenommen. Die Organisation war top, die Verpflegung auch und die Leute der Immanuelskirche super lieb.
Ich war überrascht, dass trotz der kurzen Umbaupausen jede Band ruckzuck fertig war und pünktlich auf der Bühne stand. Die befürchteten Probleme gab es, wie bereits angemerkt, nicht. Ok, hier und da war der Gesang mal zu leise, irgendwo war auch mal was kurz übersteuert, aber ansonsten war der Sound super. Das Publikum verhielt sich sehr rücksichtsvoll, quatschte nicht und störte die Shows auch nicht mit Blitzlichtgewitter oder Flaschenklirren. Sowas hat man ja auch nicht oft.
Es war sehr dunkel in der Kirche, was den Shows und der Stimmung natürlich sehr entgegenkam, auch wenn selbst Musiker schon mal Probleme hatten, was zu sehen. CORECASS haben sogar vorher im Dunklen geprobt, um sich für das Festival vorzubereiten (so Christopher). Und der eine oder andere im Publikum nickte mal kurz (und zum Teil vernehmlich ;)) weg. Fotografisch war es sicherlich eine Herausforderung. Das eine oder andere Lämpchen auf der Bühne könnte nicht schaden ;)
Ebenfalls interessant finde ich, dass man oft so wenig Informationen über die jeweiligen Künstler und Projekte in diesem Genre findet, mal abgesehen von den Veröffentlichungen an sich. Aber die wollen ja schließlich auch verkauft werden. Es ist, als würde sich jeder in seinem Kämmerlein verbarrikadieren und die Welt draußen lassen (wollen). Gut, zum Musik hören braucht man diese Infos nicht, das ist eher meine journalistische Neugier und Hintergrund für fundiertes Geschreibsel. Und vermutlich ist es auch eine eher in sich geschlossene Community, die auf das oberflächliche, öffentliche Bla Bla einfach verzichten möchte.
Martin Stürtzer hat in seinen Abschiedsworten ein neues, (noch) nicht näher beschriebenes Event für das Frühjahr angekündigt und auch eine weitere Edition des PHOBOS FESTIVALS. Schön, ich freue mich auf's nächste Jahr und bin auf die Bands gespannt! :)
Oh, und bevor ich es vergesse… Es wurden auch dieses Mal alle Shows gefilmt, so dass es in Kürze entsprechendes Material geben wird, das ich dann nachträglich hier verlinken werde. |