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2017-07-29 DE – Balver Höhle
 

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Freitag

 

Hypnopazūzu - Dool - Hexvessel - The Vision Bleak - Dornenreich - Noêta - Spiritual Front - The Moon And The Nightspirit - Lotus Thief

:: Fotos ::

 

[Psycho] Nach entspannter Nacht und Dönnekes vom Herbergsvater ging es kontinuierlich weiter: mit Verspätung. Endlich standen dann als erste Band :: LOTUS THIEF :: auf der Bühne und lieferten direkt ein Highlight des Tages ab. Optisch passte hier eigentlich kein Musiker zum anderen, aber der atmosphärische Post-Black-Metal mit Alternative-Gesang wurde so schmissig und engagiert rüber gebracht, dass die Leute trotz der frühen Stunde direkt in Schwung kamen. Toller Auftritt, mehr davon!
[Dajana] Hahaha, ja, der Hotelchef war schon goldig :) Das Hotel wird für das nächste PROPHECY FEST definitiv vorgemerkt. Wach war ich aber ausgeruht ist was anderes ;) Egal. Der zweite Festivaltag begann ungleich früher und doch mit Verspätung, denn eingelassen wurden wir erst mit dem Showbeginn. Aber dafür haben uns dann LOTUS THIEF aber mit einem fantastischen Konzert entlohnt. Die Kalifornier traten zum ersten Mal live in Europa auf und präsentierten nicht nur ihr großartiges neues Album Gramarye (musste dann auch gleich als Vinyl in meine Kollektion, schon alleine das Plattencover ist der Hammer!), sondern auch einen brandneuen und bis dato unveröffentlichten Song namens Gargantua, welcher demnächst auf einer EP erscheinen wird. Das war definitiv ein Highlight!
Setlist: The Book Of The Dead, Miseras, Discere Credas, Gargantua, Mortalis, Idisi

[Dajana] Die ersten beiden Alben hatte ich noch selbst mit Hingabe rezensiert, aber danach habe ich :: THE MOON AND THE NIGHTSPIRIT :: irgendwie komplett aus den Augen verloren. Im März haben die Ungarn nun ihr fünftes Album Metanoia veröffentlicht, von welchem sie hier die Mehrheit der Songs spielten. Für die Show beim PROPHECY FEST hat sich das Duo, das live üblicherweise mit Gergely Cseh am Bass und Gábor Végh an den Drums und Percussions auftritt, als besonderen Gast Yasen Lazarov von der bulgarischen Band Irfan dazu geholt, der die Kaval (Balkanflöte, bulgarisches Nationalinstrument) spielte, welche dem Set eine besondere Note verlieh.
[Psycho] Das war auf jeden Fall mal ein krasses Kontrastprogramm, welches die Ungarn da boten, aber zum Glück ein schönes. Bei dieser Art von Musik muss man eigentlich immer an Dead Can Dance denken, aber THE MOON AND THE NIGHTSPIRIT sind musikalisch beschlagen genug, um sich auch solchen Vergleichen stellen zu können. Von der Ausrichtung her insgesamt etwas weniger abwechslungsreich als die Referenz und nicht ganz so perkussiv, wurde hier ein toller Auftritt geboten. Das Publikum klatschte nach jedem Song begeistert, was die Musiker sichtbar glücklich machte. Geht doch... ;-)
[Dajana] Der Applaus war schon enorm. Ich hätte jetzt nicht erwartet, das THE MOON AND THE NIGHTSPIRIT so viele Fans haben. Toll!
Setlist: A Hajnal Köszöntése, Alkonyvarázs, Mystérion Mega, Éjköszöntő, Az Elsö Tündér Megidézése, xxx, A Fény Diadala, xxx

[Psycho] Während sich die Verspätung weiter entfaltete, konnten wir uns ein wenig zu Mittag stärken. Dann ging es weiter mit :: SPIRITUAL FRONT ::, die ich auch nur dem Namen nach kannte. Erwartet (warum auch immer) hatte ich etwas in Richtung Martial Neo Folk o.ä., stattdessen fühlte ich mich eher an Folk Rock mit leichten Anklängen zur Hamburger Schule erinnert. Interessant.. Letztendlich aber dann doch nicht so mein Ding, trotz durchaus lebhafter Show.
Kurios: während andere Bands die Leinwand hinter der Bühne für atmosphärische Filmschnipsel, die Einblendung von LP-Covern oder psychedelische Lichteffekte nutzten, zeigten SPIRITUAL FRONT lieber Pier Paolo Pasolini's Zweitwerk Mama Roma mit spanischen (!) Untertiteln – warum auch immer...
[Dajana] Künstlerische Freiheit ;) Und jau, die Show war wirklich sehr beschwingt, hatte teilweise was von Johnny Cash und dann wieder was von Dark Cabaret. Das hat richtig Spaß gemacht.
Setlist: The Shining Circle, Cold Love (In A Cold Coffin), I Walk The (Dead)Line, Hey Boy, Jesus Died In Las Vegas, Ragged Bed, Cruisin', Love Through Vaseline, No Kisses On The Mouth, Slave, Children Of The Black Light, Bastard Angel

[Psycho] Wer bisher dachte, nur Schwadorf könne richtig Zeit schinden, hat den Soundcheck von :: NOÊTA :: noch nicht erlebt. Kunststück, wenn man sein Equipment nicht in bühnentauglichem Zustand mitbringt. So waren wir dann schon bei über 50 Minuten angelangt, bevor es endlich losging.
Die aktuelle Platte Beyond Life And Death gefällt mir an sich sehr gut, live fielen aber (neben den massiven Soundproblemen) sofort zwei Dinge auf: Sängerin Êlea klingt deutlich kraftvoller und zugleich wärmer als im Studio, schön! Und sie musste die Show quasi alleine schmeißen, denn ihr Partner Ândris an der Gitarre konnte leider weder technisch, rhythmisch noch sonst wie etwas Konstruktives zu diesem Auftritt beitragen. Gut, dass so viele Samples aus der Konserve kamen...
Insgesamt hatte das aber dann doch maximal den Charakter einer ersten Bandprobe, weswegen NOÊTA – immerhin konsequent – vorzeitig abbrachen. Schade, auf den Gig hatte ich mich im Vorfeld gefreut...
[Dajana] Die lange Wartezeit und die mittlerweile 1-stündige Verspätung zerrten sicht- und hörbar an den Nerven aller Beteiligten. Von den Fans kamen schon reichlich Rufe, man möge doch endlich beginnen und auch die Gesichter der Sound-Crew sprachen Bände. Sowas ist natürlich schon sehr ärgerlich, um es milde auszudrücken. War natürlich auch ein Dilemma für die Band, die lange nicht so wohlwollend mit Applaus und Aufmerksamkeit bedacht wurde, wie sie es musikalisch vielleicht verdient hätte.
Setlist: Pneûma, Beyond Life, In Drowning, Darkest Desires, Hades, In Void, Draumr

[Psycho] Mangelnde Kompetenz wäre sicherlich das letzte, was man :: DORNENREICH :: vorwerfen könnte. In Rekordzeit war die Bühne umgebaut, und schon ging es los mit der akustischen Hatz durch das gesamte Schaffenswerk. Musikalisch war das ganz klar eines der Highlights des Tages, wofür die beiden Musiker zurecht vom Publikum abgefeiert wurden. Trotzdem muss ich sagen, dass der Gesangsstil von Eviga mir bei der akustischen Interpretation der Stücke einfach nicht so recht gefallen will. Hab da leider immer den (subjektiven) Eindruck, als ob das mit anderem Gesang noch viel besser sein könnte...
[Dajana] Der Gesang ist schon etwas speziell. Man mag ihn oder auch nicht. Aber keiner faucht und wispert so schön wie Eviga. Ich finde, dass gerade der Gesang die Musik so besonders macht und immer wieder Gänsehaut verursacht.
DORNENREICH
haben tatsächlich vom ersten Demo bis zum letzten Album jeweils einen Song gespielt. Und von 2008er In die Luft Geritzt auch noch ein paar mehr ;)
Und DORNENREICH werden immer abgefeiert! Ich habe noch kein Konzert erlebt, wo die Fans nicht zu Tränen gerührt oder ganz und gar verzückt waren.
Setlist: Intro, Meer, Schlangenheil, Flügel in Fels, Innerwille ist mein Docht, Hofesfest, Entwaffnet, Aus längst verhalltem Lied, Im ersten aller Spiele, Unruhe, Ich bin ein Stern, Erst deine Träne löscht den Brand, Reime faucht der Märchensarg, Jagd

[Psycho] Immer für eine - in diesem Fall unfreiwillige - Überraschung gut sind :: THE VISION BLEAK :: , die die Enttäuschung bzgl. des Noêta-Gigs tatsächlich toppen konnten. Denn aufgrund einer kurzfristigen Erkrankung des zweiten Gitarristen Josi konnte die Band leider nicht ihr ganzes Set spielen, obwohl man im Vorfeld ja extra für heute zusätzliche klassische Musiker mit eingeladen hatte. So gab es dann (nach sehr langem) Soundcheck nur gefühlte 5 Songs (können auch 6 gewesen sein), bevor der Spuk ohne Erklärung auch schon wieder vorbei war.
Die vielleicht halbe Stunde hat zwar richtig Spaß gemacht, aber das abrupte Ende ließ doch große Teile des Publikums rätselnd und enttäuscht zurück. Von Seiten des Veranstalters war hinterher (indirekt) zu hören, man hätte keine offizielle Info rausgegeben, weil sich das bei so kleinen Festivals sowieso schnell von alleine herumspricht. Meine Erfahrungen mit dem „Stille-Post-Prinzip“ sind da weniger vertrauensselig, aber gegenüber zahlendem Publikum sollte man seine Informationspflicht ruhig ein wenig ernster nehmen.
[Dajana] Naja, es waren ein paar Songs mehr. Tatsächlich wurden nur 2 Stücke gestrichen. Ärgerlich war das trotzdem. Und es hätte auf jeden Fall ein kurzes Statement von der Bühne kommen können, um das Publikum zu informieren. Die Performance mit den Shadow Philharmonics war aber schon genial, verlieh den Songs noch ein bisschen mehr Tiefe und Dynamik. Selbst Cthulhu war mit uns und breitete wohlwollend seine Tentakel über die felsige Decke der Höhle aus. Ich hab es gesehen ;)
Setlist: Spirits Of The Dead, From Wolf To Peacock, Carpathia, Into The Unknown, The Whine Of The Cemetery Hound, Deathship Symphony, By Our Brotherhood With Seth

[Psycho] :: HEXVESSEL :: aus Finnland waren die zweite Non-Label-Band und mir bis dato völlig unbekannt. In ganzer Länge präsentierte sich dann eine Combo, die sich einer Art 70ies-lastigem Folk Rock verschrieben hat. Die Darbietung war sehr kompetent und professionell, musikalisch war es aber nicht mein Ding, und allmählich machte sich auch ein wenig Erschöpfung breit – der Aufnahmefähigkeit des Menschen sind halt doch Grenzen gesetzt.
[Dajana] Ich mag ja die Stimme und den Gesang von Mat McNerney sehr. Sei es nun aktuell bei HEXVESSEL oder den Grave Pleasures oder früher bei Code. Und ich mag die Musik von HEXVESSEL sehr, da dürfte es wenig wundern, dass ich einmal mehr von der Show absolut begeistert war :)

[Psycho] Tatsächlich merkte man dem Publikum inzwischen eine gewisse Ermattung an, gab es doch viele Eindrücke zu verarbeiten und durchaus reichlich anspruchsvolle Musik. Wie gut, dass die Prophecy-Crew mit ihrem derzeit heißesten Eisen noch ein Ass im Ärmel hatte: :: DOOL :: traten der versammelten Meute noch mal so richtig in den Hintern. Dabei konnte der Auftritt auch höchste Erwartungen erfüllen. Die Energie schwappte nur so von Bühne, die Band war trotz Ende der aktuellen Tour noch enorm spielfreudig, und die Songs sind sowieso der Hit.
Größter Pluspunkt ist aber einfach Ryanne van Dorst – gäbe es den Begriff des Rockstars noch nicht, müsste man ihn spätestens jetzt erfinden. Sie erfüllt einfach alle Kriterien: Stimme, Charisma, Leidenschaft und Attitüde. Da gilt es fast aufzupassen, dass der Rest der exzellenten Band nicht ins Hintertreffen gerät. Wäre nicht die erste Band, die mit so was ein Problem bekommt.
Zwischen (fast) allen Tracks des Debüts Here Now, There Then gab es auch noch einen neuen Song zu hören, der mir ebenfalls gut gefiel. Schätze, da kommt wieder was Großes auf uns zu. Lange wird man DOOL wohl nicht mehr in so einem intimen Rahmen bestaunen dürfen...
[Dajana] Scheiße war das geil! Wir waren ja von Freunden, die DOOL bereits live gesehen hatten, „vorgewarnt“ worden. Aber das mich, uns, alle… die Holländer so dermaßen von den Füßen hauen würden… Wow! Diese Frau hat ein unglaubliches Charisma und eine Wahnsinns Bühnenpräsenz. Und die Energie eines Vulkanausbruchs. Einfach der Hammer! Ich bin hin und weg! ♥
Und das neue Album… you know, musste unbedingt auch mit ;)

[Psycho] Mit schließlich fast 90 Minuten Verspätung nahte dann doch das Ende des Festivals mit dem ersten Deutschland-Auftritt von :: HYPNOPAZUZU ::, einer neuen Band um David Tibet (Current 93) und Youth (Killing Joke), von der praktisch noch niemand im Vorfeld etwas gehört haben dürfte. Vor inzwischen deutlich ausgedünnter Zuhörerschar legte die Band engagiert los, aber der Funke wollte insgesamt nicht so recht rüberspringen.
Ich weiß nicht, wie das Ganze auf CD klingt, aber nach diesem Tag war mir vor allem das permanent in der falschen Tonhöhe vorgetragene Genöle von David Tibet einfach zu anstrengend, als dass die durchaus interessante Musik (eine Mischung aus psychedelischen Ambientstrukturen und Drums) es für mich noch hätte retten können. Ehrlich gesagt klang das auch mehr nach Current 93 als nach Killing Joke (oder etwas Neuem), keine Ahnung also, was Youth in die Band eingebracht hat – außer dem Ehrenpreis für das scheußlichste Musiker-Outfit, den er sich wirklich redlich verdient hat.
In Summe führte das dann dazu, dass wir uns schon vor Ende des Konzerts auf den Weg ins Hotel machten, wo zumindest ich sofort tot ins Bett gefallen bin. Vor 30 Jahren wäre mir das nicht passiert...
[Dajana] Ich war ja schon sehr, sehr neugierig auf die Show. Mit Current 93 kenn ich mich überhaupt nicht aus, aber alleine die Tatsache, dass Youth von Killing Joke mit von der Party ist, machte es für mich interessant. Und tatsächlich fand ich die Mischung aus gesungener oder fast gesprochener Erzählung und den dramatisch düsteren Musikkollagen und teils sehr spacigen Sounds sehr spannend. Allerdings hatte ich das Gefühl, das Sänger David Tibet stoned und/oder betrunken war, da seine Aussprache sehr verwaschen war. Ich musste mir aber sagen lassen, dass er immer so klingt ;) Dem entgegen stehen wiederum die ersten Trackveröffentlichungen auf YouTube zum Debüt Album Create Christ, Sailor Boy, welches am 26. August erscheinen wird, und auf welchen der Gesang viel klarer und druckvoller klingt. Nun, wir werden sehen.
HYPNOPAZUZU
als Headliner funktionierte allerdings nicht. Wie Psycho schon sagte: die Luft war raus und den eigentlichen Headliner hatten wir schon mit Dool, bei dem sich jeder noch einmal verausgabt hatte.
Setlist: Your Eyes In The Skittle Hills, Incidentally – Shaitan, Christmas With The Channellers, The Crow At Play, The Sex Of Stars, Magog At The MayPole, Sweet Sodom SingSongs, Pinocchio's HandJob, The Auras Are Escaping Into The Forest, Night Shout, Bird Tongue

[Psycho] Damit ist es dann auch schon wieder vorbei, das PROPHECY FEST 2017. Trotz langer Tage eine wirklich kurzweilige und empfehlenswerte Veranstaltung. Umso bedauerlicher, dass aufgrund des nicht erreichten Break Even bei den Zuschauerzahlen im nächsten Jahr eine Pause eingelegt werden muss. Ich hoffe doch stark, dass dies nicht das Ende für dieses Festival darstellt. Evtl. hilft es ja, die Veranstaltung etwas knackiger auf einen Tag zu konzentrieren, aber schauen wir einfach mal, was passieren wird.
Musikalisch hat es sich auf jeden Fall gelohnt, wobei DOOL klar die Nase vorn hatten, aber auch LOTUS THIEF, GLERAKUR, SOROR DOLOROSA, THE MOON AND THE NIGHTSPIRIT und THE SUN AND THE SLEEPLESS haben für mich erinnerungswürdige Auftritte hingelegt. Eigentlich müsste ich da auch noch THE VISION BLEAK nennen, aber das war ja nun leider doch etwas kurz.
Ansonsten war bei der gebotenen Vielfalt eigentlich für jeden was dabei, und der Veranstaltungsort an sich ist auch nicht zu toppen. Hoffen wir auf ein Wiedersehen!

[Dajana] Auf jeden Fall! Egal, wo, wann und wie Prophecy Productions das nächste Festival ausrichten werden – ich werde es unterstützen und auch wieder dabei sein. Wenn es irgendwie geht. Das PROPHECY FEST ist und bleibt ein fantastisches Festival mit außergewöhnlichen (Label)Bands und einer außergewöhnlichen Location. Danke Prophecy-Team, ein Dankeschön an die Crew, die helfenden Hände, an die Versorger und Fiedel-Security Team. Es war uns ein Fest und eine Ehre. Chapeau!

 

story © Psycho & Dajana • pics © Dajana & Dajana Winkel • Photography