2011-06-11 DE – Gelsenkirchen - Amphitheater
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Iced Earth - Amorphis - Morgoth - Bullet - Epica - Disbelief - In Solitude - Dreamshade

[Psycho] Andy wollte mir am Vorabend zwar nachdrücklich den Teppichboden seines Hotelzimmers schmackhaft machen, aber zu Hause schläft es sich halt doch immer noch besten. Und weit hatte ich es ja zum Glück auch nicht, was den Samstag folglich sehr entspannt beginnen ließ. Was zunächst im krassen Gegensatz zum gestrigen Weltuntergang stand, sich aber natürlich noch ändern sollten…
[Dajana] Unsereiner hatte es sogar noch komfortabler, da selbiges Hotel wie Andy, zwei Zimmer weiter (dazwischen Enslaved *lach*) und nicht so ne luxuriöse Suite, aber nu. Wiebke und ich haben daher Freitag Nacht die Puppen tanzen lassen, was zu einigen Anlaufschwierigkeiten am Samstag Mittag führte. ABER: wir standen pünktlich zur ersten Band im Fotograben, auch wenn wir vermutlich reichlich derangiert wirkten ;)

:: Fotos ::

[Dajana] So, und der Opener am Samstag hiess :: DREAMSHADE :: und stammte aus der italienischsprachigen Schweiz. Das Amphitheater war nur recht spärlich besucht, immerhin lockte (oder trieb) die Sonne den einen oder anderen vor die Bühne, nebst einer kleinen Schar Kiddies, die wohl zu einem Fanclub gehörten oder so ;) Musikalisch gab es melodischen Death Metal der schwedischen Sorte, Soilwork liessen grüssen. Die Band war ohne Keyboarder angereist, was dem Sound zugute kam, denn er fiel so um einiges aggressiver aus, als auf dem kürzlich erschienen Debüt What Silence Hide, wo die Keys doch recht prägnant im Vordergrund stehen. Ok Jungs, danke, wir sind wach!
[Wiebke] Der Kaffe hatte leider seine Wirkung noch nicht voll entfaltet, als DREAMSHADE die Bühne enterten. Auch wenn die Schweizer so ihre Momente hatten, bleib ich doch lieber bei den Originalen.
[Zwiebel] Anscheinend bin ich noch nicht zu alt für den Scheiss. Ich habe keinen Kater und selbst der spanische Kohltopf aus der Dose mundet noch. Großartig, also Bier reingepfiffen und ab zur ersten Band des Tages. DREAMSHADE, die neue Melotot Entdeckung aus der Schweiz. Ich hatte ja etwas Hoffnung, aber die Mischung aus Göteborg und Core geht mir irgendwie nicht rein. Technisch sauber ist es zwar, aber die Bühnenshow ist eher mau und der Sänger kommt sehr, sehr unsympatisch rüber.

[Psycho] :: IN SOLUTUDE :: gehören mit zu der inzwischen anscheinend endlosen Masse junger Bands, die sich mit Hingabe dem Erbe des 80er-Metals widmet. Wenn man mir das vor 10 Jahren prophezeit hätte, hätte ich ihr/ihm kein Wort geglaubt…
Jedenfalls wirkten auch IN SOLITUDE so, als hätten sie sowohl Platten- als auch Klamottenschrank ihrer Eltern geplündert und sich danach für Mercyful Fate entschieden. Geschmackvolle Wahl, aber so richtig zwingend war das leider noch nicht, was es da zu sehen oder zu hören gab. Solide Show von einer Band, die ihr an sich großes Potential noch nicht vollständig umzusetzen vermag. Und der Gesang ist sicherlich noch verbesserungsbedürftig.
[Dajana] Das mit dem Gesang lag vielleicht auch am „Zustand“ des Sängers. Ich bin mir nicht sicher, ob er nun betrunken oder stoned war, vielleicht auch beides… und vielleicht ein bisschen zu aufgesetzt aggro ;)
[Psycho] Es fiel aber auf, dass bereits zu diesem Zeitpunkt der Publikumsandrang größer war als auch im späteren Verlauf des Vorabends.
[Wiebke] „Putzige Jungs“ - mein erster Gedanke. Aber die Mucke macht richtig Laune. Schade, dass es so hell ist…
[Zwiebel] Eine Mischung aus Maiden und Merciful Fate, die zum mitwippen einlädt. Schade das der Sänger sich immer hinter seinen Haaren versteckt. Ansonsten eine (der vielen) Hommagen an die gute, alte Zeit. Da wird man doch schon eher warm mit dem Tag. Apropos, die Sonne brennt heute doch ziemlich, ein guter Tag um zu feiern.

[Psycho] Mit :: DISBELIEF :: scheint es irgendwie nie richtig voran zu gehen, trotz permanent starker Alben und einem völlig eigenen Stil. Neben vielen, vielen Umbesetzungen und den dadurch entstehenden Brüchen bzw. Neustarts hat die Band einfach auch immer wieder eine Menge Pech gehabt. Danach sah es zunächst erneut aus, denn nachdem schon das von CD eingespielte Intro nicht so recht wollte, lief beim ersten Song nur die Backline, nicht aber die PA. Das war natürlich Gift für den DISBELIEF-Sound, der nicht zuletzt auch von seiner enormen Wucht lebt. Zum Glück konnte das Problem aber dann schnell behoben werden. Sänger Jagger war als langjähriger Rock Hard-Fan sichtlich bewegt, jetzt auf dem Festival spielen zu können, und beeindruckte wie eigentlich immer mit seinem unglaublich brutalen und emotionalen Gesang. Beim Publikum erarbeitete man sich so zusammen mit dem engagierten Stage-Acting einen Achtungserfolg, allerdings habe ich die Band auch schon deutlich stärker gesehen.
[Dajana] War natürlich ein bisschen schade, aber ich finde, DISBELIEF haben’s dann doch wieder rausgerissen. Schlagzeuger Corny hatte scheinbar einen Höllenspass hinter dem Kit, auch Neugitarrero Wolfgang Rothbauer machte eine gute Figur. Lediglich Alex könnte noch ein bisschen mehr aus sich rausgehen ;)
[Wiebke] Bewegungsarm? Der Gute war doch die ganze Zeit am Moshen…
[Zwiebel] Gut, die Show ist nicht ausgelassen, aber das passt auch nicht zu dem Brett was die Jungs da abfeuern. Ganz im Zeichen von EHEC frag Jagger auch ob wir alle echt krank werden wollen. Ausserdem fällt jetzt auf, dass der Sound heute deutlich besser ist als gestern, da macht so eine Dampfwalze natürlich doppelt Spaß. Die Meute geht auch gut mit, besonders als Last Force Attack! dem Rock Hard gewidmet wird. Wenn ich meinen Nebenmann kurz zitieren darf:“Geht richtig gut rein“.
Setlist: A Place To Hide, Sick, Rewind It All, The Last Force: Attack!, Misery, Hate/Aggression Schedule, Navigator, Room 309

[Psycho] Bei :: EPICA :: war ich dann erstmal einen Happen essen; ist halt nicht so mein Ding, wenn natürlich rein technisch über jeden Zweifel erhaben. Hab dann später aber noch reingeschaut und fand es… äh… also… tja, niedlich trifft es wohl am besten. Darf man das sagen, ohne dass da sexistische Hintergedanken unterstellt werden? Nein? Ok, dann sage ich lieber nichts…
[Dajana] Female fronted Zeugs liegt mir genauso wenig. Immerhin ist Simone Simons aus photographischer Sicht ein Hingucker, singen kann sie ja - rein objektiv betrachtet - auch. Aber die Mucke kommt eigentlich noch besser ohne Gesang ;) Apropos niedlich… es gab lautstarke „Ausziehen“-Rufe, die Frau Simons dann pikiert und spitz mit einem „Nein, Danke“ quittierte *lol* War ja Rockpalast-Tag und die Fernseh-Kameras liefen mit…
[Wiebke] *zustimm* Es machte viel mehr Spass Coen dabei zuzuschauen, in welche Richtungen man einen Keyboardhalter überall hinschwenken kann ohne dabei vom Podest zu fallen.

[Psycho] Ach, was waren die 80er schön! Da konnte man abrocken wie AC/DC, posen wie Accept und dabei eine Menge Spaß haben. Und wer damals (altersbedingt) nicht dabei sein konnte, für den liefern :: BULLET :: 1A-Anschauungsmaterial mit unbedingter Party-Garantie! Prompt wurde es das erste Mal richtig voll vor der Bühne, und die Menge feierte die 5 Schweden einfach nur gnadenlos ab. Zu Recht, denn bei dieser Show blieb definitiv kein Kopf unbewegt. BULLET explodierten förmlich vor Spielfreude, lieferten eine fast perfekte Songauswahl und waren einfach nur mitreißend. Zudem hatte die Band auch noch Glück mit dem Sound; war dieser bis dato immer etwas schwammig gewesen, so klang es nun glasklar und druckvoll aus den Boxen. War es daher ein Wunder, dass die Menge die Band gar nicht wieder gehen lassen wollte? Keine Frage, die Messlatte für die noch folgenden Bands war nun verdammt hoch gelegt.
Setlist: Highway Pirates, Back On The Road, Turn It Up Loud, Stay Wild, Rambling Man, Roadking, Dusk Til Dawn, Pay The Price, Bite The Bullet

[Psycho] Zum Glück sind :: MORGOTH :: in einem ganz anderen musikalischem Metier beheimatet, so dass man nicht gezwungen war, direkte Vergleiche anzustellen. Die offiziell nur für die Jubiläumsfeierlichkeiten zum Erscheinen der Cursed LP vor 20 Jahren und für diese Festival-Saison reformierten Sauerländer boten nun feinsten Death Metal, der wirklich verdammt tight runtergezockt wurde. Die Songauswahl war wirklich perfekt aus den ersten vier Veröffentlichungen zusammengestellt; was man an Hits in der knappen Zeit unterbringen konnte, wurde auch gespielt. Auffällig war zum einen, dass man bei einigen Songs minimale Korrekturen vorgenommen hat, und dass Marc Grewe inzwischen viel höher singt als früher. Sehr vernünftig, denn so klang es immer noch schön räudig, aber für seine Stimme war das sicherlich sehr viel gesünder als das Gegrunze in den 90ern. Und weil es gerade so schön war, fing es beim letzten Song endlich mal wieder so richtig zu regnen an…
[Wiebke] Wow, endlich habe ich die Sachen, die ich damals aus dem Radio (ja, es gab mal Metal auf öffentlichen Radiosendern!) aufgenommen hatte, live zu sehen/hören bekommen.
Setlist: Body Count, Exit To Temptation, Unreal Imagination, Travel, Resistance, Suffer Life, Pits Of Utumno, Burnt Identity, Sold Baptism, Under The Surface, Isolated, White Gallery

[Psycho] …nur das der Wasserfall diesmal nicht nach wenigen Minuten wieder aufhörte, sondern es sehr munter eine ganze Weile weiter plätscherte. Bei Temperaturen deutlich unter 20 Grad und böigem Wind alles andere als ein Vergnügen. Auch auf dem Zeltplatz ging es wohl drunter und drüber, so manches Zelt blieb leider nicht stehen oder aber lief voll Wasser. Was bedeutet, das :: AMORPHIS ::, zunächst vor einem fast leeren Rund begannen, obwohl es klar war, dass viele Anwesende die Band zu ihren Favoriten zählte.
[Wiebke] Zugegeben, ich bin klatschnass und meine Laune ist sowas von im Keller. Was habe ich denn nun schon wieder angestellt, dass es ausgerechnet vor AMORPHIS so gallern muss???!!! Egal, die neuen Backdrops sind riesig und sehen absolut klasse aus. Das Intro geht los, die Herren entern unter Gejohle die Bühne. Mir steigen ein paar Tränchen in die Augen, als die Finnen mit Battle Of Light, dem Opener des neuen Werks The Beginning Of Times loslegen. Live wird er ein bisschen härter gezockt und schon ist man im richtigen AMORPHIS-Gefühl. Das Sextett hat sich auf eine Hitlist geeinigt - gewürzt mit ein paar neuen Stücken - und kann damit gar nichts falsch machen. Passend zur guten Stimmung kommt dann auch schnell die Sonne wieder heraus. Tomi fegt wie gewohnt über die Bühne und lässt seine Dreads wirbeln, während die anderen es wie gewohnt langsamer angehen lassen. Begeisterung kommt traditionell bei den älteren Stücken auf, so dass gerade Cast Away gebührend abgefeiert wird. (Gell, Terry?!) Bei House Of Sleep bittet Tomi dann um Gesangshilfe beim Publikum. Das Unternehmen great anfangs ein wenig ins Stocken, aber am Ende grölen dann doch ein paar Kehlen den Refrain mit. Allerdings habe ich das schon deutlich massiver erlebt. Egal, das Set ist viel zu schnell zu Ende! AMORPHIS werden mit herzlichem Applaus verabschiedet und meinetwegen hätten sie noch mindestens eine halbe Stunde weiter spielen können, denn ich war immer noch in Herumtobelaune ;) Ach ja, ich hätte die Band auch gerne angesagt… *lach*
[Dajana] Also ich muss ja sagen, ich find das neue Album The Beginning Of Times todlangweilig und viel zu schnulzig. Aber live rocken die Finnen wie Sau und es macht immer wieder Spass die Jungs auf der Bühne zu sehen, auch wenn solche Schmachtfetzen wie You I Need schon arg an den Zähnen ziehen. Nix gegen Romantik, ich mag’s halt nur anders romantisch ;)

Setlist: Battle For Light, My Enemy, Smoke, Sky Is Mine, You I Need, Towards & Against, Heaven Of My Heart, Three Words, Silver Bride, Against Widows, Crack In The Stone, Cast Away, House Of Sleep

[Dajana] Headliner-Zeit! Mit viel Regen drin… Als wir das Hotel verliessen, waren :: ICED EARTH :: gerade angekommen, also immerhin schon alle da. Matt Barlow wurde natürlich umgehend belagert. Kein Wunder, dies ist nun seine Festival-Abschiedstour. Nach dem WOA wird einer der grandiosesten Sänger das Feld räumen. Es ist zum Heulen. Genau deswegen hat wohl auch der Himmel nochmal die Schleusen geöffnet, insbesondere zu Jack und The Hunter goß es in Strömen, wo ich mich dann auch kurz untergestellt habe, nur um bei Melancholy (Holy Martyr) wieder (mit regenfreien Bier) vor der Bühne zu stehen. Matt wurde abgefeiert bis zum geht nicht mehr, sein Name allenthalben lautstark skandiert. Verdammt noch mal, was soll der Scheiß eigentlich, von wegen aufhören?
[Terry] Zunächst noch mit Kumpel Maddin auf den Rängen am abgehen, musste ich dann auch irgendwann näher ran und traf prompt Dajana. Die Show war einfach mitreißend und denkwürdig, auch dank des differenzierten und druckvollen Sounds. Man schaue sich nur die Hammersetlist inklusive der Something Wicked This Way Comes Abschlusstrilogie an! Habe jetzt noch die Lead-Melodie von Birth Of The Wicked im Kopf… Tja, das Sängerhickhack ist natürlich etwas peinlich und schade. Wusste Matt vor drei, vier Jahren doch auch schon, dass das Tourleben wenig Platz für Familie lässt. Aber er ist nun mal der einzig Wahre (zumindest für ICED EARTH).
[Wiebke] Das ich Melancholy mit Matt doch noch einmal live erleben würde, hätte ich auch nicht gedacht. Wahnsinn und zum zweiten Mal Gänsehaut…
Setlist: 1776, Burning Times, Declaration Day, Vengeance Is Mine, Violate, Watching Over Me, Last December, Travel In Stygian, I Died For You, Jack, The Hunter, Melancholy, Prophecy, Birth Of The Wicked, The Coming Curse, Colors, My Own Savior, Iced Earth

[Dajana] Und wieder neigt sich ein Festivaltag seinem Ende entgegen. Das Wetter meint es nicht sonderlich gut mit uns, nach dem Regen kommt die Kälte aber mit ein paar wohlverdienten Cocktails und Bier lässt sich das prima ertragen ;)

 

story © Psycho, Terry, Wiebke, Zwiebel, Dajana • pics © Dajana