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2007-02-17 AT – Salzburg - Rockhouse

Samstag ist wirklich der ideale Tag für ein Konzert im Salzburger Rockhouse. So haben wir nämlich nach der gemütlichen Anreise im Semesterferienverkehrschaos ein paar Stunden Zeit, die Sehenswürdigkeiten von Mozarts Geburtsstadt zu erkunden. Wir mischen uns also in der berühmten Getreidegasse unter die Touristen und schlendern bei angenehmen Temperaturen an der Hausnummer 9 vorbei, wo wir im Halbdunkel ein paar finstere Gestalten beim Posen vor der Kamera erblicken… bei genauerem Hinsehen entpuppen sich die Gesellen tatsächlich als die Hauptband der DOMINATION TOUR: Sakis und seine Mitstreiter von ROTTING CHRIST schießen ein paar Erinnerungsfotos fürs Familienalbum! Nach dieser lustigen Begegnung statten wir noch dem Musikgeschäft Heavy Rotation einen Besuch ab. Am frühen Abend gegen 18.30 geht es dann aber schon – wie gewohnt pünktlich – mit dem Programm los.

:: Fotos ::

:. INACTIVE MESSIAH ~ Vorsicht Suchtgefahr
INACTIVE MESSIAH sind wohl nur den wenigsten Besuchern ein Begriff, ich kenne ihr Album Be My Drug ein wenig und freue mich schon auf den leider nur halbstündigen Auftritt. Dieser bietet dann neben dynamischem Dark Metal auch optisch einiges für die anwesenden Damen (die heute nur etwa 10 % des Auditoriums ausmachen). Wer auf Moonspell steht und auch den sinfonischen Ausflügen im Stile Therions etwas abgewinnen kann, ist bei INACTIVE MESSIAH bestens aufgehoben. Demnach ist der Albumtitel auch wörtlich zu nehmen, denn die dunkel rockenden Klänge ziehen mich in ihren Bann. Die leider nur sehr spärlich zu dieser für Metalfans schlaftrunkenen Stunde anwesenden Zuhörer finden schnell an der eingängigen und unterhaltsamen Darbietung Gefallen und auch die Band selbst hat ihren Spaß. Besonders beim simpel Sing betitelten Liedchen kommt Stimmung auf, was am einprägsamen Refrain liegt, den alle nach einmaligem Hören mitgrölen können und den Sänger bei der Textpassage „I am waiting for your requiem“ akustisch unterstützen. Anstelle der Band hätte ich das bärenstarke Michael Jacksons-Cover Beat It sicherlich mit in die Setlist aufgenommen – so setzten INACTIVE MESSIAH auf eigenes Material und verbuchen einen Achtungserfolg. Beim nächsten Mal würde ich jedoch zu einer explosiveren Bühnenshow raten.

:. HARM ~ Thrash Til Helvete
HARM aus dem hohen Norden schlagen in eine gänzlich andere Kerbe: Thrash Metal heißt nun das Gebot der Stunde. Der erste Eindruck ist ambivalent: einerseits fällt sofort die sympathische Spielfreude der Burschen auf, die jedoch zu Beginn von der mangelnden Eigenständigkeit getrübt wird. Im Verlaufe des Konzerts drosseln HARM jedoch öfter mal das Tempo und zu den nun stampfenden Rhythmen lässt es sich bestens headbangen. Mir kommt also vor, dass für die Gruppe folgender Schluss zutrifft: je langsamer, desto wirkungsvoller und eigenständiger. Folglich schießen mittelschnelle Brecher wie Devil oder Rolling The Dice blitzschnell ins Zielgebiet und sind somit Mitverursacher der grauenhaften Nackenschmerzen am nächsten Tag. Die Besucher kratzen ihre spärlichen Kenntnisse der norwegischen Sprache zusammen und feuern die sichtlich belustigten Musiker mit Zwischenrufen wie „Helvete Thrash Metal“ oder „Skol HARM“ lautstark an.

:. NEURAXIS ~ Genickmuskelkatergarantie
In Sachen Action auf der Bühne sind dann NEURAXIS um einige Klassen besser. Agiler. Frickel-Metal, starke Melodien und ein hohes Energielevel liefern die Grundlage für einen bombenstarken Auftritt. Der Funke springt auch direkt von der ersten Sekunde an auf die Fans über. Auf CD wirken die Stücke kompliziert und beinahe undurchschaubar, doch auf der Bühne entwickeln sich die Lieder zu ihrer vollen Pracht. Der Hauptanteil der 40 Minuten besteht aus Hörproben aus dem neuesten Werk Trilateral Progression, die allesamt auf einem hohen Level angesiedelt sind. Als die absolute Granate empfinde ich jedoch ein Stück aus dem Jahre 2001, das eine umwerfende Melodie und einen Rhythmus besitzt, dem man sich nie und nimmer entziehen kann. NEURAXIS sind einfach mit vollem Herzen dabei und spielen immer um ihr Leben, ganz egal wie viele Zuschauer vor ihnen stehen.

:. MYSTIC CIRCLE ~ ein guter Song ist zu wenig
Im letzten Moment ersetzen die Deutschen Carpathian Forest. Ich habe sie schon ein paar Mal gesehen und auch heute ändert sich meine Meinung über die mangelnden Qualitäten der Band nichts. Außerdem stellen die Burschen ihre Setlist scheinbar nur alle unheiligen Zeiten mal um und langweilen dadurch. Auch die Idee, bei Medina – Whore Of Satan die seligen Slayer zu zitieren, war ja mal ganz witzig, aber beim wiederholten Male wirkt dieser Einfall auch nicht mehr originell. Einzig und allein Open The Gates Of Hell sticht durch verlangsamte Eingängigkeit heraus, ansonsten wird auf die Tube gedrückt, eintönig Satan gehuldigt und jede Textzeile x-mal wieder gekaut. Nix besonderes!

:. INCANTATION ~ Brutal und ein bisschen angefressen
Ui, was für ein böses Intro die Amerikaner mitgebracht haben... beinahe will ich den Saal vor lauter Angst mit schlotternden Knien verlassen, denn da wird vom Book Of The Dead erzählt, aus Menschenhaut gefertigt und mit Menschenblut geschrieben…aber eigentlich ist die Musik ja noch viel brutaler als die einleitenden Horrorerzählungen. Erstmal erklingt der Sound wirklich an der Schmerzgrenze, einfach umwerfend - und dann diese fiese Mischung aus schleifendem, groovendem Schwermetall und fanatischen Geschwindigkeitsattacken, die einfach ihre Wirkung nicht verfehlen kann. Ich bin hingerissen von der sich wechselseitig bedingenden Durchschlagswucht. Das Trio Infernale spielt auch wie in einem Rauschzustand – nur das Publikum teilt ihre Besessenheit nicht. So entsprechen die Resonanzen auf die Frage nach dem Befinden nicht den Erwartungen der dämonischen Drei und es wird leicht angesäuert angedroht, aufgrund der laschen Reaktion ein kürzeres Set zu spielen. INCANTATION bringen das Programm dann aber doch über die volle Distanz ganz profihaft zu Ende.

:. MALEVOLENT CREATION ~ erste Ermüdungserscheinungen
Einige Zuseher müssen nun schon offensichtlich dem Überangebot an Bands Tribut zollen – oder schonen sie nur ihren geschunden Nacken für die Hauptband? Ich weiß es nicht, an der musikalischen Leistung der Amerikaner liegt es wohl nicht. Vor allem Dave Culross verzückt am Schlagzeug immer wieder, wie kann ein Mensch nur so verdammt schnell spielen? Aber ironischerweise liegt genau darin auch das Problem bei MALEVOLENT CREATION: die Geschwindigkeit! Bei den ersten beiden Nummern gibt es sicherlich den einen oder anderen verwunderten Aha-Effekt – doch sobald diese verfliegen, schleicht sich bald Eintönigkeit ein. Die Spielzeit von 45 Minuten ist also genau richtig bemessen, denn mehr Intensität verträgt ein normaler Mensch nicht wirklich. Wie schon bei HARM gewinnen die Songs an Durchschlagskraft, wenn die Geschwindigkeit mal gedrosselt wird.

:. ROTTING CHRIST ~ Atmosphäre zum Quadrat
Es gibt wohl kaum eine andere Band, die eine derart dunkle Stimmung erzeugen kann wie die Griechen rund um Sakis. Am Nachmittag bei der Sightseeing Tour noch freundlich und zurückhaltend, lässt das Quartett kurz vor Mitternacht richtig die Kuh fliegen. Mag es der sympathische Akzent, die perfekte Mischung aus stampfendem Midtempodunkelstahl und aggressiven Parts oder einfach nur die magische Atmosphäre sein – ich mag ROTTING CHRIST schon seit den Anfangstagen, Naja, zwischendurch schwächelten sie mit eher durchwachsenen Veröffentlichungen, doch die letzten 4 Alben sind perfekte Oden an die Dunkelheit. Auch der neueste Streich Theogonia setzt die starke Tradition von Sanctus Diavolos nahtlos fort. Mit bestechender Präzision versetzen ROTTING CHRIST ihre Anhänger in andere Sphären, ich sah jedenfalls überall nur fliegende Haare und Bewegung – sowohl auf als auch vor der Bühne. ROTTING CHRIST spielen ihre Kompositionen eigentlich nicht, sie zelebrieren und beschwören! Die teilweise lateinischen und griechischen Texte tun ihr Übriges, um zu fesseln, zu begeistern und abhängig zu werden. Spätestens bei Athanati Este gibt es einfach kein Halten mehr, ohne Rücksicht auf die Gesundheit. Nach einer dreiviertel Stunde erklatschen sich die Fans noch eine Zugabe, als dann 20 Minuten nach Mitternacht endgültig das Licht angeht.

Was mir sonst noch aufgefallen ist:

- Ich kann die Preispolitik im Rockhouse nicht verstehen! Ein kleines Cola (0,25 l) ist um 30 c TEURER als ein großes Bier (2,70 €)…Was soll das????

- Wünschenswert wäre die Verbreiterung des Bühnengrabens, ich denke dass die bestehende Absperrung nur in etwa 30 cm von der Bühne entfernt ist und somit für Fotografen viel zu wenig Platz lässt.

- Das Rauchverbot sollte eigentlich auch ein wenig ernst genommen werden. Grotesk, wenn direkt vor dem Ordner die Leute rauchen und einfach nix dagegen gesagt wird.

 

story Stormlord • pictures Janine Pichler