Samstag
ist wirklich der ideale Tag für ein Konzert im Salzburger
Rockhouse.
So haben wir nämlich nach der gemütlichen Anreise im
Semesterferienverkehrschaos ein paar Stunden Zeit, die Sehenswürdigkeiten
von Mozarts Geburtsstadt zu erkunden. Wir mischen uns also in
der berühmten Getreidegasse unter die Touristen und schlendern
bei angenehmen Temperaturen an der Hausnummer 9 vorbei, wo wir
im Halbdunkel ein paar finstere Gestalten beim Posen vor der Kamera
erblicken… bei genauerem Hinsehen entpuppen sich die Gesellen
tatsächlich als die Hauptband der DOMINATION TOUR:
Sakis und seine Mitstreiter von ROTTING CHRIST
schießen ein paar Erinnerungsfotos fürs Familienalbum!
Nach dieser lustigen Begegnung statten wir noch dem Musikgeschäft
Heavy Rotation einen Besuch ab. Am frühen Abend gegen 18.30
geht es dann aber schon – wie gewohnt pünktlich –
mit dem Programm los.
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Fotos
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INACTIVE
MESSIAH ~
Vorsicht Suchtgefahr
INACTIVE MESSIAH sind wohl nur den wenigsten
Besuchern ein Begriff, ich kenne ihr Album Be My Drug
ein wenig und freue mich schon auf den leider nur halbstündigen
Auftritt. Dieser bietet dann neben dynamischem Dark Metal auch
optisch einiges für die anwesenden Damen (die heute nur etwa
10 % des Auditoriums ausmachen). Wer auf Moonspell steht und auch
den sinfonischen Ausflügen im Stile Therions etwas abgewinnen
kann, ist bei INACTIVE MESSIAH bestens aufgehoben.
Demnach ist der Albumtitel auch wörtlich zu nehmen, denn
die dunkel rockenden Klänge ziehen mich in ihren Bann. Die
leider nur sehr spärlich zu dieser für Metalfans schlaftrunkenen
Stunde anwesenden Zuhörer finden schnell an der eingängigen
und unterhaltsamen Darbietung Gefallen und auch die Band selbst
hat ihren Spaß. Besonders beim simpel Sing betitelten Liedchen
kommt Stimmung auf, was am einprägsamen Refrain liegt, den
alle nach einmaligem Hören mitgrölen können und
den Sänger bei der Textpassage „I am waiting for your
requiem“ akustisch unterstützen. Anstelle der Band
hätte ich das bärenstarke Michael Jacksons-Cover Beat
It sicherlich mit in die Setlist aufgenommen – so setzten
INACTIVE MESSIAH auf eigenes Material und verbuchen
einen Achtungserfolg. Beim nächsten Mal würde ich jedoch
zu einer explosiveren Bühnenshow raten.
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HARM
~ Thrash Til Helvete
HARM aus dem hohen Norden schlagen in eine gänzlich
andere Kerbe: Thrash Metal heißt nun das Gebot der Stunde.
Der erste Eindruck ist ambivalent: einerseits fällt sofort
die sympathische Spielfreude der Burschen auf, die jedoch zu Beginn
von der mangelnden Eigenständigkeit getrübt wird. Im
Verlaufe des Konzerts drosseln HARM jedoch öfter
mal das Tempo und zu den nun stampfenden Rhythmen lässt es
sich bestens headbangen. Mir kommt also vor, dass für die
Gruppe folgender Schluss zutrifft: je langsamer, desto wirkungsvoller
und eigenständiger. Folglich schießen mittelschnelle
Brecher wie Devil oder Rolling The Dice blitzschnell
ins Zielgebiet und sind somit Mitverursacher der grauenhaften
Nackenschmerzen am nächsten Tag. Die Besucher kratzen ihre
spärlichen Kenntnisse der norwegischen Sprache zusammen und
feuern die sichtlich belustigten Musiker mit Zwischenrufen wie
„Helvete Thrash Metal“ oder „Skol HARM“
lautstark an.
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NEURAXIS
~ Genickmuskelkatergarantie
In Sachen Action auf der Bühne sind dann NEURAXIS
um einige Klassen besser. Agiler. Frickel-Metal, starke Melodien
und ein hohes Energielevel liefern die Grundlage für einen
bombenstarken Auftritt. Der Funke springt auch direkt von der
ersten Sekunde an auf die Fans über. Auf CD wirken die Stücke
kompliziert und beinahe undurchschaubar, doch auf der Bühne
entwickeln sich die Lieder zu ihrer vollen Pracht. Der Hauptanteil
der 40 Minuten besteht aus Hörproben aus dem neuesten Werk
Trilateral Progression, die allesamt
auf einem hohen Level angesiedelt sind. Als die absolute Granate
empfinde ich jedoch ein Stück aus dem Jahre 2001, das eine
umwerfende Melodie und einen Rhythmus besitzt, dem man sich nie
und nimmer entziehen kann. NEURAXIS sind einfach
mit vollem Herzen dabei und spielen immer um ihr Leben, ganz egal
wie viele Zuschauer vor ihnen stehen.
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MYSTIC
CIRCLE ~ ein guter Song ist zu wenig
Im letzten Moment ersetzen die Deutschen Carpathian Forest. Ich
habe sie schon ein paar Mal gesehen und auch heute ändert
sich meine Meinung über die mangelnden Qualitäten der
Band nichts. Außerdem stellen die Burschen ihre Setlist
scheinbar nur alle unheiligen Zeiten mal um und langweilen dadurch.
Auch die Idee, bei Medina – Whore Of Satan die
seligen Slayer zu zitieren, war ja mal ganz witzig, aber beim
wiederholten Male wirkt dieser Einfall auch nicht mehr originell.
Einzig und allein Open The Gates Of Hell sticht durch
verlangsamte Eingängigkeit heraus, ansonsten wird auf die
Tube gedrückt, eintönig Satan gehuldigt und jede Textzeile
x-mal wieder gekaut. Nix besonderes!
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INCANTATION
~ Brutal und ein bisschen angefressen
Ui, was für ein böses Intro die Amerikaner mitgebracht
haben... beinahe will ich den Saal vor lauter Angst mit schlotternden
Knien verlassen, denn da wird vom Book Of The Dead
erzählt, aus Menschenhaut gefertigt und mit Menschenblut
geschrieben…aber eigentlich ist die Musik ja noch viel brutaler
als die einleitenden Horrorerzählungen. Erstmal erklingt
der Sound wirklich an der Schmerzgrenze, einfach umwerfend - und
dann diese fiese Mischung aus schleifendem, groovendem Schwermetall
und fanatischen Geschwindigkeitsattacken, die einfach ihre Wirkung
nicht verfehlen kann. Ich bin hingerissen von der sich wechselseitig
bedingenden Durchschlagswucht. Das Trio Infernale spielt auch
wie in einem Rauschzustand – nur das Publikum teilt ihre
Besessenheit nicht. So entsprechen die Resonanzen auf die Frage
nach dem Befinden nicht den Erwartungen der dämonischen Drei
und es wird leicht angesäuert angedroht, aufgrund der laschen
Reaktion ein kürzeres Set zu spielen. INCANTATION
bringen das Programm dann aber doch über die volle Distanz
ganz profihaft zu Ende.
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MALEVOLENT
CREATION ~ erste Ermüdungserscheinungen
Einige Zuseher müssen nun schon offensichtlich dem Überangebot
an Bands Tribut zollen – oder schonen sie nur ihren geschunden
Nacken für die Hauptband? Ich weiß es nicht, an der
musikalischen Leistung der Amerikaner liegt es wohl nicht. Vor
allem Dave Culross verzückt am Schlagzeug immer wieder, wie
kann ein Mensch nur so verdammt schnell spielen? Aber ironischerweise
liegt genau darin auch das Problem bei MALEVOLENT CREATION:
die Geschwindigkeit! Bei den ersten beiden Nummern gibt es sicherlich
den einen oder anderen verwunderten Aha-Effekt – doch sobald
diese verfliegen, schleicht sich bald Eintönigkeit ein. Die
Spielzeit von 45 Minuten ist also genau richtig bemessen, denn
mehr Intensität verträgt ein normaler Mensch nicht wirklich.
Wie schon bei HARM gewinnen die Songs an Durchschlagskraft,
wenn die Geschwindigkeit mal gedrosselt wird.
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ROTTING
CHRIST ~ Atmosphäre zum Quadrat
Es gibt wohl kaum eine andere Band, die eine derart dunkle Stimmung
erzeugen kann wie die Griechen rund um Sakis. Am Nachmittag bei
der Sightseeing Tour noch freundlich und zurückhaltend, lässt
das Quartett kurz vor Mitternacht richtig die Kuh fliegen. Mag
es der sympathische Akzent, die perfekte Mischung aus stampfendem
Midtempodunkelstahl und aggressiven Parts oder einfach nur die
magische Atmosphäre sein – ich mag ROTTING
CHRIST schon seit den Anfangstagen, Naja, zwischendurch
schwächelten sie mit eher durchwachsenen Veröffentlichungen,
doch die letzten 4 Alben sind perfekte Oden an die Dunkelheit.
Auch der neueste Streich Theogonia setzt
die starke Tradition von Sanctus Diavolos
nahtlos fort. Mit bestechender Präzision versetzen
ROTTING CHRIST ihre Anhänger in andere Sphären,
ich sah jedenfalls überall nur fliegende Haare und Bewegung
– sowohl auf als auch vor der Bühne. ROTTING
CHRIST spielen ihre Kompositionen eigentlich nicht, sie
zelebrieren und beschwören! Die teilweise lateinischen und
griechischen Texte tun ihr Übriges, um zu fesseln, zu begeistern
und abhängig zu werden. Spätestens bei Athanati Este
gibt es einfach kein Halten mehr, ohne Rücksicht auf die
Gesundheit. Nach einer dreiviertel Stunde erklatschen sich die
Fans noch eine Zugabe, als dann 20 Minuten nach Mitternacht endgültig
das Licht angeht.
Was mir
sonst noch aufgefallen ist:
- Ich kann
die Preispolitik im Rockhouse nicht verstehen! Ein kleines Cola
(0,25 l) ist um 30 c TEURER als ein großes Bier (2,70 €)…Was
soll das????
- Wünschenswert
wäre die Verbreiterung des Bühnengrabens, ich denke
dass die bestehende Absperrung nur in etwa 30 cm von der Bühne
entfernt ist und somit für Fotografen viel zu wenig Platz
lässt.
- Das Rauchverbot
sollte eigentlich auch ein wenig ernst genommen werden. Grotesk,
wenn direkt vor dem Ordner die Leute rauchen und einfach nix dagegen
gesagt wird.