Sonntag
21.03.2004
Bands
auf die Bühne zu holen, die „nicht an jeder Steckdose
spielen“ lautete das ehrgeizige Vorhaben von SURE
SHOT WORX Ende März. Dem Ruf der Hamburger PR-Agentur
folgten allerlei illustre Künstler aus dem weiten Feld des
Schwermetalls. Von Folk, NuMetal und True Power Metal bis zu Grindcore,
Black- und Death Metal reichte das Spektrum der Reihe, die den
Fans in Hamburg geboten wurde. Highlights darunter war sicher
das Exklusiv-Konzert der schwedischen Todesmetaller Necrophobic
und der heimischen Eisregen, die sich zuletzt vor einem halben
Jahr auf einer Bühne haben blicken lassen. Weitere Gigs in
der Reihe absolvierten Tape, Manos, Endstille, Dark At Dawn und
Burden Of Grief, Serpent Soul, Mindfield, Liquid God, Zenzei und
Besessen.
Zum Finale der SSW-Woche trat der Apokalyptische
Reiter VOLKMAR WEBER zu einer Lesung an, kombiniert
mit einem Solo-Akustik-Konzert von ERIC FISH,
seines Zeichens Frontmann bei Subway To Sally.
FISH
präsentierte sich trotz der frühen Mittagsstunde sehr
gut aufgelegt, plauderte mit den rund 120 Zuschauern im Headbanger’s
Ballroom unter anderem über Schlangen vor DDR-Geschäften.
„Früher bildeten die sich immer dann, wenn es Bananen
gab. Offensichtlich gibt es die im Westen heute noch. Allerdings
stand die vorhin vor einem Geldautomaten“, wunderte
er sich schmunzelnd.
Bis auf einen Song, Minne, verzichtete er im Laufe seiner
wechselnden Auftritte an diesem Tag mit Weber auf STS-Material.
Stattdessen brachte er Eigenkompositionen zu Gehör. Verwurzelt
in der Tradition deutscher und britischer Liedermacher schaffte
er es schnell und dauerhaft, eine fast schon private Nähe
zu seinem Publikum in der Metalkneipe aufzubauen. Ob auf deutsch,
auf englisch, alleine oder zu dritt mit den Kollegen Heiner und
Uwe Gitarre spielend oder bepackt mit dem Dudelsack. Seine Schichten
absolvierte er nicht routiniert, sondern trotz der spartanischen
Bühnen-Ausstattung musikalisch flexibel und immer wieder
kraftvoll. Seine Songs, das wurde schnell klar, sind in der Mehrzahl
kraftvolle Plädoyers für ein selbst bestimmtes, individuelles
Leben, fernab von „Superstars“ und TV-Gerichtsshows.
Mit seinen Cover-Stücken zollt er seinen Tribut an Nick Cave
(The Weeping Song) und Rio Reiser (Rauchhaus Song),
und mit Don’t Look Back In Anger erinnert er an
Johnny Cash. Als er den Dudelsack auspackt, stimmt das Publikum
(mehr oder weniger textsicher) spontan in Muss I denn zum
Städele hinaus ein, und als aus der schottischen B-Hymne
sich ein Auferstanden aus Ruinen schält, geht ein
kollektives Grinsen durch den Raum.
Eine
ganz andere Art der Publikumsbindung fand VOLKMAR
WEBER als Sänger der deutschen Black Metaller
Die Apokalyptischen Reiter mit seiner Cothurnus Show,
einer – wie er selbst meinte – „interaktiven
Publikumsverarschung“. Als die eine Herausgeber-Hälfte
des Black-Metal-Fanzines Cothurnus
(Kollege Jörg Brauns war umzugshalber verhindert, ließ
aber live telefonische Grüße ausrichten) zitierte nicht
nur die eigenen kreativen Ergüsse, sondern brachte auch schon
mal Mao Tse Tung zum Besten. Mit zum Teil pubertärer Freude
am Absurden, stilistisch irgendwo zwischen Max Goldt und Ingo
Appelt, sang er ein ironisches Loblied auf den Euro, gab eine
Kochempfehlung für „Nazi Goreng“ (mit schwäbischen
Nudeln, Salz aus der Rhön und auf keinen Fall mit Pfeffer,
da nicht deutsch!) oder lästerte über den HiTech-Wahn
im Urlaub. Nahezu zu Höchstform lief der Black Metaller auf,
als er einen offenen Brief an Abbath, den Sänger der inzwischen
aufgelösten Kapelle Immortal, verlas, in dem er sich weigert,
die Auflösung der Band anzuerkennen, da sich die Band mit
ihrem Ende auch der Sterblichkeit preisgeben würde, verbunden
mit einer Unterschriftenaktion, die die Rücknahme der Trennung
fordert. Ganz groß auch die bildhafte Schilderung eines
Mayhem Konzerts, auf dem der völlig betrunkene Sänger
Maniac das Equipment demolierte und anschließend vom Bandrest
die Rechnung bezieht: Klassenkeile.
„Diese
Woche gab uns die Gelegenheit zu beweisen, dass man auch als kleinere
Promo-Agentur ganz besondere Veranstaltungen auf die Beine stellen
kann“, resümierte SSW Kopf Wolff Rüdiger
Mühlmann schließlich zufrieden. Und nicht zuletzt ließ
die SSW-Woche 2004 Gutes erwarten, wenn im kommenden
Jahr die zweite Runde eingeläutet wird. Mühlmann verhandelt
bereits jetzt wieder mit einem Exklusiv Act aus Schweden. |