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The Urge

 
2007-11-15 DE – Muenster - Stadthalle Hiltrup

Das Michael Sadler seinen SAGA-Ausstieg verkündet hat, dürfte sich ja mittlerweile rumgesprochen haben. Zum Abschied gab’s mit 10,000 Days ein weitgehend gelungenes Album und eine ausgeprägte Abschiedstournee mit zahlreichen Terminen in Deutschland, die die Band am 15.11. nach Hiltrup in die Stadthalle führte, und die am 05.12. in München ihren Abschluss findet. Bevor es noch einen kleinen Abstecher nach Puerto Rico geben wird – darüber mehr im Interview mit Jim Gilmour.

Die Stadthalle in Hiltrup ist nicht gerade ein El Dorado für Klangfanatiker, aber was SAGA und ihr Mann am Mischpult aus den akustischen Bedingungen herausholten, konnte sich hören lassen. So war das Konzert zwar laut, aber nie jenseits der Schmerzgrenze und auch die einzelnen Instrumente waren sauber abgemischt; Respekt für eine klasse Leistung.

Die man der Vorgruppe :: THE URGE :: nicht konstatieren kann. Die Band um den Gitarristen John Miles Jr. – genau, der Sohn von John „Music“ Miles – bot partytauglichen Pub-Rock’n Roll gepaart mit einem Schuss AC/DC für Arme. Zum Einheizen Okay, aber insgesamt wenig bemerkens- und erinnerungswert. Die Songs knallten zwar ordentlich, klangen aber wie schon hundertmal woanders gehört. Da waren Mir, die Saga letztes Jahr im Jovel begleiteten schon ein anderes Kaliber. Das Beste war noch der Schluss, als Sänger Jonnie Boyle einsichtig verkündete: „Wir gehen ja schon, ihr wollt eh lieber mit Michael Sadler singen!“ Wie Recht er damit hatte…

Es dauerte allerdings noch eine gute halbe Stunde, ehe Frontmann Michael Sadler die Bühne betrat, und die Band nach einer kleinen – deutsch gesprochenen – Einleitung mit The Interview sofort recht heftig loslegte. Keine Hall Of The Mountain King Ouverture, gar kein orchestraler Einstieg, sondern gleich die volle Ladung Rock und Entertainment. Denn beim ersten Stück zeigte sich bereits, was sich das ganze Konzert hindurchziehen sollte: :: SAGA :: gaben ordentlich Gas. Die Stücke kamen vielfach härter rüber als auf dem letztjährigen Event, dafür war die Jovel Show noch eine Spur emotionaler und enthusiastischer, was aber auch an der heimeligeren Atmosphäre des Jovel liegen kann.
Sadler ist ein hervorragender Entertainer, der sein Publikum mitreißen kann, seine Ansagen, mal launig mal melancholisch („keine Fragen nach meiner Zukunft“), die Zwiesprachen mit dem Publikum kommen ungekünstelt rüber, sein Gesangsvortrag ist eh über jeden Zweifel erhaben und auch seine Mitmusiker, die Crichton Brüder (Jim an Moog und Bass, Ian an der Gitarre), sowie Jim Gilmour an den Keyboards zogen mit und vermittelten zu keinem Zeitpunkt lediglich ein Routineprogramm abzuliefern. Ein ganz besonders Lob geht an den Drummer Chris Sutherland, der den krankheitsbedingt ausgefallenen Brian Doermer gekonnt ersetzte. So eignete er sich in kürzester Zeit das SAGA Repertoire an und legte zudem ein fantastisches, funkiges - inklusive eigenwilliger, meisterlicher James Brown Hommage - Solo hin.

   

Der Mitsingmodus sprang diesmal bereits sehr früh mit You’re Not Alone als drittem Stück an, gefolgt von I’m Okay vom Trust-Album, das sich bereits zur choralen Hymne gemausert hat. Drei Stücke rang Sadler dem gar nicht mal unwilligen Publikum vom aktuellen Album ab, darunter die von mir bereits als Live-Ereignis prognostizierte Titelballade 10,000 Days, die zwar ordentlich gespielt und gesungen wurde, aber leider mit einem Chorus aus der Konserve aufwartete. Da wäre mehr drin gewesen!
Ansonsten gab es die Klassiker wie The Flyer, On The Loose und zum Ende des offiziellen Sets, das Lied, das nicht fehlen darf: Wind Him Up. Zwischendurch ein paar leichte Hänger, wenn’s zu akademisch und gedrechselt wurde; als Ausgleich eine anrührende A Cappella Session Michael Sadlers mit Security Of Illusion und Time’s Up, sowie ein famoses Jim Gilmour Solo an Keyboards und Gesang.
Der Zugabenteil bot dann (natürlich) eine ausladende Humble Stance Version, jenes Stück, das Gänsehautatmosphäre verspricht und auch diesmal hielt, und vom abschließenden Don’t Be Late zwar nicht getoppt, aber auch nicht unterboten wurde.
So endete nach zweieinhalb Stunden ein fabelhafter Auftritt, der nur in wenigen Augenblicken jene Wehmut verspüren ließ, die man von solch einer Abschiedstournee eigentlich erwartet. Hier rockte eine erfahrene Band und hatte offensichtlich Spaß dabei. Ich denke, wie auch immer dieses Jahr endet, von SAGA und Michael Sadler werden wir noch hören. Und sehen. 2008.

 

story & pics © Jochen & Tim König