Das
Vorspiel: Nach erst kürzlich überstandenen
Abenteuern auf den Autobahnen Hollands war ich doch mehr als begeistert
über die offerierte Mitfahrgelegenheit zum SKINNY
PUPPY Konzert in Utrecht, was ja Pi mal Daumen in selber
Distanz wie Amsterdam liegt ;) Und da in diesem Jahr alle Sommerfestivals
jenseits meiner Möglichkeiten liegen, muss man halt mittendrin
an Bands mitnehmen was geht, insbesondere jene, die sich sonst
auch selten auf einer Tour blicken lassen und nur wegen der Festivals
über den großen Teich kommen.
Danke an Mr.
Beutolomäus Sack, der es schaffte, fünf Skuppy-Wütige
in seine kleine Knutschkugel einzusargen und gute 200 km nach
Utrecht zu kutschieren. Pünktlich angekommen, wurden wir
dann erst mal kollektiv von den Parkpreisen in der Altstadt niedergestreckt.
Statt einem stündlichen Parkplatz-Anteils-Verkaufspreis von
3,85 Euro entschieden wir uns für das Abendticket für
satte 13,50 Euro, was allerdings immer noch billiger war, als
die stündliche Wegelagerei. Innenstadt hin und Grachten her...
das fand ich extrem übertrieben... tststs.
Der
Club: Das Tivoli
entpuppte sich als wirklich schöne, große und geräumige
Halle mit großer Bühne, langen Gängen und der
üblichen Gastronomie. Das Gelände war zur Bühne
hin leicht abschüssig, so dass auch die hinteren Ränge
gute Sicht hatten.
Da es - wie so oft in Holland - keinen Fotograben gab, hab ich
mich sofort in der ersten Reihe eingenistet, wurde mit lecker
Bier versorgt (boah, ich musste mal nicht fahren *g*) und harrte
der Dinge, die da kommen würden...
::
Fotos ::
...und DAS
DING hieß • OTTO
VON SCHIRACH • und hauten einen dann
auch gleich mal um! Keine Ahnung, wie man das Folgende nun am
besten anschaulich beschreiben soll... Ok, ein Tisch mit nem Laptop
drauf und einem Plastikhund mit leuchtenden Augen. Selbst dieser
Plastikhund schaute schon unglaublich debil aus der Wäsche...
Das Szenario ist nicht ungewöhnlich, es gibt ja einige Musiker,
die so agieren. Soweit so gut. Eine einzelne, in einem schwarzen
Umhang gehüllte männliche Person legte letzte Handgriffe
an... sprang dann plötzlich wie angestochen auf und „entblößte“
sich mit dem Intro. Hervor kam OTTO VON SCHIRACH
und wurde auf die ca. 400 Anwesenden losgelassen. Wie Superman
gekleidet, nur in schwarz und silber, flippte dieser grenzdebile
Mann wie ein Wahnsinniger auf der Bühne hin und her, drehte
zwischendurch an seinen Reglern und entlockte seinem Laptop hyperschnelle,
wüste Soundorgien irgendwo zwischen Techno, Industrial und
Black Metal und gab dazu ultra-verzerrte Laute von sich, die jeden
Old School Black Metal Sänger vor Neid erblassen lassen würden.
Das Ganze war so krass, schrill, skurril, abgedreht und völlig
jenseits von irgendetwas, das die meisten Anwesenden wie angewurzelt
und mit großen Augen auf das Szenario starrten. OTTO
VON SCHIRACH redete nicht, es gab keine Ansagen, stattdessen
gab es ein völlig verstrahltes Bananen-Zottelmonster mit
nem Ghettoblaster am Stil das es zu bekämpfen galt, natürlich
mit einem ultra kitschigen Lichterstab...
Vielleicht sollte man hier erwähnen, das OTTO VON
SCHIRACH als… ähem… Musiker nicht wirklich
unbekannt ist und auch schon mit Skinny Puppy zusammengearbeitet
hat…
Die halbe
Stunde zum Umbauen war zwar per se gar nicht nötig, da ja
schon alles bereitstand, aber jeder Anwesende war dankbar und
nutzte die Zeit, sich von dem eben Erlebten zu erholen. Die Leute
in den ersten Reihen schauten sich fragend an und um und versuchten
auf die Reihe zu bekommen, was denn das wohl eben war, das da
30 Minuten lang über sie hinweggefegt war...
Dann gingen
die Lichter wieder aus und • SKINNY
PUPPY • enterten unter allgemeiner Begeisterung
die Bühne. Will heißen... cEvin verschanzte sich wie
üblich hinter seinen hoch aufgebauten Synthies und war kaum
zu sehen, selbiges galt für den Live Drummer, der nur auszumachen
war, wenn er sich erhob und im Stehen trommelte. Ogre verblieb
die ersten drei Songs hinter einem Paravent und übte sich
in Schattenspielen (Wanga sei dank, achtete danach keiner auf
die 3-Song-Regel beim fotografieren, das wär ein Desaster
geworden). Eröffnet wurde mit Anger, einem uralten
Song vom 87iger Album Cleanse Fold & Manipulate,
man ging sogar zurück bis zur Debüt EP Remission,
ließ aber das 85iger Bites und
90iger Last Rites außen vor. Ansonsten
war alles dabei, auch wenn man die gängige „Best-Of-Liste“
vermied. Die Mehrheit lag natürlich erwartungsgemäß
mit 4 Songs auf dem neuen Album Mythmaker.
Der weiß bespannte Paravent war natürlich nicht umsonst
da; er bildete die Grundlage für Ogre’s Blutspuckereien
und Blutsudeleien. Hätte man hinterher glatt als Kunst verkaufen
können... Der Sound war eher mäßig, die Gitarre
fehlte sicherlich, aber die Performance... die war sehr intensiv.
Ogre hat sein Stageacting wirklich drauf und wusste sich jederzeit
gezielt in Szene zu setzen. Zwischendurch schien er zwar das eine
oder andere Mal zu schwächeln, verschwand nach fast jedem
Track hinter seinem Vorhang (Jetlag, betrunken oder stoned?),
davon ließ sich aber keiner groß stören.
Nachdem das Publikum während der ersten drei Songs eher abwartend
reagierte, wurde das Feedback mit jedem weiteren Song enthusiastischer,
was wiederum die Band mehr und mehr animierte, Energie in die
Show zu stecken. Zum Schluss konnten beide Seiten gar nicht genug
von einander bekommen, war der Beifall nahezu frenetisch, was
mit 2 Zugaben belohnt wurde. Ich fand’s saustark! Auch wenn
viele hinterher sagten, das es einer der schlechtesten SKINNY
PUPPY Shows war. Da fehlen mir einfach die Erfahrungswerte...
Setlist: Anger, Ugli, Dogshit, Tormentor,
PolitikiL, Rodent, Pedafly, Worlock, I'mmortal, Dig It, Amnesia,
Hardset Head, Fascist Jockitch, haZe // Far Too Frail, Blue Serge
Fazit:
OTTO VON SCHIRACH war immerhin für nen Lacher
gut und eignet sich auch sonst bestens, um jemanden (musikalisch)
zu ver- und erschrecken ;) SKINNY PUPPY fand
ich – wie bereits erwähnt – wirklich grandios.
Wie muss dann erst eine der „legendären“ Shows
ablaufen? Der Weg nach Utrecht hat sich definitiv gelohnt. Die
Reise war zwar beengt *lol* hat aber einen Heidenspaß gemacht.
Besonders solch Konservationen zu dritt hinten auf der Rückbank
eines Nissan Micra wie: „hast du ihn drin?“... „von
deiner Seite, meine ich...“... “und du? Hast du’s
auch gefunden?“... Die Frage von vorn: „Wie geht’s
euren Beinen?“ Antwort: „Beine? Was für Beine?“...
etc. Jau, war ein schöner Abend und ich sicher nicht das
letzte Mal im Tivoli :)