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  LITTLE ANNIE

 
2017-03-29 DE – Dortmund - FZW
 

| Einlass: 19:00 Uhr | Beginn: 20:00 Uhr | Tickets: 26,00 EUR zzgl. Gebühren |

 

Da ist sie nun… die allerletzte Deutschlandshow der legendären SWANS, die sich auf einer monatelangen Abschiedstour befinden. Das Ende kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die SWANS am produktivsten und am erfolgreichsten sind. Weil genau dies fehlte, wurde die Band 1997 aufgelöst. Aber, Michael Gira hat das Ableben der Schwäne schon wieder relativiert, in dem er durchblicken ließ, dass dies nur das Ende der aktuellen Inkarnation der SWANS ist. Gira wird weiter Musik machen, auch unter den Fittichen der Schwäne, nur wer zukünftig neben Gira die SWANS ausmachen wird und wie sie zukünftig klingen werden, darüber breitet er noch den Mantel des Schweigens. Gut, so bleibt die Hoffnung, dass mein erstes SWANS Konzert nicht notwendigerweise das letzte sein muss, auch wenn er kaum noch live spielen möchte. Die Betonung liegt auf „kaum“ ;)

Bevor ich ins Dortmunder :: FZW :: pilgere – wow, schon zum 3. Mal in diesem Monat – mache ich es mir im :: subrosa :: gemütlich und verputze ein Veggie-Dinner. Naja, fast. Also die Vorspeise doppelt und dann den Nachtisch ;) Wirklich sehr, sehr lecker dort und hiermit wärmstens empfohlen. Das Veggie-Dinner gibt es übrigens immer mittwochs & donnerstags.

:: Fotos :: LITTLE ANNIE ::

Kurz vor 8 angekommen, ist die große Halle nur locker gefüllt. Ich hatte eigentlich mit einem ausverkauften Haus gerechnet. Ok, viele standen noch draußen zum Rauchen und Bier trinken und bei den Swans war es dann auch tatsächlich voll, aber weit davon entfernt ausverkauft zu sein.
Den Abend eröffnete :: LITTLE ANNIE ::, eine US-amerikanische Sängerin, Malerin, Poetin und Bühnenschauspielerin. Unter anderem. Sie wurde von Paul Wallfisch am Piano begleitet, der eigentlich zum aktuellen Swans Kollektiv gehört aber auch schon lange mit Anne Bandez zusammenarbeitet und mit ihr zwei Alben veröffentlicht hat. Tatsächlich war LITTLE ANNIE auch schon mehrfach Toursupport für die Swans. Eine Kombination, die sich scheinbar bewährt hat ;) Der in der Schweiz geborene und in den USA lebende Paul Wallfisch war im Übrigen vor gar nicht so langer Zeit musikalischer Leiter des Schauspielhauses Dortmund. Der heutige Abend ist für ihn also ein Heimspiel ;)
Paul Wallfisch betrat als erster die Bühne, mit einem Glas Rotwein und Drumsticks, mit denen er auf alles bei seinem Rundgang herumtrommelte, um die Aufmerksamkeit des Publikums auf die Bühne zu lenken. Und dann kam LITTLE ANNIE.
LITTLE ANNIE ist eine Soul- und Jazz Diva, eine alterslose Schönheit, klassisch, wie die legendäre Nina Simone, und mit einer unglaublichen Bühnenpräsenz. Sie singt, sie schauspielert und improvisiert. Sie flirtet und kokettiert. Sie ist dramatisch. Und sie leidet, so dass man beinahe Angst bekommt, denn viele ihrer Songs sind traurig und drehen sich um den Tod. Sie wirkt nach außen unglaublich fragil, strahlt aber auch eine enorme innere Stärke aus. Das ist pure Intensität. Und Charisma. Ihre Stimme und ihre Lieder verursachen Gänsehaut. Die Halle ist mucksmäuschenstill, zumindest in Bühnennähe.
Allerdings muss ich auch sagen, dass die große Halle des FZW ein denkbar ungeeigneter Ort für solch eine Lady ist. LITTLE ANNIE gehört in einen verruchten Jazz Club oder in ein edles Konzerthaus. Eine fantastische Performance!
Setlist: Folsom Prison Blues (Johnny Cash cover), Adriana, Angels Gone Before, Gown Of Tears, Suitcase Full Of Secrets , Because You're Gone Song, The Good Ship Nasty Queen, If I Were A Man, Wild World (Cat Stevens cover), You Better Run, Shipbuilding (Elvis Costello cover), Dear John

:: Fotos :: SWANS ::

Die Umbaupause war kurz, das Equipment stand ja schon komplett auf der Bühne. Die :: SWANS :: starten mit dem monumentalen Kracher The Knot, das eigentlich eine Interpretation des Songs No Words No Thoughts ist. Gira steht mit dem Rücken zum Publikum – er mag keine Fotografen und auch keine Handyknipser. Gira dirigiert seine Musiker herrisch wie ein Marionettenspieler. Und sie reagieren wirklich auf jeden kleinen Fingerzeig, müssen sich aber dennoch einiges anhören, denn Gira ist ein Perfektionist und somit notorisch unzufrieden mit dem Sound und der Performance. Erbost schiebt er seine Boxen hin und her und rudert mit den Händen Richtung Mischpult.
Es ist infernalisch laut. Aber wer zu einem SWANS Konzert geht weiss das. Ohrstöpsel sind höchste Pflicht. Gira trägt keine. Aber der ist auch schon nahezu taub, wie leise gemunkelt wird. Es muss auch so laut sein, sonst kann man die Musik nicht spüren. Und man muss diese Musik spüren! Ein SWANS Konzert ist ein spiritueller Trip, eine Erfahrung für Körper, Geist und Seele, und den Sphären darüber hinaus.
Schicht um Schicht baut sich die Musik auf, schwillt an und ab. Leise, klingelnde Töne kontrastieren infernalische Eruptionen. Ständig wiederholte einfachste Rhythmen hypnotisieren, versetzen regelrecht in Trance. Ein gewaltiger Klangkosmos in den der Hörer hineingezogen wird. Gira kreischt, schreit und singt. Wiederholt Textzeilen dicht am Untertongesang wie ein tibetanischer Mönch bei seinem Mantra. Gebete für die Ewigkeit. Ganz in Giras Sinne.
Nach Songs vom aktuellen Album The Glowing Man, gab es mit The Man Who Refused To Be Unhappy noch einen brandneuen Song.
Was für ein überwältigendes Konzert! Eine Erfahrung, ein Erlebnis. Und eigentlich hätte man dafür nach Amsterdam ins Paradiso fahren sollen. Diese wunderbare alte Holzkirche, deren gesamter Bau ein riesiger Resonanzkörper ist. Tatsächlich spielen sie ja da 2 Tage später… Es wird sicherlich gigantisch - ein once-in-a-lifetime-concert…*seufz*. Aber auch Dortmund war ja schon unglaublich ;)

Band: Michael Gira (Git), Christoph Hahn (Lapsteel-Gitarre/Hawaiigitarre), Christopher Pravdica (Bass), Phil Puleo (Drums), Paul Wallfisch (Keyb), Norman Westberg (Git)

Setlist: The Knot, Screen Shot, Cloud Of Forgetting, Cloud Of Unknowing, The Man Who Refused To Be Unhappy, The Glowing Man

 

story & pics © Dajana & Dajana Winkel • Photography