Nach den Wunschlistenkonzerten gibt es zur Abwechslung mal ein never-seen-live-till-today Konzert, und das gleich im Dreierpack. Eigentlich wollte ich unbedingt REFUSED sehen. Die Schweden sind oder waren zumindest mal legendär und ich hatte bereits das Vergnügen, Dennis Lyxzén im Sommer 2018 mit INVSN live zu erleben. Das war wild.
THRICE und die PETROL GIRLS waren quasi das Bonus-Package ;)
Obwohl beide Headliner Bands einen nicht unerheblichen Kultstatus haben, war ich doch skeptisch, ob Punk und Post Hardcore in so einer großen Halle funktionieren und ob die Bands das :: Carlswerk Victoria :: vollkriegen würden. Ja, die Halle war voll. Von den 1600 zu verkaufenden Tickets gab es noch ca. 2 Dutzend an der Abendkasse. Was das „funktionieren“ angeht, naja…
Die Fans kamen spät und Punks waren nirgendwo zu sehen, stattdessen füllten Hipsters und Studenten die Halle nach und nach. Also Punk ging doch früher anders…
Die Merch-Preise waren typisch amerikanisch: T-Shirt 30 Euro, Hoodie 50 Euro. Das geht auch weniger kapitalistisch. Totebags 10 Euro – Standardpreis.
:: Fotos :: PETROL GIRLS ::
Touch Me Again And I'll Fucking Kill You
Das noch eine dritte Band mit von der Partie war, realisierte ich erst am selbigen Vormittag. Von den :: PETROL GIRLS :: hatte ich bis dato noch nie gehört. Gut, Punk ist nicht gerade meine Baustelle und so lange gibt es die Damen und Herren auch noch nicht. Die in Österreich lebenden Briten und… ähm… Österreicher rocken sich seit 2012 durch die Szene und haben, neben vielen EPs und Singles, im Mai nun ihr zweites Album Cut & Stitch veröffentlicht.
Pünktlich um halb 8 ging es los und Sängerin Ren Aldridge hopste über die Bühne. Sie schien ein wenig erkältet zu sein und hatte Probleme mit der Stimme. Das fiel aber nur bei den Ansagen auf. Der Sound war sehr unausgeglichen, dafür hatten die PETROL GIRLS quasi das beste Licht des Abends ;)
Musikalisch gesehen, spielen die PETROL GIRLS keinen reinen Punk. Jedenfalls nicht die Art, wie ich das aus der Vergangenheit kenne. Mehr eine am Mainstream orientierte Pop-Punk Version, Post Hardcore meinetwegen oder Riot Grrrls Musik. Gerade die neuen Stücke, wie der Eröffnungssong The Sound, fallen teils recht experimentell aus. Interessante Mischung und ich mochte die Stimme von Ren.
Die politische Einstellung hingegen passte zu 100%. Ren wetterte gegen so ziemlich alles Schlechte in der Welt und hielt flammende Reden zugunsten der Frauen und für die Kurden in Rojava. Sie brauchte sogar einen Spickzettel für ihre umfangreiche Unterstützerkampagne.
Obwohl die PETROL GIRLS auf der Bühne für ordentlich Bewegung sorgten, blieb es davor verdammt ruhig. Auch als Ren das Publikum direkt ansprach, war das Feedback lahm.
Am Rande notiert: Nur 2 Tage nach der Kölner Show gab die Bassistin Liepa Kuraitė bekannt, am Ende des Jahres die Band zu verlassen. Schade.
Band: Ren Aldridge (vox), Liepa Kuraitė (bass), Joe York (git), Zock Astpai (drums)
Setlist: The Sound, Slug, Monstrous, Harpy, No Love For A Nation, Survivor, Touch Me Again, Naive
:: Fotos :: REFUSED ::
Now your live is fucked forever
17 Jahre lang waren :: REFUSED :: offiziell aufgelöst, weil sie damals zwar in aller Munde waren, aber ihre politische Message nicht verstanden worden war. Nun sind die Hardcore Punker um Dennis Lyxzén wieder da und haben just ihr zweites Album nach der Reunion, War Music, veröffentlicht (18. Oktober), dass sie nun auch live präsentieren wollen. 30 Minuten Umbaupause und los ging es mit der aktuellen Single REV001.
Auch hier flammende Reden vor allem gegen den Kapitalismus und für all jene, die irgendwo auf der Welt für ihre Rechte und ihre Freiheit kämpfen. Brennpunkte gibt es dieser Tage ja genug. Und dieses Mal wurden die Ansagen deutlich besser vom Publikum aufgenommen.
Dennis Lyxzén war, wie erwartet, die zentrale Figur auf der Bühne. Er ist eine absolute Rampensau. Nie stand er still, tanzte, hopste und balancierte auf den Boxen und hatte im Handumdrehen das Publikum im Griff. Der Knaller war sicherlich The Deadly Rhythm mit der Reign In Blood Einlage, bei der Denis die Hosenträger schnipsen ließ und sich das Mikro an exponierter Stelle in die Hose schob.
Dennis sprach darüber, wie er als Kind von anderen zum Außenseiter und Freak abgestempelt wurde, und dass ihn dies seinerzeit zum Punk und Hardcore brachte, wo er all die Dinge lernte, für die er heute so vehement kämpft. Er meinte, das wir da ja irgendwie auf gleicher Wellenlänge lägen, schließlich wären wir ja hier, an einem Montagabend, um diese Band live zu sehen. „Now your live is fucked forever“.
Das Publikum war ein kleines bisschen lebhafter und zwischendurch war da tatsächlich der Ansatz eines Moshpits zu sehen. Insgesamt jedoch waren auch hier die Reaktionen eher lahm. Ich hatte eigentlich mit einem wilden, ekstatischen und ausrastenden Publikum gerechnet.
REFUSED spielten neue Tracks von War Music und alte Songs mit Schwerpunkt auf Songs To Fan The Flames Of Discontent und The Shape Of Punk To Come. Leider, muss man sagen, offenbarte der direkte Vergleich dann auch gleich die Schwächen der neuen Stücke. Punk ist das nicht mehr. Noise vielleicht. REFUSED sind musikalisch nur noch ein schwaches Abbild ihrer selbst. Früher war mehr Lametta.
Apropos Noise. Es dauerte tatsächlich bis zum finalen Track New Noise, bis auch das Publikum endgültig wach geworden zu sein schien. Vielleicht war das auch der einzige Klassiker der Schweden, der dem Publikum geläufig war. Nun ja.
Band: Dennis Lyxzén, David Sandström, Kristofer Stehen, Magnus Flagge
Setlist: REV001, Violent Reaction, Worms Of The Senses, Elektra, I Wanna Watch The World Burn, Rather Be Dead, Coup d'état, Malfire, The Shape Of Punk To Come, The Deadly Rhythm (Raining Blood section), Turn The Cross, Economy Of Death, New Noise
:: Fotos :: THRICE ::
Noch einmal folgte ein rascher kompletter Equipmentwechsel, bevor :: THRICE :: dann die Bühne enterten. War das Licht bei Refused schon schwierig, ließen es THRICE ganz damit sein und spielten zumindest die ersten Songs quasi im Dunklen.
Die amerikanischen Post-Hardcore Veteranen sind noch länger unterwegs als Refused, haben im letzten Jahr mit ihrer neuen Platte Palms ihr 10. Album abgeliefert und dabei auch gleich ihr zwanzigjähriges Jubiläum gefeiert.
Mir war bis dato kaum mehr als der Name geläufig. Ich hab sicherlich schon mal den einen oder anderen Song gehört, die Band aber nie bewusst wahrgenommen. Da scheint mir was entgangen zu sein. Oder auch nicht. Jetzt war jedenfalls klar, wer hier die Halle vollgemacht hat. Warum? Weil auch das nicht wirklich Hardcore oder Post-Hardcore ist, sondern eher radiotauglicher Mainstream (Indie) Rock. Nicht schlecht, aber auch hier nicht unbedingt das, was ich erwartet hatte.
Da ich als Fotografin eh aus der Halle raus musste, um die Kameras abzugeben, sparte ich mir dann den Rest der THRICE Show zugunsten meines Frühschicht-Weckers (4:30 Uhr) und der noch knapp zweistündigen Heimreise.
Band: Dustin Kensrue, Teppei Teranishi, Eddie Breckenridge, Riley Breckenridge
Setlist: Only Us, Image Of The Invisible, Silhouette, Just Breathe, The Arsonist, Hurricane, The Artist In The Ambulance, Red Sky, Doublespeak, Black Honey, In Exile, The Window, The Earth Will Shake, Beyond The Pines
Insgesamt muss ich dann doch sagen, dass der Konzertabend vielleicht nicht enttäuschend verlief aber doch hinter meinen vielleicht zu hohen Erwartungen blieb. REFUSED spielen besser in kleinen Clubs und die PETROL GIRLS würden zum Beispiel gut als Vorband zu Skunk Anansie passen.
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