Seit
Wochen freue ich mich schon auf dieses Metal-Spektakel im Herzen
Helsinkis und ganz besonders auf ein paar bestimmte Bands. Natürlich
werde ich mich auch jenen Bands widmen, von denen ich noch nicht
einmal den Namen gehört habe.
Das ist das schöne an einem Festival mit mehr als einer Bühne:
man kriegt die geballte Ladung. Wenn einem die eine Band nicht
zusagt, genießt man einfach die andere auf der anderen Bühne.
Wenn gerade weniger Interessantes auf der Hauptbühne gespielt
wird, dann setzt man sich einfach mal hin, besieht sich CD- und
Merch-Stände oder holt sich einen Kaffee um einen Euro. Alternativ
dazu kann man sich auch mal mit Gottesanbeterinnen beschäftigen
:)
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Fotos :: ©
Anssi :: José
Carlos Santos » José
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Ich bitte
schon jetzt um Nachsicht, dass der Bericht evtl. zu lange wird,
aber 3 Tage geballte Festival-Ladung kann man nicht in 2 Seiten
zusammenfassen.
Ein paar Erweiterungen
bzw. Verbesserungen im Vergleich zum Vorjahr, fallen mir auf:
u.a. gibt es diesmal sogar einen eigenen Lebensmittel-Anhänger
einer finnischen Lebensmittel-Kette.
Und besagter Kaffee-Stand war besonders an Tag 2 wertvoll, nach
anstrengender so gut wie tagheller Nacht, und definitiv zu viel
Salmiakki, hehe. (Igitt, wie konnte ich das runter bringen?!)
Weiters gibt es neben allerhand Band-Shirts auch eigene Tuska-Socken
käuflich zu erwerben. Man kann's auch übertreiben.
Wie nicht anders erwartet schleppen sich die Leute selbst auf
Krücken noch aufs TUSKA OPEN AIR. Nomen
est omen.
FREITAG
30. Juni
IMPALED
NAZARENE beginnen pünktlich und schreien das Tuska-Festival
gebührend mit einem kräftigen Suomi Finland Perkele
ein. Das scheint sogar das Wetter zu beeindrucken, denn sobald
die ersten Takte ertönen, verzieht sich die Sonne hinter
einer größeren Wolke und kommt so bald nicht mehr hervor.
Der Platz vor der Hauptbühne ist schon recht gut gefüllt
bzw. stehen die Leute gut verteilt umher. Die ersten paar Reihen
beginnen zwar langsam dafür intensiv sich die Rübe weg
zu bangen, und weiter hinten post man fleißig mit der Luftgitarre.
Ab der Hälfte jedoch lichten sich die Reihen weiter hinten.
Man geht doch lieber einen trinken. IMPALED NAZARENE schließen
ihre Darbietung mit angepisst klingenden Worten – im positiven
Sinne angepisst natürlich – und schaffen es tatsächlich,
kein einziges Mal irgendwie ausfällig geworden zu sein. Ich
bin beinahe enttäuscht, haha! (Ernsthaft, wir wissen wohl
alle warum...)
Gleich im
Anschluss spielen MOKOMA auf der Sue Bühne
und FREEDOM CALL auf der Inferno Bühne.
Da ich nun die Gelegenheit habe, MOKOMA endlich
auch live zu erleben, begebe ich mich zunächst dorthin. Die
Band wird bereits mit großem Applaus und Freudenrufen empfangen,
während das Intro aus der Konserve dudelt: Ringelspielmusik
mit Radetzkymarsch, haha. (Wo bin ich?)
Der Sound klingt zunächst noch etwas verwaschen, aber das
stört die Fans nicht im Geringsten, denn anders als bei Impnaz
stehen die Leute hier dichter und bangen vom ersten Song weg mit!
Ein Blick um mich herum bestätigt mir, dass diese Band im
eigenen Land wirklich einen Namen hat. Der zweite Song bekommt
extra Applaus und beim dritten finden gar erste Tänze statt.
Bin beeindruckt. Trotzdem mir MOKOMA sehr gut
gefallen, schaue ich mal nach FREEDOM CALL, was
dort los ist und wie die Lage aussieht. Nette Mitsing-Melodien
tönen mir entgegen, unaufdringlich, leicht, fast schon entspannend.
Allzu viele Leute haben sich unter dem Sternenzeltdach zwar nicht
eingefunden, aber die, die dort sind, freuen sich wohl wirklich
über den Auftritt ihrer Lieblinge.
Ein wenig mehr Arbeit am Bass wäre eventuell nicht schlecht,
aber andererseits wäre ich wohl auch zu faul dazu, wenn ich
mit langärmeligem Shirt bei vollem Scheinwerferlicht und
grundsätzlich ca. 27°C "Außentemperatur"
auch noch arbeiten müsste. Live singen können die Burschen.
Die ersten rosa Hüte und Herz-Brillen werden im Publikum
geschwenkt – warum auch immer... –, die Musiker fordern
das Publikum auf, mitzusingen. Das klappt allerdings nicht so
recht.
Nun, so nett
es auch ist, ich gehe trotzdem zurück zu MOKOMA.
Ein paar Humppa-Rufe dazwischen und Gelächter zeigen, dass
das dort durchaus als Party empfunden wird und nicht in erster
Linie als Band-Werbung. Zugabe gibt es leider keine – dazu
ist der Zeitplan zu strikt.
ANATHEMA
stehen nun auf der Hauptbühne auf dem Programm. Völlig
falsche Zeit, meiner Meinung nach: 16:30 bei 27°C mit der
geballten Kraft der Sonne im Gesicht – da will bei mir einfach
keine Laune für die Briten aufkommen. Noch dazu nach dem
dynamischen Auftritt Mokomas fällt es schwer, sich auf ANATHEMA
einzustellen – der Kontrast ist schon gewaltig. Allzu schnell
tummeln sich die Leute auch nicht vor die Hauptbühne; man
lungert lieber so rum, trinkt was, wartet unter den Zeltdächern
der beiden anderen Bühnen auf die nächsten Bands. Nun,
ich begebe mich vor den Eingang, um mich unter einen Schatten
spendenden Baum in die Wiese zu setzen. Hören kann ich ANATHEMA
auch von dort aus.
Das war
wohl ein mittelschwerer Fehler. Denn es dauert keine 10 Minuten,
bis ich ins Visier einer kirchlich engagierten Person genommen
werde, die dann zielstrebig auf mich zukommt und tatsächlich
eine Diskussion über Gott und die Bibel beginnt. Wie dem
auch sei, ich erspare euch die amüsanten Details und verschwinde
wieder hinein, aufs Gelände.
Weiter geht's
im Programm mit DEATHSTARS auf der Sue Stage
bzw. SUBURBAN TRIBE auf der Inferno Stage.
DEATHSTARS faszinieren mich dahingehend, dass
sie offensichtlich alle Sorten von Metalfans begeistern können,
und zum heftigen Headbangen bringen. Das Zelt ist gut gefüllt,
und die Wiese dahinter übervölkert. Ich bin erstaunt.
Da soll sich nochmal wer über diese Band lustig machen :P
alles nur Image-Pflege, vermute ich, denn das gemischte Publikum
rockt ernsthaft ausnahmslos mit. Persönlich reißen
mich die DEATHSTARS nicht vom Hocker, die Federboa
hätte der gute Mann auch ruhig eingepackt lassen können.
Der Sound ist sehr klar. Die Stimme wird auch bestens übertragen.
Ab und zu verhaut man das eine oder andere Riff bzw. die eine
oder andere Gesangspassage, aber schließlich handelt es
sich um eine Live-Performance. Nun gut.
Meine Beine
tragen mich unwillkürlich zur Inferno Bühne, wo mir
ein völlig anderes Klangerlebnis entgegenschallt: SUBURBAN
TRIBE. Allzu viele Leute haben sich nicht eingefunden,
aber die Anwesenden sind wirklich Fans und unterstützen die
Band entsprechend mit Applaus, und allgemeiner Hingabe. Hier herrscht
gute Laune! Es gibt sogar zwei Zugaben.
Der Sound ist einwandfrei, die Musik groovt ordentlich. Ein bisschen
HipHop-Gehopse kommt im Publikum auf, sieht fast schon nach einstudierter
Choreographie aus.
Insgesamt finde ich den Auftritt sehr gelungen.
Auf der Hauptbühne
werden inzwischen SONATA ARCTICA eingeklatscht.
Vor mir richtet sich eine Menschenwand auf. Was zum...? Hilfe,
diese Leute stehen alle an den Dixies an! Die Ärmsten…
Der Platz vor der Hauptbühne ist sehr stark gefüllt,
sogar an den Seiten hat man Schwierigkeiten sich halbwegs bequem
zu positionieren. Für meinen Geschmack haben SONATA
ARCTICA merklich an Qualität eingebüßt
– sowohl musikalisch als auch live, besonders was Tony Kakko
als Sänger angeht. Aber vielleicht ist auf der heimischen
Bühne alles anders – ich lasse mich einfach überraschen.
Das Bühnenbild sieht übrigens sehr ansprechend aus.
Nun, Tony Kakko kann live leider seine Puste nicht einteilen,
weshalb ihm das Vers-Ende (mitunter auch der Anfang) öfters
entgleitet. Schwach.
Die Instrumentalisten und auch Pyrotechniker machen ihren Job
auf einer Skala von bestens bis OK: Jani Liimatainen bringt seine
Parts gekonnt rüber, der Keyboarder legt sich tüchtig
ins Zeug, von den anderen merkt man nicht viel, und die Pyroshow-Einlagen
sind zeitlich perfekt platziert, und zwar auf den Trommelschlag
genau. Was bin ich froh, Ohrstöpsel zu tragen, sonst wäre
ich bei den Knalleffekten regelmäßig für kurze
Zeit richtig taub gewesen :-/ Schön, ich habe also die Bestätigung,
dass SONATA ARCTICA stimmlich wohl auch in heimischen
Gefilden nicht mehr so überragend sind. Ein bisschen Haareschütteln,
Mikro ins Publikum halten und verkrampft Die! Die! Die! kreischen
erhöht die Qualität auch nicht wirklich. Irgendwo im
Getümmel werden Rentier-Fahnen geschwungen.
Mittlerweile
teilen sich ARCH ENEMY und WINTERSUN
die Aufmerksamkeit der Fans. Bei ARCH ENEMY ist
die Hölle los. Das Zelt ist bis zum Rand hin dicht bevölkert
und in der Sonne außerhalb des überdachten Bereiches
drängen sich auch noch sehr viele Zuhörer und Zuseher.
Die Fans gehen voll ab und die Security hat erstmals wirklich
was zu tun. Angela Gossow heizt der Truppe hinter ihr und den
Fans vor ihr ordentlich ein, was die Euphorie noch weiter steigert
und die Security schwitzen lässt. Tolle Show – da geht
was weiter!
Ich quetsche
mich mühevoll durch die ausrastende Menge um einen Abstecher
zu WINTERSUN zu machen. Auf der Sue Stage geht
es nicht minder ausgelassen zu: Jari Mäenpää ist
voll in seinem Element, legt gerade ein Mördersolo hin und
ich frage mich immer intensiver, warum diese beiden Bands nicht
auf der Hauptbühne spielen. Gegen Ende startet eine mächtige
Nummer im Dreiviertel-Takt – atmosphärische Keyboardklänge
schwirren durch die Luft, zusammen mit schönen Gitarren-Leads
und einem weiteren tollen Solo. WINTERSUN haben
live einfach was drauf.
Zurück
zu ARCH ENEMY: Ich höre noch das letzte
Stück, ein typisches ARCH ENEMY-Brett mit
Abschieds-Solo, das zwar etwas unnötig in die Länge
gezogen wird, aber trotzdem ziemlich mächtig bleibt. Die
Stimmung ist in etwa diese: sie kutschierten ihre Fans in einem
rasanten Gefährt durch die Gegend und bringen sie jetzt zur
nächsten Haltestelle..... oder so ;-) die geile Party ist
vorbei, alle sind euphorisch und wollen mehr. Zugabe gibt’s
leider keine.
Als Höhepunkt
und zugleich letzte Band des ersten Festival-Tages spielen SISTERS
OF MERCY auf der Hauptbühne. Da ich mit dieser Band
eigentlich nichts anfangen kann, mache ich mich lieber Richtung
Hotel auf, um mich ein wenig frisch zu machen für den späteren
Abend. Mein Ziel heißt Nosturi, in dessen Räumlichkeiten
SCORCHED EARTH TACTICS, ENOCHIAN CRESCENT,
SILENTIUM und KORPIKLAANI spielen
werden.
Wie sich heraus stellt, dauert es noch sehr lange bis ich endlich
ein paar lausige Stunden Schlaf finde.
SAMSTAG
1. Juli
STAM1NA
eröffnen den zweiten Festivaltag bereits um 13:45, und zwar
auf der Hauptbühne. Allzu viele Leute sind noch nicht da,
und insgesamt scheinen mir die Leute noch sehr, sehr müde
zu sein. Ich bilde da keine Ausnahme, aber da ich diese Band vermutlich
nicht mehr so bald sehen werde, will ich sie keinesfalls verpassen,
zumal mir ein paar Songs bekannt sind und mir diese auch ausgesprochen
gut gefallen. STAM1NA spielen groovigen Metal
typisch finnischer Färbung (setzen sich stilistisch also
zwischen mindestens drei Stühle) mit einem gewissen Extra,
das sie dann doch irgendwie „anders“ macht. Die Texte
sind alle auf Finnisch. Langsam wacht die kleine, versammelte
Gemeinde auf und lässt sich von der sehr motiviert wirkenden
Band mitreißen. Die Darbietung klingt insgesamt recht gekonnt
und tight; die Stimme klingt auch live überzeugend.
Danach zeigen
PAIN CONFESSOR auf der Sue Stage und APRIL
auf der Inferno Stage was sie können. Ich bin total von den
Socken! PAIN CONFESSOR sind mir bisher nicht
einmal namentlich untergekommen, was beinahe unverzeihlich ist.
Sowas von einem geilen Melodic Deathmetal-Brett, trotz des obligatorischen
Keyboards! Druckvoller Sound, absolut eingängige Gitarrenläufe,
griffige Riffs und auch das Bassspiel passt, dazu eine sehr gute
stimmliche Darbietung sowohl vom Hauptsänger als auch vom
Gitarristen – was will man mehr! Wenn ich sie am Vorabend
in angeheitertem Zustand im Nosturi gehört hätte, wäre
ich vermutlich spontan auf die Knie gefallen, hahaha! Das Publikum
unter dem Zeltdach geht mächtig ab und das um diese relativ
frühe Zeit. Gepost wird auf der Bühne auch kräftig
und mit großer Hingabe, dies aber zu Recht! Aus irgendeinem
Grund sind die Securityleute ständig beschäftigt, obwohl
ich keine außergewöhnlichen Szenen beobachten kann.
Diese Band werde ich mir sicher mal auf Konserve anhören.
Aufgrund meiner
übermäßigen Begeisterung für PAIN
CONFESSOR vergesse ich tatsächlich auf APRIL,
die ich ebenso nicht kenne – tja....
Der Ansager
kündigt für die Hauptbühne DIABLO
an. Au weia, der gute Mann klang gestern doch noch ganz anders,
hehe. Hatte wohl auch zu lange gefeiert. Meine Geschmacksnerven
spielen übrigens auch verrückt nach diesem (im Nachhinein)
grausigen Salmiakki Zeug. Bah. Wasser schmeckt wie saures Gemüse,
Buttermilch schmeckt abscheulich und Obst schmeckt wie wenn es
gärte, und überhaupt frage ich mich wieso ich denn bitte
Lakritze in flüssiger Form zu mir genommen habe!?
Nun aber zu DIABLO. Auf diese Band bin ich ziemlich
gespannt, denn ihre Alben zählen zu meinen Lieblings-CDs,
gehören schon jetzt zu meinen ewigen Klassikern. Ob sie live
auch gut rüber kommen? Gleich als ersten Song spielen sie
Shadow World, den ersten Track auf der letzten CD Mimic47.
Nun, ganz so mitreißend ist der Beginn nicht, schwächelt
ein wenig, obwohl der Song an sich gut ist. Danach kommt ein Stück
vom Renaissance Album: Icon Of Flesh.
Langsam wird man besser. Read My Scars vom Album Eternium
schließt gleich daran an. Das Stück scheint live recht
gut zu wirken, animiert die Leute zum Mitsingen; das Band-Publikum
Verhältnis wird besser. Damien – jetzt geht’s
wohl richtig los! Eine Flasche fliegt für meinen Geschmack
zu dicht an meiner Nase vorbei, trifft dann auch noch eine Person
neben mir. Na aber hallo! Das ist der erste unnötige Zwischenfall
beim Tuska Festival 2006, den ich beobachten kann. Es folgt Rebellion
Of One, ein weiterer Song des letzten Albums, der die Stimmung
weiter hebt. Danach rocken alle zu In Sorrow We Trust.
Ein Blick um mich zeigt mir, dass der Platz sehr gut gefüllt
ist, sogar die Seitenbereiche und der Bereich hinter der Technik
sind belegt. Es scheint ein anstrengender Tag zu werden –
kein Wunder, der Samstag ist eben der Haupttag. Inzwischen bangen
Band und Publikum zu Condition Red, The Preacher,
Mimic47, aufgelockert von Sprechchören, die von
Sänger Rainer Nygård moderiert werden: Perkele!
Das ist übrigens
das wichtigste Wort während des gesamten Festivals: beinahe
keine finnische Band, die keine Perkele!-Sprechchöre anleiert.
Na dann: perkele!
Langsam verkrümeln sich etliche Grüppchen in Richtung
Sue Stage, um einen guten Platz für eine der beiden nächsten
Bands zu sichern: NORTHER. Ich bleibe und höre
mir Queen Of Entity an. Symbol Of Eternity und
D.O.A. bringen das Publikum wieder dazu, mitzusingen
und dem insgesamt guten Auftritt einen schönen Abschluss
zu verleihen.
Die Sonne sticht derzeit wie blöd, es ist temperaturmäßig
ziemlich unangenehm geworden – zum Glück wird immer
wieder Wasser in die Menge gespritzt, das kühlt ab. Danke.
D.O.A. klingt live extrem klasse. Vielleicht liegt das
daran, dass Nygård es etwas höher singt als auf CD
und dadurch etwas dramatischer klingt. DIABLO
steigern sich während des Sets ständig und sind ab dem
zweiten Drittel so richtig gut drauf. Dazwischen gibt es immer
wieder kurze TV- oder Film-Sequenzen als Intros, die nicht alle
auf CD zu hören sind. Insgesamt bin ich vollstens zufrieden
mit ihrem Auftritt :-)
So, ich brauche
Pause. Wasser muss her. Und Schatten. Die flüssige Lakritze
macht mir immer noch zu schaffen, haha! Während NORTHER
auf der Sue Stage und THE SCOURGER auf der Inferno
Stage ihr Können zeigen, setze ich mal eine Runde aus, sorry.
Schließlich will ich fit für einen weiteren Höhepunkt
sein: AMORPHIS! Pünktlich um 17:00 legen
sie los.
Während des Sets wird immer wieder Wasser in die Menge gespritzt
– eine Wohltat, ich sag's euch! Dieses Mal verhunzt der
gute Tomi den Song Alone auch nicht, wie zuletzt in Wien
– ich bin begeistert. Ernsthaft. Eine solide gute Show,
die Songauswahl stellt wieder einen kleinen Querschnitt durch
fast alle Schaffensperioden dar (obwohl wieder nix vom Album Far
From The Sun gebracht wurde. Mich würde interessieren,
ob sie das Album selbst „verschweigen“ wollen oder
ob sie sich einfach nach den Fans richten, die zu 99% aus irgendeinem
Grund alle dieses Album verabscheuen. Ich find's gar nicht sooo
übel.).
Nun gut, zurück zum Festival und zum Auftritt AMORPHIS.
Man merkt, dass sie lange genug Live-Erfahrung haben. Trotz der
grellen Sonne im Gesicht, die nicht unbedingt zu entspannten Gesichtszügen
beiträgt, ziehen sie ihren Auftritt souverän und trotzdem
mitreißend durch, wissen genau wann sie wie improvisieren
können und sollen, damit die Songs nicht bloß runtergespielt
klingen, aber auch nicht zu weit von der Konserve entfernt sind.
Da mich METSATÖLL
nicht sonderlich interessieren, widme ich mich den Schweden NINE
auf der Inferno Bühne. Diese spielen irgendetwas punkig Hardcore-artiges
und bringen entsprechendes Gehabe mit, wirken wie eine Schülercombo.
Seltsam. Das ganze ist eher eine Screamo-Angelegenheit und wenig
rhythmisch eingängig – und wird nach dem fünften
Song nicht besser. Vielleicht sollte ich mich doch zu METSATÖLL
begeben? Ich entscheide mich für einen Kompromiss und setzte
mich auf die Wiese hinter der Sue Stage; so habe ich METSATÖLL
im Ohr. Diese finde ich nicht besonders herausragend, klingt für
mich nach Polka-Blackmetal. Kaffee!!
Nächster
Termin: OPETH auf der Hauptbühne. Ach du
Schande! Das gesamte Areal ist KOMPLETT VOLL. Die Leute stehen
sogar bis fast zu den beiden kleinen Bühnen und bis weit
hinter der Technik! So einen Hype hätte ich nun doch nicht
vermutet. Dass OPETH groß angesagt sind,
ist offenkundig, aber dass das Interesse solche Ausmaße
annimmt, überrascht mich nun doch. Ich starte gar nicht erst
den Versuch, ein Stück näher an die Bühne zu kommen
um ein brauchbares Foto zu machen – es hätte keinen
Sinn. Ähnlich wie bei Anathema, wirken OPETH
bei immer noch voller Sonneneinstrahlung und dem Kerzenschein-Banner
leicht deplatziert... entsprechende OPETH-Stimmung
kommt nur in den vordersten Fanreihen auf. Zwischendurch versucht
Herr Åkerfeldt immer wieder das Publikum bei Laune zu halten.
Insgesamt finde ich die Vorstellung bei diesen Witterungs- und
Lichtverhältnissen etwas zäh, was mir verschiedene Festivalbesucher
bestätigen. Im dunklen, kleineren Venues wirken sie jedenfalls
besser.
So, nun aber
ist es soweit. Ein Auftritt, auf den ich mich besonders freue,
steht an, und ich werde den Damen und Herren von EPICA
leider keine einzige Minute Aufmerksamkeit schenken können,
denn dazu sind mir KALMAH auf der Inferno Bühne
viel zu wichtig :-) Erste Antti-Rufe werden laut (der Typ heißt
so, das sind keine Buh-Rufe), das Sternenzelt ist bereits von
recht vielen Fans in Beschlag genommen; die Band wird eingeklatscht
und herbeigerufen. KALMAH starten gleich mal
mit Vollgas: Bitter Metallic Side. Innerhalb der ersten
Minuten bildet sich ein Moshpit, der leider recht bald aufgelöst
wird. Die Security kommt mal wieder so richtig zum Einsatz. Ein
junger Fan wird gleich „abgeführt“. Das wahnsinnige
Lächeln auf seinem Antlitz jedoch verrät, dass er jede
Sekunde genossen hat und dass er wiederkehren wird, hehe. Weiter
geht’s! Rasant und druckvoll, trotzdem sauber gespielt,
voller Band-Einsatz und zwar von jedem einzelnen Mitglied! Pekka
Kokko kreischt und gröhlt was das Zeug hält ohne auch
nur ein einziges Mal zu schwächeln. Selbiges gilt für
seinen Bruder an der Gitarre, der sogar mich als Nicht-Gitarristen
in der Tat auch live beeindruckt: das ist nicht bloß Gefrickel,
sondern Freude am Spielen. Fantastisch. Janne Kusmin haut sich
naturgemäß ebenfalls ins Zeug und der Mann am Keyboard
scheint überhaupt nur noch aus einem einzigen rotierenden
Haarschopf zu bestehen. Der Basssound ist spitze! Die Songs erweisen
sich alle als äußerst live-tauglich, ganz besonders
die Stücke des letzten Albums The Black Waltz.
Aber auch Songs des ersten Albums kommen besonders gut rüber,
wie z.B. Heritance Of Berija eindrucksvoll beweist.
Den Abschluss
des 2. Festivaltages machen VENOM, die alten
Poser-Recken (ahem...) Nun, mich interessieren sie nicht wirklich.
Huch, da fangen sie schon an! Aua, Pyro-Knalleffekt und Rückkopplung
– das vertrag ich nicht. Man hört nur Schlagzeug und
ein wenig Bass – Stimme und Gitarren überhaupt nicht.
Da war wohl der Leibhaftige am Werk? Nach dem zweiten „Song“
funktioniert dann alles wieder. - Ich gehe trotzdem zum Hotel,
um später ins Gloria zu marschieren, um mir die geballte
Ladung folgener Bands zu geben: INSOMNIUM, KIUAS,
ENTER MY SILENCE, OMNIUM GATHERUM.
Diesmal ohne Salmiakki Intermezzo ;-)
SONNTAG
2. Juli
Der letzte Festivaltag bricht an, eine frische Brise weht durchs
Inferno-Zelt, die Band VERJNUARMU hat bereits
zu spielen begonnen. Und wieder ist mehr los als ich erwartet
hätte. Die Anhängerschaft ist bereits jetzt in vollem
Einsatz, das nenne ich Support! Ein paar Stücke sind mir
geläufig, andere überhaupt nicht. Die Band hat sich
brav geschminkt und verkleidet und zieht ihr Programm sehr zufriedenstellend
durch. Applaus & perkele.
Parallel zu
VERJNUARMU spielen MENDEED aus
Großbritannien auf der Sue Stage ihre punkig angehauchte
Metalcore Variation mit entsprechend viel Screamo-Feeling, Posen
und Dramatik. Ich grinse nur noch und vertiefe mich in meine Notizen...
Bei dieser Band bin ich mir nicht sicher ob ich das mag was ich
höre oder doch nicht. Übel find ich die Vorstellung
nicht, aber der Funke will auch nicht so recht überspringen.
Der Trommler von MENDEED verdient jedenfalls
eine extra Erwähnung, denn die Rhythmusmuster sind in der
Tat interessant zu verfolgen und außerdem passt der Kick
perfekt.
Danach kommt
eine alte Haudegen Band auf der Hauptbühne zum Zug: SODOM.
Da ich Old-School-Thrashmetal nicht sonderlich zugeneigt bin und
die Band zudem viel zu oft in letzter Zeit gesehen habe, quäle
ich mich nicht, sondern setze mich in ein verbleibendes Stückchen
Grün hinter die Sue Stage. Nach einer Runde Dösen bewege
ich mich wieder in Richtung Inferno Bühne, wo in Kürze
SWALLOW THE SUN auftreten werden. Auch diese
Band zählt zu jenen, die ich unbedingt mal gesehen haben
wollte. SODOM nerven noch mal für 2 Zugaben,
wobei eine davon eine Version von Ace Of Spades ist... Der Platz
hat sich schon mächtig gelichtet, die Seiten sind absolut
frei. Der Abschlussapplaus des verbliebenen Publikums fällt
auch eher mäßig aus – von Hysterie oder Frenetik
keine Spur. Richtig Freude hatten wohl nur die treuesten Fans
ganz vorne an der Bühne.
Unser
netter Ansager ist komplett von der stimmlichen Rolle. Er ist
nicht nur heiser sondern hat nahezu überhaupt keine Stimme
mehr. Was sich vermutlich bis zum nächsten Tuska auch nicht
mehr ändern wird :D Oh Mann, die Knoten an seinen Stimmbändern
will ich nicht haben.
SWALLOW
THE SUN beginnen mit exzellentem Sound: klar, druckvoll,
trotzdem nicht wummernd. Die Sonne hat sich hinter einer dünnen
Wolkendecke versteckt, sodass auch die Atmosphäre –
ohnehin dadurch begünstigt, dass der Auftritt unter einem
Dach statt findet und nicht mit der direkten Sonne im Gesicht
auf offener Bühne (wie bei Anathema und Opeth) – entsprechend
gedämpft wirkt mit einem Touch Schwere und Dramatik. Die
gleitenden, mächtigen, sehr doomigen Stücke wirken auf
das Fanpublikum beinahe hypnotisierend. Massen haben sich bei
der Inferno Bühne nicht gerade eingefunden – das Zelt
ist locker aber doch gefüllt. Bass und Schlagzeug finde ich
bewundernswert gespielt, weil sie tatsächlich so gut wie
keinen Taktfehler machen – und dies das ganze Set hindurch,
bei getragenem Tempo, das irgendwo zwischen langsam und noch langsamer
liegt. Zuletzt spielen SWALLOW THE SUN doch noch
eine Nummer in mittlerem Tempo. Eine sehr schöne Vorstellung
insgesamt, ich bin keinesfalls enttäuscht.
Allgemeines,
kurioses Detail am Rande: Die Finnen rufen selbst bei finnischen
Bands "We want more!" wenn sie eine Zugabe wünschen.
Ein einfaches "Lisää!" klingt wohl nicht fordernd
genug ;-)
GOJIRA
habe ich zugunsten SWALLOW THE SUN sausen lassen.
Man kann nicht alles haben.
Als nächstes
stehen TAROT auf dem Programm, und zwar auf der
Hauptbühne. Irgendwo zwischen Heavy Rock und Powermetal,
wissen sie, wie sie ihre doch beachtliche Gruppe an Fans bzw.
geneigten Zuhörern zu unterhalten haben. Der Sänger
läuft offensichtlich unbeeindruckt von der Hitze auf und
ab, post sich richtig freudestrahlend (!) einen weg, und auch
die übrige Mannschaft ist recht mobil. Mitunter wird das
Publikum mit Zwischenansagen unterhalten – mal wieder Perkele
- und auch die Kirchenvertreter vor dem Eingang kommen nicht ungeschoren
davon – man widmet ihnen sogar ein Lied. Solide Show mit
viel Bewegung und Routine. Trotzdem wirken TAROT
nicht aufgesetzt und verkrampft bemüht sondern nehmen es
locker und laden zum Schluss sogar noch zu einer Runde Posen ein,
damit jeder sein eigenes Foto schießen kann :D Ich mag diesen
Humor.
Das Festival
nähert sich seinem Ende – für mich stehen nur
noch BURST bzw. TIMO RAUTIAINEN
an. Auf CELTIC FROST werde ich verzichten, da
sie mich nicht besonders interessieren und ich auch an einem ziemlich
großen Schlafdefizit leide. BURST aus Schweden sind auf
den Emo-Metalcore-Zug aufgesprungen und hopsen entsprechend melodramatisch
auf der Bühne umher. Schon wieder so eine Combo im "Schüler/College-Look"
mit Screamo-Vocalisten. Die Musik finde ich nicht gerade spannend,
wenn sie auch recht gut gespielt wird. Ein kreischender weiblicher
Fan hält zumindest die Band bei Laune. Die Bühnenshow
finde ich übertrieben emotional und nervig, was aber auch
an meinem immer größer werdenden Wunsch nach Schlaf
liegen mag, dass ich so unleidlich geworden bin :D Der Trommler
hingegen scheint was drauf zu haben. Diese Kombination (nerviger
Sänger, guter Trommler) scheint wohl die Regel zu sein bei
Bands dieser Richtung...
Ein kurzer
Abstecher noch zu TIMO RAUTIAINEN auf der Sue
Stage. Netter Hardrock, aber nichts was mich in diesem Zustand
noch großartig begeistern könnte. Ich bin fertig.
Ein paar kleine
Kinder tummeln sich um das Inferno Zelt, mit Minishirts von Viikate
und Slayer :D einer der Kleinen post so richtig mit Getränkeflasche-Luftgitarre
und vollster Hingabe, Mimik und Gestik (!) zu BURST.
Aus dem wird noch mal ein richtiger Fronter, hihi!
Sehr gute
Fotos des gesamten Festivals gibt es z.B. unter dieser Adresse:
http://rajakatu.ath.cx/gallery/Tuska2006
Vielen Dank an Anssi – horns up! :-)
Und danke
an José
Carlos Santos aus Portugal, der uns seine Fotogalerie
ebenfalls zur Verfügung stellt :)
Und natürlich
findet ihr auch auf den diversen Band-Homepages jede Menge Festivalfotos!