Laptops
im Nebel zwischen Pathos und Party
Rechtzeitig
zum Wochenende hieß es mal wieder: „Ab nach Krefeld!“
Dort hatte sich ein hochkarätiges und abwechslungsreiches
Electropackage in Form von VNV NATION, DIORAMA,
beide mit jeweils neuem Album im Gepäck, und zu guter letzt
den etwas härteren SOMAN angekündigt.
Mit einer gehörigen Portion Skepsis, ob sich die ruhigeren
Klänge von DIORAMA mit den partytauglichen
Elementen von VNV NATION und SOMAN
(„Industrial For Clubs“) vertragen, durften wir inklusive
einer beträchtlichen Anzahl von Besuchern des lange ausverkauften
Konzertes erst einmal fast eine Stunde nach offiziellem Einlass
vor verschlossenen Toren verbringen, bis die KuFa
endlich ein Einsehen hatte, die mittlerweile schon leicht fröstelnden
Fans reinzulassen.
Dafür
ging es aber bereits nach einer kurzen Pause mit dem ersten Act
:: SOMAN
:: los. Der arme Protagonist hatte aufgrund der kleinen
Bühne und bereits aufgebautem Equipment von DIORAMA
und VNV NATION nur noch ca. einen Quadratmeter
Platz für sein Laptop inklusive Mischpult übrig, den
er aber sichtlich zu nutzen vermochte. Wie ein Derwisch zappelte
der sonnenbebrillte „Mr. Soman“ (Zitat Ronan Harris)
im stellenweise dichten Nebel während seines etwa 30-minütigen
Gigs hinter seinem Laptop und versuchte dabei die sich rasch füllende
Halle mit seinen instrumentalen, technoiden Industrialbeats und
auffordernden Gesten einzuheizen. Vom Publikum bekam er aber leider
nur spärliches Wippen im Takt zurück. Vielleicht war
den Besuchern die etwas monotone Mischung in Kombination mit spärlichen
und trockenen Ansagen zum Einstieg etwas zu hart. Da konnte auch
der kurz vor Schluss eingebrachte SOMAN-Mix von
VNV NATION's Chrome die Meute nicht
mehr versöhnlich stimmen. Mir hat's wie auch einigen anderen
jedenfalls schon gefallen.
Blitzschnell
wurde Soman's Equipment weggeschleppt, ich konnte gerade mal eine
Zigarette im Café rauchen, schon betraten ::
DIORAMA :: die Bühne. Die Band, diesmal nur
zu Dritt, zeigte sich sehr spielfreudig und konnte ihre Begeisterung
auch auf das Publikum, dankbar, dass nun musikalisch einen Gang
zurück geschaltete wurde, übertragen. Neben bekannten
Hits der ersten beiden Alben wie Advance, Last Minute
oder hla, kamen auch drei Songs des gerade erschienenen
Albums Amaroid zum Zuge, die von den
zum Teil wahrscheinlich extra für DIORAMA
angereisten Fans sehr positiv aufgenommen wurden. Die Aufmerksamkeit
galt in erster Linie Sänger Torben Wendt, der den guten Sound
durch seinen klaren ausdrucksstarken Gesang perfektionierte, wobei
Keyboarder Felix Marc und Gitarrist Sash Fiddler etwas im Hintergrund
blieben. Nach kurzen 40 Minuten verließ die Band leider
ohne die Möglichkeit einer Zugabe die Bühne, um den
Weg für VNV NATION freizumachen. Nach dem
Konzert mischten sich die Jungs von DIORAMA am
Merchandisingstand noch unters Publikum und gab bereitwillig Autogramme.
Setlist: Logic Friends, Last Minute, Advance,
The Girls, Someone Dies, Howland Road, hla
Abermals gestaltete
sich die Umbaupause erfreulich kurz und es wurde Zeit für
den Headliner :: VNV
NATION :: Die Dichte von VNV NATION-Shirts
im Publikum war beeindruckend und wieder mal ein Beweis für
die langjährige, treue Fanbase der Electrogröße.
Der Bühnenaufbau war angeordnet wie auf der Futureperfect
Tour, sprich der E-Drum-Hühne Mark Jackson wurde mittig auf
einem Podest zwischen zwei Videoleinwänden und Keyboards
(hier gab es ein Wiedersehen mit „Mr. Soman“, diesmal
ohne Sonnenbrille aber dafür mit VNV-Hemd ausstaffiert) nebst
Laptops eines bekannten US-amerikanischen Herstellers platziert,
während Sänger und Animateur Ronan Harris ein schmaler
Bereich am Vorderrand der Bühne blieb, den dieser –ständig
in Bewegung- beackerte.
Von der Songauswahl boten VNV NATION einen repräsentativen
Querschnitt aus ihren vier letzten Alben (das Debüt Advance
And Follow wurde nicht berücksichtigt), der
Einstieg erfolgte mit dem Intro des aktuellen Longplayers Matter
And Form nebst der (Download-)Single Chrome.
Das Publikum war sofort Feuer und Flamme und Frontmann Ronan Harris
hatte allerspätestens nach den beiden Klassikern Joy
und Darkangel das Publikum voll im Griff. Diese euphorische
Stimmung sollte bis zum Ende des zweistündigen Konzertes
durchhalten. Bis zur letzten Reihe des Saals wurde getanzt, mitgesungen
und einfach nur Party gemacht. Die Band war von den Reaktionen
der Fans sichtlich erfreut und der bekanntlich redselige Ronan
zeigte sich zu teilweise längeren Ansprachen, Scherzen und
Dankesworten an die Fans animiert. Typisch für die Performance
von VNV NATION waren der enge Kontakt zwischen
Fans und Bühne und die immer wieder eingebauten pathetischen
Posen mit ausgestreckten Armen und geballten Fäusten zu beispielsweise
dem neu aufgelegten Hit Honour oder Legion.
Im Laufe des Konzertes jagte ein Höhepunkt den nächsten,
aber nicht zu toppende Elemente waren für mich die A-capella-Version
von Beloved (im Duett mit den Fans) und die selbstironische,
oberposermäßige sowie obendrein synchrone(!) Tanzeinlage
des Duos bei der allerletzten Zugabe Electronaut. Einfach
nur genial.
Nachdem ich in der letzten Zeit einige Auftritte von VNV
NATION auf Festivals verschmäht hatte, ist mir dieses
Mal wieder klar geworden, dass VNV NATION einer
der besten Liveacts des Genres sind, den man auf keinen Fall verpassen
sollte und sich immer wieder ansehen kann.
Setlist: Into, Chrome, Joy, Darkangel, Arena,
Standing, Epicentre, Entropy, Endless Skies, Legion Live, Kingdom,
Honour 2003 // Homeward, Distant/Rubicon, Perpetual // Further,
Beloved // Electronaut