[Dajana]
Ein hoch auf die chinesische Klonkunst – ich brauch endlich
funktionsfähige Duplikate meiner selbst, denn der 31. Mai
war mal wieder einer dieser Kettensägenmassaker-Tage, bei
dem man sich als Musik- und Konzertjunkie in (gefühlte) 100
Teile zersägen muß, um an 100 Veranstaltungen gleichzeitig
teilnehmen zu können (tatsächlich waren es genau 10).
Meine Planung hieß erst VALBORG, dann anders, aus
anders wurde nix, also doch wieder VALBORG, in Münster.
Warum in die Ferne schweifen… Das NH liebt die Zeitgeister,
das NH liebt VALBORG, da gibt es, was mich betrifft doch
eh keine Fragen mehr zumal ich VALBORG noch nie live gesehen
habe… ;)
::
Fotos ::
[Dajana]
Der Abend beginnt (Reifen)platt aber relaxt mit Haltepunkten an
verschiedenen Bierstellen. Wir haben es nicht eilig, die Bands
auch nicht ;) Opener :: AUßERWELT
:: beginnt mit knapp einer halben Stunde Verspätung
(und überzieht dann auch noch). Die 2011 gegründete
lokale Post Black Metal Band spielt heute ihren zweiten Gig und
das merkt man den Münsteranern deutlich an. Sie sind unsicher,
verspielen sich, drehen sich von Publikum (und Kamera) weg (und
das darf nur Jim Morrison) und der Sänger weiß nicht
wohin mit seinen Händen. In die Hosentaschen gehören
die jedenfalls nicht. Aber nun, Meister fallen bekanntlich nicht
vom Himmel. AUßERWELT haben sicherlich einen noch
recht langen Weg vor sich, bevor aus dem belanglosen aber zurzeit
hippen Post Black Metal ernstzunehmende Kompositionen werden und
sich auf der Bühne sowas wie Atmosphäre aufbaut. Bei
den letzten beiden Stücken hatten AUßERWELT
dann zumindest sowas wie einen gemeinsamen Rhythmus gefunden und
kamen ein bißchen aus sich heraus… Da geht noch was.
[BRT] Jau, kann ich so unterschreiben und würde das
Ganze aber noch mit überambitioniert aber mit gravierenden
handwerklichen Mängeln, vor allem im Rhythmus-Bereich, und
einer völlig fehlenden Ausstrahlung konkretisieren. Die Klopper-Parts
waren einfallslos und schlecht gespielt! Zumindest muß man
den Jungs attestieren, daß ihre akustischen Postrock-Parts
schon in die richtige Richtung gehen. Dieser Auftritt kam für
die Jungs von AUßERWELT aber definitiv viel zu früh.
Daher war draußen dann doch besser...
Setlist: WL, Odem, Euphorie, Wende, Nebel, Aufbruch,
AGM
[Dajana]
Ganz anders :: VALBORG
:: Der garstige Death/Black/Doom-Bastard der Zeitgeister
hat sich längst etabliert und eine Art Kultstatus erreicht.
VALBORG beschränken sich musikalisch auf das Wesentliche,
sind dabei trotzdem so experimentierfreudig wie unberechenbar,
hypnotisierend brutal, grobschlächtig und verbreiten Celtic
Frost’sche Düsternis. Und genau so bringen sie das
live auch rüber. Das ist einfach nur zum niederknien großartig!
Während Bassist und Sänger Jan den Leuten mit fiesem
Gesang das Fürchten lehrt, tobt Gitarrist Christian wie ein
Derwisch über die Bühne und durch das Volk. Nun ja,
Drummer Flo ist da ja etwas platzgebunden… Das ist vertonte
Boshaftigkeit, und das minderjährige true Black Metal Fußvolk
sucht verschreckt das Weite. Wie putzig… Das •
Sputnik
Café • hat sich nun leider merklich
geleert. Eine Schande… Meine Wenigkeit genießt und
huldigt VALBORG allerdings bis zur letzten Sekunde. Das
war einfach unglaublich. Der Hammer! Ein Konzerterlebnis der Extraklasse!
[BRT] Völlig fehlplaziert sind die beiden Bands um
VALBORG herum, denn diese zeigen von der ersten Sekunde
an, wie man Ausstrahlung und in-your-face-Attitüde auf der
Bühne umsetzt und wie man trotz anspruchsvoller Musik die
Hölle auf die Bühne rockt... Jaja, das war schon sehr
eindrucksvoll und ist Werbung dafür sich nächstes mal
wieder einen Gig von den Jungs anzuschauen. Der klassische Black
Metaller scheint mit dieser Art von Sound und seiner Präsentation
ein wenig überfordert... Schade. Ein kleiner Makel ist der
etwas zu leise Gesang, der leider im stampfenden Inferno untergeht.
Setlist: Tempelberg, Vervolv, Under The Cross, Dawn
Of Gloom, Ich fresse die alte Sommernacht, Massaker in St. Urstein,
Sakrale Vernichtung, Battlefield Of Souls, Eerie And Old, Whispers
Of The Wizard
[Dajana]
Die - nennen wir sie mal Black Metal Szene - ist rührig dieser
Tage, entfaltet sich stilistisch enorm. True ist out, alles ist
erlaubt, was sich an Genres, Stilen und Einflüssen mit dem
Black Metal (oder auch nicht) paaren und verschmelzen läßt.
Da läßt sich unglaublich viel Schrott aber auch so
manches musikalisches Kleinod finden. Und auf sowas hoffte ich
heute abend, denn zum einen gehört ::
TOTAL
NEGATION :: zum Temple Of Torturous Label, zum
anderen findet sich hinter diesem Ein-Mann-Projekt der Wiedergaenger,
unter anderem bekannt von Aurvandil, Qualitätsmerkmale. Der
heutige Abend steht ganz im Zeichen seines neuen Albums Zur
späten Stunde | Zeiträume, welches mit dieser
Show nun als offiziell veröffentlicht gilt. Und diese war…
die allererste Liveperformance von TOTAL NEGATION. Dafür
hat sich der Wiedergaenger ein Liveband dahingestellt, maskiert
und zumindest optisch interessant. Es gab eigenes Licht und allerlei
Utensilien - eine Uhr, die später angesägt wurde, einen
Eimer Erde nebst riesigem Spaten, ebenfalls in Gebrauch und Computer,
Cajón und ein Mellotron? Das hieß wenig Bewegungsfreiraum
für die Musiker und den Hauptakteur, der so seine künstlich
aufgesetzte, überambitionierte Wahnsinnigkeit wenig zur Schau
stellen konnte. Musikalisch würde ich das Ganze mal unter
suizidal-depressiven Black Metal einordnen, gemischt mit Krautrock.
Daher die Mellotron-, Mundharmonika- und sonstigen (synthetisch
erzeugten) obskuren Klänge. Klingt aus der Konserve recht
spannend, live kam davon aber herzlich wenig rüber. Der Sound
war dafür einfach suboptimal und das Hauptaugenmerk lag halt
mehr auf der Show als auf der Musik an sich. Hatte alles einen
zu gewollten und übertriebenen Anstrich.
[BRT] Wie schon Außerwelt sind auch TOTAL NEGATION
ziemlich überambitioniert. Die Jungs wollen sehr viel und
genauso wirkt der Gig, irgendwie pseudo-intellektuell... Man versteckt
sich hinter netten Masken, aber so richtig will die Atmosphäre
nicht zünden. Handwerklich gibt es nichts auszusetzen, aber
vielleicht ist Depressive Suicidal Black Metal auch einfach nichts
was auf die Bühne muß, sondern in einem dunklen kerzenerleuchteten
Zimmer gehört werden will. Das betont schrille Gekreische
des äh, Sängers... geht mir dazu noch ziemlich schnell
fürchterbar auf den Sack und so verziehe ich mich raus zum
Bier trinken.
Setlist: Zeitwende, Zeit, Dead Day, Widerstand, Geist,
Einzug
[Dajana]
VALBORG waren also der klare Gewinner, in allen Belangen,
auch wenn das jetzt nicht wirklich schwer war. Endlich hab ich
sie mal live gesehen und bin hin und weg. Davon hätte ich
gern mehr. Bierselig streune ich noch ein Weilchen durch’s
Gelände und troll mich dann auch.
[BRT] Jawoll, das kann und muß ich so unterschreiben!
Nebenbei ein toller Abend mit vielen netten Leuten, wo allerdings
eins von den höchstens drei Bieren die ich intus hatte schlecht
gewesen sein muß... Der Heimweg per Zug war zumindest recht
unangenehm ;)