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2022-09-16 DE – Oberhausen - Turbinenhalle 2
 

| Einlass: 18:00 Uhr | Beginn: 18:45 Uhr | Tickets: 38,00 Euro + Gebühren |

 

THE CHARIOTS OF FIRE TOUR

[Seb] Satte 959 Tage ist es her, dass wir zum letzten Mal hier in der :: Turbinenhalle Oberhausen :: bei einem der letzten prä-pandemischen Konzerte waren (Dimmu Borgir und WITTR). Inzwischen sieht es fast so aus, als stünde uns bald wieder eine Art Zwangspause bevor. Dieses Mal nicht wegen eines Virus, sondern weil eine Veranstaltung nach der anderen abgesagt wird: Eine sich selbstverstärkende Spirale aus "wirtschaftlicher Unsicherheit - geringe Vorverkäufe - Erste Absagen wegen schlechter Vorverkäufe - noch weniger Vorverkäufe weil ja so viel abgesagt wurde"... hoffen wir mal das Beste. Viel mehr kann man ja heutzutage eh nicht mehr tun.
Heute war allerdings schon um 18 Uhr eine ordentliche Schlange am Eingang, und obwohl die Halle wohl ziemlich sicher nicht ausverkauft war, versammelte sich bis zu den Headlinern eine angemessene Menge an Fans in der T2.
[Dajana] Ja, das ist schon traurig, wenn man sagen muss, dass ein Tourtrek wie dieser damit zufrieden sein kann, wenn die Halle Pi mal Daumen halbvoll ist. Bei vielen anderen Konzerten sieht das viel dramatischer aus. Die Empore war dicht und unten standen die Fans schon sehr locker, so dass ich mal auf gut 700 Leute schätzen würde (Kapazität 1300).
Schöner war, so viele Menschen wiederzutreffen :)

:: Fotos :: BØLZER ::

[Seb] :: BØLZER :: fingen zu jedermanns Überraschung (ich ging von 18.30 aus, auf den digitalen Tickets stand offenbar sogar Beginn 18.45) entweder gute zehn oder sogar 25 Minuten zu früh und vor allem nur wenige Minuten nach dem etwas verspäteten Einlassbeginn an: Als zahlender Kunde hätte ich mich darüber durchaus geärgert, insbesondere wenn ich wegen genau dieser Band angereist wäre. Es kann natürlich auch sein, dass die Jungs einfach nach dem Soundcheck direkt losgelegt haben, um länger spielen zu können: mangels Timetable kann ich das nicht beurteilen.
Für ein Duo machen BØLZER einen äußerst beeindruckenden Sound, und anders, als bei den einzigen mir als halbwegs passendem Vergleich einfallenden Inquisition, spielt KzR keine Riffs live ein und "loopt" diese dann bei Bedarf, sondern steuert stattdessen mit einem Fußpedal einzig den Bass bei (ursprünglich plante die Band einen echten Bassisten anzuheuern, fand aber niemanden der (ihnen) passte und inzwischen hat sich das Thema erledigt). Hauptmerkmal der Musik ist natürlich der ziemlich unverwechselbare, mehrfach verzerrte Gitarrensound, der es BØLZER erlaubt den Anschein zu erwecken, dass da mehr als ein Instrument im Spiel ist. Insbesondere bei den (mir fast zu selten vorkommenden) Midtempo-Nackenbrecher-Riff-Passagen erreicht KzR durch diese Technik einen massiven, druckvollen Sound, der sich vor keiner Band mit traditioneller Besetzung verstecken muss. Eine Show im eigentlichen Sinne bieten BØLZER dem Zuschauer nicht: vor allem dadurch, dass KzR durch seine dreifache Funktion als Gitarrist, Sänger und "Fuß-Bassist" quasi standortgebunden ist, wirkte der Auftritt, sofern man durch den Nebel überhaupt etwas anderes als die spärlichen Kerzlein an beiden Seiten der Bühne erkennen konnte, ziemlich statisch.
Insgesamt und vor allem musikalisch gelungen, leider erst gegen Ende mit nennenswertem Publikum.
[Dajana] Jau! Der Sound war echt massiv und hat alles erbarmungslos niedergewalzt. ICE-Modus. Das hatte ich gar nicht mehr so in Erinnerung. Krass. Also gut krass ;)

Band: Okoi Thierry „KzR“ Jones, Fabian „HzR“ Wyrsch

:: Fotos :: TRIBULATION ::

[Seb] Ich habe keine Ahnung wie oft ich :: TRIBULATION :: inzwischen schon gesehen habe, ohne es jemals darauf angelegt zu haben: Irgendwie habe ich das Gefühl, dass die auf jeder zweiten Tour in den letzten Jahren vor dem großen C den Support gemacht haben. Ganz offensichtlich haben die Jungs größere Mengen an Fans und sind handwerklich zweifellos in der gehobenen Klasse anzusiedeln, aber mir gibt die Band live einfach (gar) nichts. Der gesamte Auftritt klang – und das obwohl TRIBULATION stilistisch ja auf etlichen Hochzeiten zugleich tanzen – in sich zu uniform und hatte für mich manchmal sogar den Anschein, dass die Band mehr für sich selbst als für das Publikum spielte. Selbst der Gesang war durchgängig derart wenig bemerkenswert, dass ich mich zwischendrin, als sich die Band gerade wieder im (zu oft vorkommenden) minutenlangem Gehudel gegen Ende eines Songs erging, ernsthaft fragte ob der Sänger heute fehlte…
Ich bin sicher, die Band hat ihre Daseinsberechtigung und das Publikum war auch überwiegend ziemlich wohlwollend, aber für mich müssen sie schon Einiges ändern um anderswo als unter “Lineup musste halt irgendwie vollgekriegt werden” einsortiert zu werden.
[Dajana] Ich freue mich eigentlich immer, wenn ich TRIBULATION live sehen kann. Ich mag sie musikalisch sehr und auch optisch machte es immer Spass die Jungs zu fotografieren. Tatsächlich muss ich aber sagen, dass das letzte Album, Where The Gloom Becomes Sound, zwar gut ist, aber der Einfluss von Jonathan Hultén fehlt. Und das tut es auch live.

Band: Johannes Andersson (vox, bass), Adam Zaars (git), Joseph Tholl (git), Oscar Leander (drums)
Setlist: In Remembrance, Leviathans, Nightbound, Melancholia, Hamartia, Funeral Pyre, Strange Gateways Beckon

:: Fotos :: ABBATH ::

[Seb] Die Outstrider-Tour Anfang 2020 war eines der letzten musikalischen Highlights vor der langen Durststrecke die dann folgen sollte. So ist es mehr als passend, dass meine Indoor-Konzert-Saison (so es denn eine geben wird) auch wieder unter Beteiligung von :: ABBATH :: eingeläutet wurde. In der Zwischenzeit war Herr Eikemo fleißig und hat uns mit Dread Reaver das (im Vergleich zu seinen beiden Vorgängern leider etwas schwächelnde,der Fokus schien mir da zu oft zu sehr auf roher Geschwindigkeit zu liegen) dritte Album unter seinem Namen beschert, so dass er bei Konzerten nicht mehr ganz so tief in die Immortal-Kiste greifen muss.
Vor einem Backdrop mit riesigem ABBATH-Konterfei (wer ihn nicht kennt, aber als Kind WWE geguckt hat, hätte allerdings auch auf eine Kreuzung aus dem Undertaker, einem Tiger und einem Panda tippen können: Der grimmige Blick ist auf dem Bild zum Verwechseln ähnlich!) legte die Band dann auch direkt mit dem Opener des aktuellen Albums Acid Haze los und bot in der ersten Hälfte des Gigs ein gelungenes Quasi-Best-Of der drei ABBATH Studioalben, bei dem sich rasender Black-Metal und brachiale Riffs gelungen die Waage hielten. Etwas der Fuß vom Gas genommen wurde mit dem mächtig groovenden Warriors, einem meiner Lieblingsstücke des (einzigen) unter dem Namen I veröffentlichen Albums Between Two Worlds, bevor mit Winterbane ein letzter „eigener“ Song den Übergang zum – von vielen bejubelten – Immortal-Teil markierte. Während die Stücke von der Sons Of Northern Darkness wenig überraschend kamen, habe ich mich über die Abwechslung in Form des thrashig-treibenden The Rise Of Darkness vom letzten “echten” Immortal-Album und vor allem dem großartigen Withstand The Fall Of Time von meinem persönlichen Immortal-Favoriten At The Heart Of Winter sehr gefreut.
ABBATH selber war natürlich wie immer zu Dönekes aufgelegt und brachte neben seinem (bei Auftritten hierzulande) üblichen langgezogen gekrächzten “Dankeschöööööön” den einen oder anderen Ulk unter, wirkte aber insgesamt weitaus weniger “over the top” als noch zu den Zeiten, wo er regelmäßig in eher fragwürdigem Zustand auf der Bühne stand ;-)
Wie immer ein geiler Auftritt, und sobald ABBATH das nächste Mal in der Gegend sind werde ich wenn irgend möglich auch wieder da sein!
[Dajana] ABBATH ist einfach unverwechselbar! Und immer ein Garant für eine kurzweilige Show. Ich denke mir immer, die-hard-trve-Black-Metal-Fans müss(t)en ihn eigentlich wie die Pest hassen ;) Tun sie ganz offensichtlich nicht und es hat einmal mehr ungemein viel Spass gemacht, mit ABBATH mitzurocken. Schön war auch Arve Isdal am Bass zu sehen (wo ist Mia eigentlich abgeblieben?). Ich dachte mir noch, das (bemalte) Gesicht kennste doch irgendwoher… ;)
Einziges Manko – und das gilt für alle Bands und somit für das gesamte Konzert – war der immense Einsatz von Nebel, so dass meist nix auf der Bühne zu sehen war und das einfallslose, sich bei jeder Band wiederholende Lichtset.

Band: Abbath (Olve Eikemo, vox, git), Ukri Suvilehto (drums), Ole André Farstad (git), Arve Isdal (bass)
Setlist: Acid Haze, Dream Cull, The Artifex, Ashes Of The Damned, Dread Reaver, Hecate, Warriors, Winterbane, In My Kingdom Cold, Beyond The North Waves, The Rise Of Darkness, Withstand The Fall Of Time

:: Fotos :: WATAIN ::

[Seb] :: WATAIN :: sind mir zwar als Personen eher suspekt bis unsympathisch, man muss den Schweden aber insbesondere eines lassen: Die Bühnendeko und der generelle „Style“ ihrer Auftritte, beides über inzwischen 24 Jahre perfektioniert, stellt die meisten anderen Bands des Genres locker in den Schatten. Auch WATAIN waren während der Pandemie nicht untätig und haben vor wenigen Monaten ein neues Album mit dem etwas sperrigen Titel The Agony & Ecstasy Of Watain veröffentlicht, das bei mir schon etliche Durchläufe hinter sich hat.
Vor imposanter, mit Kerzen und Fackeln ausgeleuchteter und haufenweise okkultem Zubehör ausgestatteter Kulisse eröffneten die Schweden nach einem bombastischen Intro ebenfalls mit dem Opener ihres aktuellen Albums, dem recht kompromisslos brutalen Ecstasies In Night Infinite, sprangen in der Folge aber „wild“ durch das Album wie auch die ältere (Anfang 2000er) Diskographie. So ging es im Anschluss an die ausgesucht höfliche Begrüßung des Publikums („Good evening ladies and gentlemen of Germany, Oberhausen“) z.B. ohne Umschweife zum 2003er Album Casus Luceferi, von dem die mit Abstand meisten der älteren Songs des Sets stammten. Der stetige Wechsel zwischen aktuellen und älteren Stücken wurde in der Folge ziemlich konsequent durchgezogen: Nur mit Serimosa und Before The Cataclysm gab es einen „Mini-Block“ vom neuen Album (das dazwischenliegende Stück ist nicht viel mehr als ein Intro), so dass die Show ziemlich abwechslungsreich war und auch Liebhaber der alten Alben auf ihre Kosten kamen (natürlich kann man in 70 Minuten Set nicht alles unterbringen, was man inzwischen durchaus als „Klassiker“ bezeichnen könnte…).
Sehr überrascht hat mich allerdings, dass keiner der „Hits“ der 2007er Sworn To The Dark gespielt wurde – ich glaube, das habe ich bisher noch bei keinem WATAIN-Konzert (natürlich seit Erscheinen des Albums ;-)) erlebt.
Wenn man WATAIN noch aus ganz alten Tagen kennt, ist es verblüffend, wie gut die Jungs inzwischen auch technisch geworden sind. Die Stücke von Anfang der 2000er Jahre klingen nach meinem Dafürhalten inzwischen oft live geschliffener und besser als sie damals im Studio eingespielt wurden. Nach viel zu schnell vergangenen gut 70 Minuten wurde leider bereits mit der Ansage „From present day and age to the darkness of the past“ zu Angelrape und Malfeitor vom ersten Album Rabid Death's Curse und damit auch den letzten beiden Stücken übergeleitet, bevor der Abend mit einem wiederum bombastischen Outro ein Ende nahm.
[Dajana] Ich fand ja Intro und Outro phänomenal. War das Filmmusik oder wurde das speziell für WATAIN komponiert?
[Seb] Man mag von der Band, dem esoterischen Hintergrund und den - je nachdem wie man dazu steht tief- oder unsinnigen - Ansagen und bisweilen kurzen Monologen von Erik halten was man will: Rein musikalisch sind WATAIN nach wie vor mit das Beste was das Genre zu bieten hat, sind dabei nicht so „statisch“ wie manch andere Band, entfernen sich hingegen aber auch nie so weit von ihrem etablierten Sound, dass es die Fans gegen sie aufbringen würde.
Einziger Wermutstropfen ist, dass das großartige We Remain vom aktuellen Album nicht gespielt wurde: Entweder man wollte Gastsängerin Farida Lemouchi nicht vom Band bringen oder hielt den Song live für zu langsam!? Insgesamt top, hätte aber ruhig noch etwas länger gehen können, gibt ja keine Anwohner auf die man Rücksicht nehmen müsste…

Band: Erik Danielsson (vox), Pelle Forsberg (git), Håkan Jonsson (drums), Davide „Set Teitan“ Totaro (live git), Alvaro Lillo (live bass)
Setlist: Intro, Ecstasies In Night Infinite, Black Salvation, The Howling, I Am The Earth, Reaping Death, Devil's Blood, Serimosa, Not Sun Nor Man Nor God, Before The Cataclysm, Angelrape // Malfeitor, Outro

 

 

Story © Seb & Dajana • Pics © Dajana & Dajana Winkel • Photography