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Mit einem der stärksten Alben der ersten Hälfte des Jahres haben die deutschen Thrasher COCKROACH auf sich aufmerksam gemacht (siehe Review). Selten habe ich erlebt, dass es einer Band aus diesem Bereich gelungen ist, ihre Musik so zu modernisieren, dass das übliche Gerede von den „keinen Augenblick lang verleugneten Wurzeln“ in so hohem Ausmaß zutrifft. The Observer sollte jeder Thrasher, egal ob traditionell oder eher modern orientiert, mal gehört haben. Grund genug, COCKROACH – Sänger/Gitarrist Frank Geue per e-mail einer Befragung über diese tolle Scheibe und andere Dinge zu unterziehen.

Cockroach

Gunnar: Gratuliere zum neuen Album, das echt gut geworden ist (siehe Review). Trotzdem würde ich dich bitten, bevor wir über The Observer sprechen, den Lesern mal ein bisschen über euren Anfänge und euren Werdegang zu erzählen.
Frank:
Anfang 1992 wurde die Band COCKROACH von Alexander Reichelt (Schlagzeug), Ulrich Mewes (Gitarre) und mir (Gitarre/Vocals) gegründet. Nach mehreren Line-up Wechseln am Bass, haben wir mit Timo Flöther (Anfang 2000) einen geeigneten Mann für diese Position gefunden. Bis heute spielen wir in dieser Besetzung. Auf unserer Homepage findest Du unsere komplette Biographie, die man mal nicht eben so in ein paar Sätzen abhandeln kann. Nun was gibt es noch zusagen uns gibt es seit fast 15 Jahre - kaum zu glauben. Wir haben bereits vier Alben herausgebracht und die letzten 2 sind unter dem Label Supreme Chaos Records erschienen.

Gunnar: Damit zur neuen Scheibe:. Ich hab den Vorgänger Temple Of Mystery mal bei einem Freund auf überspielter Kassette gehört und bilde mir ein, mich zu erinnern, dass die modernen Elemente, die auf The Observer zu finden sind, dort noch deutlich weniger waren. Wie ist es zu dieser Entwicklung gekommen?
Frank:
Ja ich denke, da hast Du durchaus Recht. Bei der neuen Scheibe haben wir versucht modernere Einflüsse mit einzubringen, ohne dabei unserer Linie untreu zu werden. Ich denke aber nicht, dass diese Entwicklung besonders außergewöhnlich ist. Wir gehen mit COCKROACH einen natürlichen Weg der Weiterentwicklung. Die Songs werden strukturierter arrangiert und im Detail besser ausgefeilt als bei vorigen Alben. Unter dem Strich sind wir mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Ich denke die Produktion ist sehr lebendig und dynamisch geworden. Soundtechnisch haben wir im Bezug zur letzten Scheibe Temple Of Mystery einen guten Sprung gemacht. Unser Produzent Vagelis Maranis hat uns im positiven Sinne das Leben nicht besonders leicht gemacht. Wir haben immer am Limit gearbeitet und Vagelis hat einfach einen hervorragenden Job abgeliefert. Ich denke das Ergebnis kann sich doch sehen lassen. Oder ?

Gunnar: Mich fasziniert an der Scheibe vor allem, wie gut es euch gelungen ist, Elemente von traditionellem Thrash und Heavy Metal über Neo-Thrash bis hin zu leicht todesmetallischen Riffs (die ihr aber auch früher schon hattet) so stimmig zusammenzufügen, da wirkt einfach nichts konstruiert. Ist euch das so leicht von der Hand gegangen wie es klingt?
Frank:
Cool freut mich, dass Dir unsere Arrangements gefallen. Nein prinzipiell gibt es selten die Situation, dass einem die Songs leicht von der Hand gehen. Das kommt zwar schon mal vor (z.B. Eternal Life ist so ein Beispiel) aber oft ist es ein längeres Prozedere bis alle COCKROACHes ihren Segen zum neunen Song geben. Dadurch, dass wir alle unterschiedliche Musik hören kommen natürlich auch immer wieder ganz unterschiedliche Einflüsse in die Songs. Das Ganze so zu verpacken, dass es eben nicht konstruiert wirkt, kostet meistens sehr viel Zeit. Aber das macht die Sache natürlich auch erst reizvoll. Ich weiß nicht, wie viele Parts wir schon zusammen unter einen Hut gebracht haben, von denen wir anfangs dachten, das funktioniert nie. Oft sind es nur Kleinigkeiten, die geändert werden mussten, damit das Ganze passt. Manchmal verrennt man sich auch ein stückweit - kommt dann aber wieder auf die richtige Bahn, indem man umarrangiert oder einen Part einfach weg- bzw. dazunimmt. Natürlich wird man mit jedem neuen Song routinierter, was das Komponieren eines Songs betrifft.

Gunnar: Wie sieht es mit der Entstehung der Stücke aus, wer ist da die treibende Kraft?
Frank:
Das ist einfach zu beantworten. Es gibt keinen Song aus dem Hause COCKROACH, welcher nur von einer Person alleine stammt. Viele Ideen entstehen einfach spontan im Proberaum und alle versuchen dann gemeinsam an dem Ganzen bzw. an dieser Idee zu arbeiten. Das geht solange, bis etwas Akzeptables daraus entsteht. Man kann hier nicht von nur einer treibenden Kraft reden, sondern alle sind an den Stücken beteiligt

Gunnar: Kommen wir mal zu euren Texten. Leider liegen mir beim Promo-Exemplar von The Observer keine vor. Aufgrund des Namens und des Covers sowie einiger Songtitel würde ich aber mal tippen, dass euch die Thematik „Überwachungsstaat und Ruhigstellung durch Konsum“ beschäftigt hat. Liege ich da halbwegs richtig?
Frank:
Dann schau noch einmal nach die Texte müssten dabei sein auch bei den Promos sind definitiv Booklets mit Texten dabei. (Anmerkung v. Gunnar: Asche auf mein Haupt, ich hatte irrtümlich das Booklet nach dem Auspacken bei den schon bearbeiteten Promos abgelegt, peinlich…). Mit Deiner Annahme liegst Du trotzdem ganz genau richtig. Das Cover hat natürlich den Bezug zum CD Titelsong The Observer. In dem Song geht es darum, dass unsere Gesellschaft, dem gläsernen Bürger immer näher rückt. Die Menschen werden in Ihrem Handeln im täglichen Leben immer mehr kontrolliert und beobachtet. Ich denke, dass in Zukunft sich die Situation weiter verschärfen wird Das Cover ist in diesem Sinne jedoch eher allgemein gehalten.Im Song selbst, geht es aber mehr um eine Person, die sich genau in so einem System befindet, dies feststellt und anfängt an sich selbst zu zweifeln. „Big Brother is watching you…“

Gunnar: Ist COCKROACH euer Hauptprojekt bzw. seid ihr in anderen Bands auch aktiv?
Frank:
Ja das kann man schon so sehen. Meine Grundsatz heißt: Man sollte immer nur auf einer Hochzeit tanzen“.

Gunnar: Wie ist euer Kontakt zur nicht ganz kleinen deutschen Thrash-Szene?
Frank:
Also wir haben sehr viele Kontakte im Metal-Bereich, ob es sich dabei um Thrash-, Death- oder was auch immer für eine Metaletal-Szene/Bands/Leute/Organisatoren handelt ist eigentlich egal. Ausbaufähig bzw. verbesserungswürdig ist immer alles, aber ich denke wir können zufrieden sein, denn durch diese Kontakte ergeben sich natürlich immer wieder tolle Gigs, verbunden mit einem genialen Wochenende.

Gunnar: Als Österreicher interessiert mich natürlich, ob ihr schon mal in Österreich gespielt, habt bzw. ob Hoffnung darauf besteht, dass das in absehbarer Zeit passiert.
Frank:
Ja natürlich, und zwar mit Mely und Khagan haben wir schon in Völkermarkt gezockt. Ich denke die beiden Bands dürften Dir auch nicht ganz unbekannt sein. Wir hatten reinen Riesenspaß mit den Jungs. Wäre mal wieder eine kleine Reise wert. *grins*

Gunnar: COCKROACH existieren jetzt seit 1992 und sind vermutlich etlichen Thrashern ein Begriff, darüber hinaus aber nicht so bekannt. Habt ihr Hoffnung, dass sich das noch ändert, bzw. wolltet ihr dazu auch mit der leichten Modernisierung eurer Musik beitragen?
Frank:
Den Grund der Modernisierung unserer Musik sehe ich nicht mit Kommerzialisierungs- Aspekten begründet. Wir haben einfach versucht, die Musik noch ein Stück interessanter zu gestalten, als dies auf den Vorgängern der Fall war. Uns kann das auch niemand zum Vorwurf machen. Grundlegend hat sich an der Musik ja auch nichts geändert. Ich meine, warum sollten wir das auch tun? Das ist überhaupt nicht unsere Intention. Man liest oft davon, die neue Scheibe wäre keine Innovation. Ich denke dann immer, was wollen die Leute eigentlich von uns? Wir wollen doch das Rad nicht neu erfinden oder auf Biegen und Brechen etwas neues erfinden. Wir machen einfach unsere Musik und wollen uns selbst dabei verwirklichen bzw. weiterentwickeln nicht mehr und nicht weniger. Viele Leute haben einfach eine falsche Vorstellung des Komponierens.

Gunnar: Okay, war ja nicht bös gemeint, wie man vielleicht auch anhand meines Reviews erkennen kann. Jetzt mal eine Frage, die ich immer gern stelle: Welche 3 Thrash-Scheiben würdest du jedem empfehlen?
Frank:
Weißt du da wird es ganz schwierig für mich, ich kann dir nur Bands nennen die ich persönlich sehr mag: Death, Nevermore, Slayer (da kannst du mir jede Scheibe vorwerfen!) Fazit: Es muss nicht immer Thrash sein.

Gunnar: Und eins noch: Wie um alles in der Welt seid ihr auf diesen Bandnamen gekommen?
Frank:
Die Namensfindung war ein sehr schwieriges Thema. Es ist schon lange her und ich erinnere mich, dass jeder Name der damals vorgeschlagen wurde bei mindestens einem der Jungs ein flaues Magengefühl auslöste. Wegen langer ergebnisloser Suche beschlossen wir dann einfach im Wörterbuch nach einem Namen zu suchen (ich weiß, nicht sonderlich einfallsreich – aber eventuell effektiv), den Finger auf irgendeine Seite und der Name sollte es dann sein. Naja, so 667 Versuche dauerte es schon, bis dann letztendlich der Name COCKROACH fiel. Sonderlich effektiv war die Methode im Nachhinein dann doch nicht (siehe Versuche) aber mit dem Namen sind wir bis heute immer noch alle ziemlich einverstanden *grins*

Gunnar: Gut dann wär's hiermit Zeit für die berüchtigten abschließenden Worte:
Frank:
Wir hoffen natürlich, dass das neue COCKROACH Album The Observer genauso gut bei unseren Fans ankommt, wie bei Eurem Magazin Nocturnal Hall. Leute, besucht uns doch einfach mal auf unserer Homepage, zieht euch unsere Samples rein und holt euch die neue Scheibe oder besucht uns einfach Live auf dem Metallic Noise Festival.

Übrigens ein Festival bei dem noch ordentlich Metal-Spirit und fan-verträgliche Preise auf den Fahnen stehen. Und denkt immer daran: Thrash till death!. Danke Dir, Gunnar - für das Interview.

Gunnar: Gern geschehen, ebenfalls danke!

 

05/2006 © Gunnar Bernhard • Cockroach