Jochen: 4 Jahre
ist es her, seit ihr S.U.S.A.R. veröffentlicht habt.
Was habt Ihr in der Zwischenzeit getrieben?
Ewa: Wir haben das Material für unser zweites Album
komponiert, neue INDUKTI Babies freudig begrüßt,
mit einem neuen Bassisten gearbeitet und hatten viel Spaß
bei Live-Festivals zwischen Mexiko und Litauen ;)
Jochen: Wie lange
hat die Produktion von Idmen gedauert?
Ewa: Ich weiß, dass es so aussieht, als hätten
wir alleine anderthalb Jahre gebraucht um Idmen zu produzieren
und aufzunehmen, aber wenn wir die reale Zeit nehmen, die wir
tatsächlich im Studio verbracht haben, bleiben lediglich
zwei oder drei Monate übrig. Wir mussten Daten und Termine
mit unseren Gästen abstimmen, wir mussten auf die Beiträge
der Sänger warten, da es leider nicht möglich war,
die Gesangsspuren im gleichen Studio aufzunehmen. So ging viel
Zeit ins Land. Aber ich denke, das Resultat war’s wert.
Jochen: Eure Albentitel
sind sehr kryptisch. Was bedeutet Idmen? Ich habe nur
einen Verweis auf einen griechischen Vers in einem Ezra Pound-Gedicht
gefunden.
Ewa: Stimmt, Idmen ist ein altes griechisches
Wort aus Homers „Odyssee“. Die Sirenen sangen dieses
Wort und es bedeutet etwa: „Wir haben gesehen, wir wissen.“
Wie viele Musiker drücken wir uns durch unsere Musik aus,
und so kann man Idmen als unsere Sicht der Realität
betrachten. Das Hauptthema ist Kampf, der Kampf um Glauben,
dem Schicksal, um das Selbstwertgefühl etc. Durch’s
Zuhören wird man zum Zeugen. Man ist in der Lage zu sagen:
“Ich habe gesehen. Ich weiß.“
Jochen: Warum
diesmal gleich 3 Gastsänger?
Ewa: Als Instrumentalband wissen wir natürlich, dass
es unpassend wäre, mehr als die Hälfte eines Albums
mit Vocals zu füllen. So haben wir drei Songs heraus gesucht
und an die jeweiligen Sänger weiter gegeben. Dabei konnten
sie sich nicht aussuchen, welchen Song sie singen. Wir haben
uns aus zwei Gründen für unterschiedliche Sänger
entschieden:
Zuerst konnten wir uns niemand anderen vorstellen, der die Lieder
singt, und zum zweiten wollten nicht den Eindruck erwecken,
wir hätten einen einzigen regulären Sänger. Wir
sind eine Instrumentalband.
Jochen: Trotz
seiner überzeugenden Mitarbeit an S.U.S.A.R. ist
diesmal Mariusz Duda nicht dabei. Woran hat es gelegen?
Ewa: Ich denke, Marisuz passte perfekt zu unserem Debüt,
aber diesmal wollten wir etwas Neues und noch Manischeres. Die
Musik auf Idmen ist anders, härter und verrückter.
Und, wie schon gesagt, möchten wir nicht mit einem bestimmten
Sänger in Verbindung gebracht werden, und genau das wäre
passiert, wenn wir Mariusz wieder dazu geholt hätten. Aber
wir sind immer noch freundschaftlich verbunden. z.B. spielte
unser Drummer Wawrzyniec Dramowicz auf Mariusz Lunatic Soul
Album.
Jochen: Ich finde
es sehr beeindruckend, welche individuelle Qualität jeder
Eurer Sänger besitzt. Wie findet Ihr Eure Wunschsänger
und vor allem, sagen sie dann gleich begeistert zu?
Ewa: Normalerweise finden wir sie beim Hören neuer
Bands. Mariusz trafen wir während eines Riverside Konzerts
2002 oder 2003. Noch keine unserer Bands hatte damals ihr Debüt
draußen. Ähnlich war’s mit Taff, den wir seit
Jahren kennen (es gab mal eine Zeit, da teilten wir uns einen
Proberaum mit seiner Band Rootwater). Ausländische Gäste
treffen wir normalerweise auf gemeinsamen Shows. Vor zwei Jahren
supporteten wir SGM in Warschau. Wir trafen Nils dann persönlich
und fragten ihn Monate später, ob er auf unserem Album
singen würde. Er sagte sofort zu – wie alle unsere
Gastsänger; das nur so nebenbei ;)
Jochen: Habt Ihr
schon mit dem Gedanken gespielt einmal ein reines Instrumentalalbum
aufzunehmen?
Ewa: Bislang nicht, aber irgendwann… vielleicht…
;) Im Moment kannst du dir dein komplettes Instrumentalalbum
selbst zusammenstellen: kombiniere Idmen mit der
Mutum EP, die die drei gesungenen Tracks in instrumentalen
Versionen enthält.
Jochen: Eure Musik
wirkt einerseits sehr geschlossen, aber sie hat vielfältige
Einflüsse und Ausdrucksformen. Bindeglied ist m.E. der
hohe energetische Fluss der Eure Musik durchzieht. Wie sehen
die Anteile der einzelnen Bandmitglieder am gesamten Gestaltungsprozess
aus? Seid Ihr Euch meist einig, in welche Richtung der jeweilige
Song - oder größer - das ganze Album gehen soll?
Ewa: Sämtliche INDUKTI Mitglieder sind in den
Kompositionsprozess integriert. Wir benutzen Riffs und Themen
unserer Gitarristen und Drummer und arbeiten gemeinsam daran.
Wir spielen und improvisieren so lange, bis ein fertiger Song
entsteht. Diese Art zu komponieren braucht einen bestimmten
energetischen Fluss, um effektiv zu sein. Manchmal erreichen
wir diese Stimmung, indem wir die Themen wie Mantras wiederholen,
aber oft muss man auch nur warten, bis es passt. Wir wissen
alle, dass es die Zeit wert ist.
Jochen: In den
letzten Jahren hat sich Polen als wahre Fundgrube engagierter
Musiker und Bands - aber auch Auftrittsorte erwiesen. Vor allem
im Progressive/Art Rock und seinen Randbereichen. Ob Collage/Satellite,
Riverside oder Ihr, es passiert einiges im Staate Polen. Wie
erklärt Ihr Euch dieses Wachstum und den Gewinn an Bedeutung
in den letzten Jahren?
Ewa: Oh, vielleicht ist etwas im Wasser? ;) Aber ernsthaft,
ich denke es hat immer talentierte und einzigartige Bands in
Polen gegeben, aber es fehlte an Kommunikationswegen. Das ist
mittlerweile wesentlich komfortabler; wir haben Myspace und
eine Menge anderer Möglichkeiten uns nach außen darzustellen.
Jochen: Gibt es
eine miteinander verbundene polnische Musikszene?
Ewa: Du meinst so etwas wie Festivals, oder Berührungspunkte
für progressive Bands, die sich außerhalb der Hauptszene
bewegen? So was gibt es durchaus. Wir sind z.B. dieses Jahr
beim INO Rock Festival aufgetreten, einem neuen progressiv orientierten
Event. Wir hoffen, dass es an Relevanz gewinnt und Polen immer
wichtiger wird.
Jochen: Habt Ihr
schon Pläne für ein mögliches Album Nr. 3? Oder
müssen wir uns wieder auf mehrere Jahre Wartezeit einstellen?
Ewa: Ja, wir arbeiten an einigen Themen, aber im Moment
gibt es wichtigeres. Sehr privat; unsere INDUKTI Familie
wird ein weiteres Baby bekommen ;) Aber wir haben etliche Ideen
und planen unsere Arbeitsweise anzupassen; d.h. wir arbeiten
mit dem Internet und Software, die es uns erlaubt von daheim
aus zu arbeiten.
Jochen: Wie sieht
es mit Liveauftritten aus? Passiert was in Richtung Deutschland?
Ewa: Wir sind einige Male in Deutschland aufgetreten und
jedes Mal war es eine tolle Erfahrung. Ihr hat ein fantastisches
Publikum ;) Deshalb hoffen wir, dass sich Gelegenheiten ergeben
werden, wieder einmal aufzutreten ;) Wir würden liebend
gerne kommen.
Jochen: Bitte
ein paar kurze Sponatantworten: Lieblingsmusiker?
Ewa: David Cross, Carla Kihlstedt, John Greenwood, Thom
York, UNKLE, Mike Patton.
Jochen: Was stört Dich an der derzeitigen Musikszene?
Ewa: Kopieren, diese Art des Denkens, die eigene Unsicherheit
hinter zahllosen Kopien zu verstecken
Jochen: Was gefällt Dir an Deinen Mitmusikern?
Ewa: Der verdrehte Sinn für Humor, und dass jeder für
sich einmalig ist ;)
Jochen: Gibt es eine(n) idealen Sänger/Sängerin?
Ewa: Tut mir leid, so jemand existiert nicht... oder vielleicht
doch: Mike Patton ;)
Jochen: Musikalische Höhepunkte des laufenden Jahres?
Ewa: Devil Doll, UNKLE, der Proposition Soundtrack von Nick
Cave und Warren Ellis
Jochen: Persönliche Highlights?
Ewa: Mein süßes, teuflisches Kätzchen ;p
Jochen: Ich danke
Dir für’s Interview, und wünsche Dir und der
Band noch viel Spaß und Erfolg!
Ewa: Ich danke ebenfalls!