Wenn
man die Leute in der Türkei nach einer heimischen Metalband
fragt, werden sie wohl wie aus der Pistole geschossen mit PENTAGRAM
antworten, da dies wohl die einzige ansässige Band ist,
die es bereits seit Jahren gibt, und die zudem auch mit ihrem
neuen Album Unspoken erstmals Erfolge und Lobhymnen in
Europa verzeichnen können. Zwar musste sich die Band aus
Copyrightgründen in MEZARKABUL umbennen, aber in ihrem
Herzen werden sie immer PENTAGRAM bleiben, weswegen ich
sie in dem Interview auch weiter so bezeichnen werde. Nachdem
ich ja ziemlich oft in der Türkei gewesen bin und die Band
schon seit einigen Jahren höre, war es nun an der Zeit ihnen
auch einmal meine Fragen zu stellen. Leider sind die Antworten
von Basser Tarkan relativ kurz ausgefallen, aber ich denke, dass
hier trotzdem das ein oder andere interessante Detail zu erfahren
ist, aber lest selber...
Dunja:
Ich gratuliere ich zu eurem Album Unspoken, nachdem ihr
es nun geschafft habt, damit auch das europäische Publikum
zu erreichen. Wie fühlst du dich, nachdem so viele gute Reaktionen
von hier kommen?
Tarkan: Danke, Unspoken ist wirklich etwas
besonderes für uns. Wir sind wirklich froh, dass wir dieses
Album aufnehmen konnten, und natürlich auch über die
Reaktionen der Fans.
Dunja:
Eure erste CD Pentagram ist vor 12 Jahren veröffentlicht
worden, also 1990. Wann wurde eure Band gegründet und wie
alt ward ihr damals? Ich glaube, dass es ziemlich schwierig ist,
aus der Türkei herauszukommen und auch in Europa Anklang
zu finden, zumal ich es nicht verstehen kann, warum ihr nicht
schon vorher hier bekannter wurdet, da eure alten Alben genial
sind - was denkst du darüber?
Tarkan: Uns
gibt es seit 1987. Ich denke, dass das wichtigste um bekannt zu
werden die Vermarktung ist. Musik ist eine Beschäftigung
für uns, aber wir haben sie niemals als Arbeit angesehen,
damit meine ich, dass wir nicht dagegen sind, wenn ein Label unsere
Musik vertreibt und Werbung dafür macht, wir mögen es
nur nicht, wenn man sich nur mehr auf den kommerziellen Aspekt
beschränkt.
Dunja:
Euer Stil hat sich ja sehr verändert - begonnen habt ihr
auf der Pentagram CD mit thrashigen Songs im Stil von DESTRUCTION
oder POSSESSED, dann kamen vermehrt Power Metal Einflüsse
auf Anatolia und nun die Mischung aus Metal und orientalischer
Musik. Werdet ihr diesen Stil nun beibehalten, oder steht eine
Änderung bevor?
Tarkan: Nun, die Band gibt es bereits seit 15 Jahren, und
nachdem unsere Erfahrungen und Erlebnisse klarerweise auch die
Musik beeinflussen, und sich auch unsere Persönlichkeit darin
wiederspiegeln soll, sind Änderungen unvermeidlich. Es gibt
ein altes Sprichwort, das besagt "Wenn sich etwas nicht ändert,
dann ist es nicht am Leben". Darum denke ich, dass sich unser
Stil immer wieder und wieder verändern wird.
Dunja:
Es gibt eine Sache, die ich an eurem Trail Blazer Album
absolut nicht mag und zwar den fürchterlichen Sound - denkt
ihr vielleicht drüber nach, das Album mit einem besseren
Sound neu aufzunehmen?
Tarkan: Ja, du hast recht - leider haben wir Trail
Blazer unter wirklich miesen Umständen aufgenommen.
Vielleicht können wir ja einige der Songs von dem Album neu
aufnehmen.
Dunja:
Ich habe eure CD Bir in der Turkei gekauft und mag sie
irgendwie mehr als Unspoken, es fühlt sich für
mich an, als ob es das wäre, was ihr wirklich tun wollt -
habe ich recht, oder singt ihr genauso gerne in Englisch?
Tarkan: Es ist gut zu hören, dass dir die Songs auf
Bir gefallen. Eigentlich ist es uns ziemlich egal
in welcher Sprache wir singen, wir schreiben gerne Songs auf Englisch
und auf Türkisch. Ich muss zugeben, dass wir den Unterschied
nicht so spüren können, wie du ihn geschildert hast.
Dunja:
Warum gibt es Bir nur in der Türkei zu erstehen? Glaubst
du, dass die Leute hier das Ganze nicht verstehen würden,
weil ihr 2 türkische Klassiker gecovert habt? Oder wollt
ihr es als ein Geschenk an die türkischen Fans betrachten?
Tarkan: Ich habe echt keine Ahnung, ob die Europäer
an so etwas wie Bir überhaupt interessiert
wären. Wir werden auf jeden Fall ein paar Kopien davon an
Noise Records schicken und die werden dann entscheiden, ob sie
das Album auch in Europa veröffentlichen oder nicht.
Dunja:
Auf Anatolia spielt ihr eine Metal Version von Gündüz
Gece, auf Bir habt ihr Seytan Bunun Neresinde
und Bu Alemi Gören Sensin gecovert. Kannst du uns die Titel
übersetzten und uns erklären, warum ihr gerade diese
Songs ausgewählt habt, was bedeuten sie für euch?
Tarkan: Alle drei Lieder sind Folklorestücke aus dem
letzten Jahrhundert, sie haben wirklich interessante Ansichten
über das Leben und über Leute, die von den Bedingungen
der Gesellschaft geblendet werden. Übersetzt heissen sie:
Gündüz Gece = Tag und Nacht, Seytan Bunun Neresinde
= Was hat der Teufel damit zu tun? Bu Alemi Gören Sensin
= Du bist der eine, der alles gesehen hat
Dunja:
Für was steht "F.T.W.D.A." ? Erinnert mich nämlich an
die Abkürzung "G.S.T.K.P." ("Give Me Something To Kill The
Pain"), gibts da Verbindungen?
Tarkan: Das Original ist auf dem Unspoken
Album und nennt sich For those who died alone.
Dunja:
Seid ihr zufrieden mit der Zusammenarbeit von Noise Records? Ihr
habt zudem einen Vertrag mit "Böcek Yapim" für eure
türkischen Releases - werdet ihr damit weitermachen Musik
exquisit für eure türkischen Fans zu veröffentlichen?
Tarkan: Wir arbeiten mit beiden Labels sehr gut zusammen,
beide haben die offizielle Erlaubnis unsere Musik zu veröffentlichen.
Die Labels selber müssen dann entscheiden, welches Material
für ihr Gebiet vermarktbar ist.
Dunja:
Hat euch schon mal jemand gesagt, dass euer Live Album Popcular
Disari um Welten besser als die Studioalben klingen, zumindest
ist das meine Ansicht der Dinge. Seid ihr auf der Bühne aggressiver
oder verleihen die fanatischen türkischen Fans der CD so
viel Kraft?
Tarkan: Ich glaube, da musst du selber zu einer unserer
Shows kommen und das Ganze selber sehen. Ich denke wir werden
im Februar 2003 in und um Deutschland touren (Anm. Dunja - und
wenn ihr nicht nach Österreich kommt, werdet ihr mindestens
gehäutet!)
Dunja:
Wie war es für euch in Wacken zu spielen? Die Atmosphäre
muss doch komplett anders sein als bei euch in der Türkei,
wo die Fans ja bekanntlich sehr fanatisch sind.
Tarkan: So viel anders war es nicht, wir waren sehr überrascht
zu sehen, dass es auch in Deutschland Fans gibt, die uns wirklich
abfeiern. Wir erlebten unvergessliche Momente, als wir zusammen
mit tausenden Metalheads Dark Is The Sunlight zum Sonnenuntergang
in Wacken gesungen haben.
Dunja:
Plant ihr auch eine Europatour zu machen und wenn ja, werdet ihr
auch altes Material spielen oder nur die neuen MEZARKABUL Stücke?
Tarkan:
Wir werden auf Europatour gehen, aber erst nach unseren neuen
Album, dass vermutlich im August 2003 erscheinen wird. Davor werden
wir, wie bereits gesagt, im Februar einige Gigs in Deutschland
spielen.
Dunja:
Wie würdest du die türkische Metal Szene beschreiben?
Seid ihr da sehr involviert oder lebt ihr ein stinknormales Leben?
Welche Bands würdest du uns empfehlen? Was hältst du
von INFECTED, OMINOUS GRIEF, PAGAN, CENOTAPH etc?
Tarkan: Es gibt hier ziemlich viele Jugendliche, darunter
auch viele, die Heavy Metal hören. Aber leider sind die meisten
Kids aufgrund der sozialen und wirtschaflichen Strukturen hier
nicht motiviert dazu, kreativ zu sein. Die Bands, die begonnen
haben, als wir gegründet wurden, gibt es allesamt nicht mehr.
Momentan sind COMA, KNIGHT ERRANT, THE CLIMB und RADICAL NOISE
einige der bekannteren jüngeren Bands, die wir kennen.
Dunja:
1999 ist etwas ziemlich tragisches in Istanbul passiert, als drei
Satanisten eine Jungfrau an Satan geopfert haben, um somit die
Erdbeben zu stoppen und danach wurden alle Leute, die schwarz
trugen bzw. die gesamten Metal Shops wie Akmar von der Polizei
bespitzelt und überwacht. Was hältst du von der ganzen
Sache? Ist es gefährlich in der Türkei Metal zu hören?
Tarkan: Ich glaube nicht, dass es gefährlich ist.
Diese Sache war natürlich sehr tragisch und wir hatten alle
Mitleid mit den Leuten, die da involviert waren. Aber die Medien
haben natürlich wieder mit allem übertrieben und somit
haben die Leute etwas überreagiert.
Dunja:
Magst du es in der Türkei zu leben? Ich weiss, dass es ziemlich
schwierig ist aus dem Land zu kommen um Urlaub zu machen bzw.
dass es ziemlich hart ist einen guten Job zu bekommen, aber trotzdem
sind viele Türken glücklich in ihrem Land zu wohnen.
Wie denkst du? Wo würdest du wohnen, wenn du es dir aussuchen
könntest?
Tarkan: Der größte Unterschied ist wohl, dass
in europäischen Ländern die Probleme nie wirklich ernst
sind, aber die Leute sich immer furchtbare Sorgen machen - hier
sind die Probleme wirklich ernst, aber keiner schwert sich darum.
Wenn wir unser Bewusstsein verlieren und in die Zukunft blicken,
dann ist das Leben wirklich hart für uns, aber wenn wir so
leben, dass wir die Erfahrung selbst mehr als das Ergebnis schätzen,
dann ist es sogar etwas Besonderes eine Metalband in der Türkei
zu sein.
Dunja:
Ihr habt euch dazu entschlossen euren Namen PENTAGRAM in der Türkei
weiterzubehalten. Habt ihr euch schon so an den Namen gewöhnt,
oder habt ihr persönliche Verbindungen damit? Was bedeutet
das Pentagramm für euch?
Tarkan: Du fragst indirekt, ob wir Satanisten sind (Anm.
Dunja - nein, eigentlich nicht) und das kann ich dir beantworten:
wir sind keine. Das Pentagramm hat eine sehr wichtige spirituelle
Bedeutung für uns, aber nichts mit Satanismus zu tun. Es
ist ein 6000 Jahre altes Sumerisches Symbol, das die Elemente
des Lebens repräsentiert. Auf unseren internationalen Veröffentlichungen
steht der Name MEZARKABUL, den wir aus Copyright Gründen
nehmen mussten, unser richtiger Name wird aber immer PENTAGRAM
bleiben.
Dunja:
Welches türkische Fußballteam unterstüzt ihr?
Ich bin ja für Besiktas, Altay und Sariyer Istanbul, also
sagt nichts falsches! ;-)
Tarkan: Hakan
und Murat mögen Galatasaray, Cenk und Metin Fenerbahce und
ich bin Fan vom FC Barcelona.
Dunja:
Welche Plätze würdet ihr einem Metalhörer empfehlen,
der das erste Mal nach Istanbul kommt? Gibt es irgendwelche bars,
Plätze oder Events, die man umbedingt gesehen haben MUSS?
Tarkan: Auf der Istiklal Straße in Taksim gibt es
einige Rock Bars und Plattengeschäfte. Und vergesst nicht,
euch zu erkundigen, ob nicht vielleicht ein PENTAGRAM Konzert
stattfindet, während ihr dort seid.
Dunja:
Danke für die Antworten, ich hoffe ja wirklich inständig
euch hier live spielen zu sehen. Habt ihr noch was zu sagen?
Tarkan: Ich bin wirklich überrascht, dass du so viel
über uns und die Türkei weisst. Danke auf jeden Fall
für dein Interesse und die Unterstützung!
Novermber
2002, Dunja Edelman
http://www.mezarkabul.com
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