Freitag,
21. Juli 2006
DECAPITATED
- Komplexer Start
Zum verspäteten Auftakt des hervorragenden Programms spielten
DECAPITATED einen unterhaltsamen Gig, der vor
Spielfreude strotzte. Die Temperatur lag so in etwa um die 35
Grad und es war bemerkenswert, wie viel sich die polnischen Jungspunde
bei diesen slowenischen Saunabedingungen bewegten und bangten.
Einige Fans, die bei diesen Temperaturen ebenso cool blieben,
feierten Songs wie The Fury, Day 69 oder The
Negation zu abendlicher Stunde kräftig ab. Bemerkenswert
und auffallend war das Schlagzeugsolo im Song Day 69,
das eine lobenswerte Abwechslung bot und sicher einigen Besuchern
im Gedächtnis blieb. Die Musik von DECAPITATED
lässt sich am besten mit den Attributen komplex und intensiv
beschreiben – und diese Mischung kann auf die Dauer ganz
schön anstrengend wirken. Trotzdem ein gelungener Auftritt!
JON
OLIVA’S PAIN - Schweiß, Tränen und Gänsehaut
Anschließend war dann der Metal Champ in Person an der Reihe
– JON OLIVA mit seiner Hintermannschaft
begeisterte mit einem Best Of SAVATAGE Programm,
das jedem Sava-Jünger abwechselnd die Tränen in die
Augen oder den Schweiß auf die Stirn trieb. Schon das Eröffnungsstück
Warriors bugsierte die Menge in den siebenten Headbangerhimmel,
mich eingeschlossen. Weiter ging es Schlag auf Schlag: Gutter
Ballet, Sirens oder Hall Of The Mountain King
ließen den Schweiß in Strömen fließen.
Der Meister zeigte sich stimmlich in Bestform und erfreute die
Ohren sowohl mit einfühlsamer Stimme als auch bei seinen
legendären spitzen Schreien. Bei der Überballade Believe,
die der Mountain King seinem Bruder Criss widmete, zerdrückte
wohl der eine oder andere Heavy Metaller eine Freudenträne
in Erinnerung an den Gitarrengott. Der emotionale Höhepunkt
des ganzen Tages für mich persönlich! Die Nackenmuskeln
wurden dann noch mit SAVATAGE’s bestem
Lied Hounds (sensationelles Gitarrenspiel in Verbindung
mit unmenschlichen Schreien!!!) geschunden.
ARCH
ENEMY – wiederholte Absage
Direkt nach diesem fulminanten Konzert erreichte mich dann die
Hiobsbotschaft, dass ARCH ENEMY ihren Auftritt
abgesagt hatten – doch ich war irgendwie darauf vorbereitet,
sind doch die Death Metaller für vermehrtes canceln bekannt
und so traf es mich zwar erwartet, doch hart – kein Nemesis,
kein We Will Rise...
NEVERMORE
- Erwartungen zu hoch gesteckt
NEVERMORE hatten die unliebsame Aufgabe, über
die Enttäuschung hinwegtrösten zu müssen. Irgendwie
können Warrel Dane und Co. gar kein schlechtes Konzert spielen,
doch an diesem Abend stimmte die Songauswahl nicht perfekt, die
instrumentale Leistung und unverkennbare Stimme machen jeden Song
aber zu einem guten Song. I, Voyager z.B. fehlt das gewisse
Etwas, um live so richtig zu knallen. The River Dragon Has
Come war schon um einiges intensiver und den eindeutigen
Höhepunkt des Sets bildete der Opener der neuen Scheibe,
nämlich Born, das einfach von genialen Riffs über
Tempiwechsel bis zu einem hervorragenden Refrain alles zu bieten
hat. Insgesamt betrachtet haben NEVERMORE sicher
schon herausragendere Konzerte gegeben, aber schlecht war die
Show bestimmt nicht.
HYPOCRISY
- Gewohnte Souveränität
Die Zeit für den nächsten Metalgott war gekommen. Um
etwa halb 11 ließen Peter Tägtgren und seine Mannschaft
HYPOCRISY die Bühnenbretter erzittern. Die
eine oder andere Überraschung haben sie ja doch im Gepäck,
diesmal wunderte ich mich über die Optik des Frontmannes:
die Augenringe waren gänzlich verschwunden und wenn es so
weitergeht, dann werden wir Herrn Tägtgren wohl demnächst
als Model am Laufsteg bewundern können... ob er da auch so
eine gute Figur macht? So ist nicht nur Mikael Hedlund der einzige
Blickfang on stage. Peter sah aber nicht nur gut aus, sondern
war auch gut bei Stimme, egal ob Impotent God, Fractured
Millenium oder Roswell 47, die Stimmung wurde immer
besser. Dabei spielten die Jungs nicht mal mit ihrem eigenen Equipment,
sondern mit dem von AMON AMARTH. Die Mischung
aus Songs aller Schaffensphasen (von Peter selbst als „new
stuff, middle age and stone age“ bezeichnet) funktionierte
prächtig und trug sicherlich zur Genickstarre am nächsten
Tag ihren Teil bei; denn alle Konzerte der Schweden haben eines
gemeinsam: hat man Peter & Co. auch schon zig Mal gesehen,
muss man doch immer wieder mitbangen, denn die Meister des Death
Metal haben sehr viele Klassiker in ihrem Katalog. Das Besondere
ist der ständige Wechsel von mittelheftigen Nummern (The
Eraser), getragenem Material der Sorte Apocalypse
oder The Fourth Dimension und hartem Stoff der Marke
Killing Art. In dieser Qualität (und Optik) kann
und wird uns Meister Tägtgren hoffentlich noch lange erhalten
bleiben. Nur den vorhersehbaren und etwas schwachen Abschluss
in Form von The Final Chapter sollten HYPOCRISY
aus dem Programm kicken!
AMON
AMARTH - Intensität und/oder Stagnation?
Die nachfolgende Show der Wikinger rund um Fronthüne Johan
Hegg bot das gewohnte und lieb gewonnene Bild: die Fans standen
wie ein Mann hinter AMON AMARTH, die ihre hymnischen
Oden an Thor und Walhall der Menge zum Fraß vorwarfen. Sänger
Johan selbst stärkte sich während des Konzerts mit Met
aus seinem Horn, dessen Inhalt wohl hauptsächlich Schuld
an seinem mittlerweile imposanten Bäuchlein trägt, heute
besonders gut durch ein (unfreiwillig) bauchfreies Shirt betont.
Jedes Programm von AMON AMARTH ist mit guten
Liedern gespickt, doch leider klingen viele Kompositionen allzu
ähnlich und der Aufbau ist vorhersehbar. Dieses Problem zeigte
sich auch bei der neuen Nummer Runes To My Memory, die
absolut nichts Neues und definitiv keine Überraschung bot.
Bestens fürs Mitgrölen auf einem Festival ist Masters
Of War geeignet, das auch einen etwas stampfenderen Rhythmus
als die anderen Songs aufweist und deshalb aus der zu homogenen
Masse an Songs heraussticht. Natürlich ist Victorious
March eine unsterbliche Metalhymne, aber mir scheint, dass
sich AMON AMARTH auf der Stelle bewegen und ihr
kreatives Potential erschöpft haben. Hoffentlich bietet die
neue CD mehr als ein bloßes Festhalten an althergebrachten
Songstrukturen, ein bisschen Risiko wäre gefragt, um die
Fans bei der Stange zu halten.
DEATHSTARS
- Plastikmetal zur Nachtruhe
Den Abschluss des ersten Festivaltages am METALCAMP
durfte man in Form von den DEATHSTARS genießen
oder ertragen, je nachdem, wie man zu den gesichtslosen Songs
der Band steht. Ein bisschen Provokation darf bei den Norwegern
nicht fehlen; optisch wie eine Mischung aus Rammstein und Marilyn
Manson daherkommend, konnten die DEATHSTARS auch
musikalisch überhaupt nicht überzeugen. Was soll dieses
Kokettieren mit Kriegssymbolik (etwa die Uniform des Sängers)
oder solche Texte wie Blitzkrieg Boom? Gähn! Für
mich boten die DEATHSTARS mainstreamigen Weichspülmetal,
der den Anhang Metal nur ironischerweise trägt. Die Sternchentattoos
vom Frontman passen wie die Faust aufs Auge... Dieser hochkarätig
besetzte Tag hätte sich einen besseren und würdigeren
Ausklang verdient, das zeigte sich auch an den Publikumsresonanzen
und an der Menge, die sich merklich verringerte. Das dürfte
aber auch an der fortgeschrittenen Zeit gelegen haben, immerhin
war es schon einige Viertel nach 2 Uhr früh.