Let there be Drone!
Wenn man buchstäblich die Hand nicht mehr vor den Augen sieht, wenn man Organe und Körperteile spürt, wie man sie noch nie gespürt hat und wenn selbst Augäpfel und Haarwurzeln vibrieren... dann ist man auf einem SUNN O))) Konzert!
Auch SUNN O))) ist eine Band, die schon seit Ewigkeiten auf meiner Konzert-Wunschliste steht aber derer ich bisher nie habhaft werden konnte. Nun denn, es scheint, der Herbst 2019 meint es gut mit mir und kredenzt mir ein Highlight von dieser Liste nach dem anderen ;)
Natürlich spielen SUNN O))) auch auf ihrer aktuellen Tour nicht in der Nähe. Das wäre ja auch zu einfach gewesen ;) Nein, dafür reise ich, und das sehr gerne, ins benachbarte Holland, nach Nijmegen, um mir SUNN O))) im beinahe ausverkauften :: Doornroosje :: anzuschauen. Ist zwar nicht gerade um die Ecke, aber diese Band ist jede Reise wert. Das sahen viele andere Fans auch so, wie den Autokennzeichen zu entnehmen war ;) Kunterbunt war das Publikum. Vom Nerd, Normalo, Progster oder Metaller war alles dabei, und das in jeder Altersgruppe.
:: Fotos :: PUCE MARY ::
Let there be Drone! Da macht auch der Support-Act :: PUCE MARY :: keine Ausnahme. Nur eben… anders.
Von PUCE MARY hatte ich bis dato nie etwas gehört, dabei ist die gebürtige Dänin schon seit geraumer Zeit musikalisch unterwegs und hat bereits zahlreiche Alben, EPs, Kassetten und Kollaborationen veröffentlicht. Es gibt doch immer wieder musikalisch Neues zu entdecken ;) Die zierliche Blondine, die eigentlich Frederikke heißt, erinnerte mich in ihrer ganzen Art irgendwie an Jarboe.
PUCE MARY eröffnete den Abend leicht verspätet kurz nach halb neun und verschwand beinahe komplett hinter einem riesigen Tisch voller Elektronik, Loops und Effekte. Mit dem Licht ging man äußerst sparsam um, mit dem Nebel zum Glück auch.
Nach und nach baute PUCE MARY ihre Soundschichten auf, variierte von Ambient-artigen Soundkollagen über harsche Industrial-Geräusche, hin zu pulsierenden Beats. Manchmal verstörend und immer düster. Der Sound war dabei klar und differenziert, so dass man komplexe Strukturen auch tatsächlich heraushören konnte.
Zwischendurch kam PUCE MARY auch mal vor den Tisch für ihre „Gesangsparts“, welche eher hallige und zum Teil verzerrte spoken words waren, wie zum Beispiel bei To Possess Is To Be In Control, das vom aktuellen Album The Drought kommt.
Insgesamt eine großartige Performance, trotz der 40 Minuten Spielzeit mal wieder viel zu kurz. Tolle Musik. Mag ich! Ich will ich mehr davon!
Band: Frederikke Hoffmeier
:: Fotos:: SUNN O))) ::
:: SUNN O))) :: ließen sich hernach gediegen Zeit. Unnötigerweise, wie ich finde. War ja schon alles fertig. Und das Mysterium rund um die Band wächst nun nicht unbedingt mit der Wartezeit. Derweil blieb erstmal genügend Zeit, um die Wahnsinns Boxen/Verstärker-Türme zu begutachten. Wow! Und die stehen da nicht nur zur Zierde. Cool fand ich die (Signature?) Röhrenverstärker, die dann später anfingen zu glühen. So mancher der Fans verrenkte sich darüber hinaus, um mit dem Handy auch einen Schnappschuß von den Effektboards zu bekommen. Ja, das Bühnensetting war schon höchst beeindruckend oder vielmehr furchterregend. Da bekommt der Begriff „Wall of Sound (oder besser Wall of Noise)“ doch eine ganz andere Dimension ;)
Zwischendurch war zu erfahren, das SUNN O))) auch im Doornroosje die Brandmeldeanlage beim Soundcheck ausgelöst hatten. Die Hoffnung, dass man dadurch hinterher auf den Nebel verzichten oder zumindest reduzieren würde, erfüllte sich derweil nicht.
Dann war es soweit und die Nebelmaschinen wurden angeschmissen (spezieller schwerer Nebel aus deutschen Landen ;)). Vier Stück, um genau zu sein, wobei die beiden Frontnebelmaschinen so ausgerichtet waren, dass sie die ersten Fan-Reihen effektiv zunebelten. Jedenfalls war im Handumdrehen nix mehr zu sehen. Wenn man sich allerdings an die Seite stellte und hinter die Frontnebelwand schaute, konnte man tatsächlich ein paar Schnappschüsse ergattern.
Und endlich kamen SUNN O))) auf die Bühne und begannen mit ultra-langsamen tiefgestimmten Drone-Sounds ihre monolithischen Klangwände aufzutürmen. Dick, brutal und unbarmherzig. Die einzelnen Chords wurden lange gehalten und noch langsamer gewechselt. Da bewegt sich ja ein Gletscher schneller. Synthesizerklänge wie aus der Ferne verstärkten die Atmosphäre noch. Keine Melodien, keine Rhythmen, keine Strukturen und doch klang alles konzentriert und komplex, die Sound of Wall wurde geradezu bewusst geformt. Klingt seltsam? Ist aber so.
Nein, SUNN O))) ist wahrlich keine Band zum Angucken. SUNN O))) ist eine Band zum Fühlen! Und das tut man, wie oben schon geschrieben, mit jeder Faser im Körper. Mit jedem Organ, ja sogar mit jeder einzelnen Zelle. Die Musik ist wie ein kathartisches Ritual. Der Sound ist unglaublich dicht und intensiv und das Gefühl hinterher ist einfach unbeschreiblich. Manch einem war das zuviel. Oder zu laut. Eine SUNN O))) Show ist ein kein Hörgenuss, sondern eine körperliche Erfahrung. Auf die muss man sich einlassen können und wollen.
Tatsächlich hatte ich die Wall of Sound lauter erwartet. Vielleicht habe ich aber auch nur einfach gute Ohrstöpsel. Apropos, Ohrstöpsel gibt es bei jedem SUNN O))) Konzert immer für lau an der Garderobe/Abendkasse. Interessanterweise verursachte der Drone Sound keine Verzerrungen in meinem kaputten Ohr. Vielleicht ist das ja die Lösung ;)
Da man ausser vernebelter Schatten eh nichts sah, verharrte das Publikum meist mit geschlossenen Augen beinahe in völliger meditativer Reglosigkeit. Manche sah man sich hin- und herwiegen, andere verfielen in beinahe spastisch anmutende Bewegungsabläufe, und ein paar versuchten per Handy zu filmen oder zu fotografieren.
Eigentlich hätten SUNN O))) im Amsterdamer Paradiso spielen müssen. Diese alte Holzkirche ist ein einziger Resonanzkörper – das wäre sicherlich DAS ultimative SUNN O))) Erlebnis.
Haben sie? Im März? Oh, verdammt noch eins! Verpasst!
Wer dann doch hin und wieder die Augen offen hatte, konnte gelegentlich die fünf Kapuzengestalten dabei beobachten, wie sie sich gegenseitig Handzeichen für die Einsätze gaben (jaaa, der Nebel hat seinen Preis ;)), sich den einen oder anderen Wein direkt aus der Flasche genehmigten, oder Gitarren und Bass gen Himmel reckten. Unbestrittenes Highlight war sicherlich das Posaunenspiel von Steve Moore am Ende der Show. War das Alice oder diese spezielle Live Version von Troubled Air? Ah, Gänsehaut! Meterhoch!
Schwer zu sagen, welche Songs SUNN O))) da gespielt haben, zumal es meinem Empfinden nach auch Improvisationen waren, also nicht 1:1 gespielte Tracks von den Alben. Soetwas tun sie nie. Novæ, Troubled Air und Aurora meine ich herausgehört zu haben. Vielleicht haben sie Life Metal komplett gespielt. Vielleicht auch was von Pyroclasts, welches am 25.10.2019 veröffentlicht werden wird. Da hätte man schon 2 Stunden Material. Allerdings haben SUNN O))) nicht ganz so lange gespielt, 90 Minuten, denke ich. Ich wäre aber auch gern länger geblieben ;)
Ein außergewöhnliches Konzerterlebnis? Trifft es nicht. Das ist keine Show. Eher eine transzendente Erfahrung. Massenhypnose? Bewusstseinsmanipulation? Was auch immer, es war großartig! Um nichts in der Welt hätte ich das verpassen wollen. Und alles ohne Drogen, obwohl diverse Kräuter durchaus zu riechen waren ;)
Top 10 der Allzeit-Faves würde ich sagen ;) Danke an Odyssey-Booking und Aleš das ich dabei sein durfte :)
Band: Stephen O'Malley, Greg Anderson, Tos Nieuwenhuizen, Steve Moore, Tim Midyett |